Gemeinde der Denker und Künstler
Ein Bibliotheks-Abend, gewidmet der Naturnser Kunst. Und ihren Protagonisten.
Naturns - „Wir werden überrascht sein, wie viele es davon gibt“, betonte der Naturnser Bürgermeister Andreas Heidegger kürzlich bei der Veranstaltung zum Tag der Bibliotheken in Naturns. Gemeint waren die heimischen Künstler. „Naturnser Denker & Künstler & Schriftsteller - auf den Spuren großer Meister in Naturns“ lautete das Thema. Dorfchronistin Maria Fliri Gerstgrasser stellte sie vor, die Protagonisten des Abends. Dafür hatte die 77-Jährige, die sich wie kaum eine andere mit Naturns, den dort lebenden Menschen und der Geschichte des Dorfes auskennt, monatelang recherchiert. „Die Auflistung hat jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich bitte um Nachsicht, wenn der eine oder andere kreative Kopf hier nicht erwähnt ist. Vor allem die jungen Künstler, auf die ich hier nicht so detailliert eingehe, mögen mir verzeihen. Ihre Spuren sind noch nicht so ausgetreten“, begann Gerstgrasser Fliri ihre Lesung. Dennoch, die vorgestellten Personen waren zahlreich. Und aus den verschiedensten Sparten. So war zum Anfang ein Gedicht von Adolf Kristanell (1900-1960) zu hören. Der Dichter, der in Meran als Rechtsanwalt tätig war, hatte seine Werke im 1947 veröffentlichten Gedichtezyklus „Dorfbrunnen“ verewigt. Sein Großneffe, Michael Schaller, der mit seiner Familie an jenem Abend für die musikalische Unterhaltung sorgte, trug ein Gedicht über den alten Dorfbrunnen vor.
Große Bandszene heute, Barockkunst früher
Adolf Kristanell war einer der Brüder vom „Dorfmoar“. Eine künstlerisch begabte Familie, denn auch sein Bruder Hermann (1902-1977) war ein talentierter Komponist. Dabei wagte Gerstgrasser Fliri einen Schritt in die heutige Naturnser Musikkultur. „Diese ist so vielfältig wie kaum irgendwo anders. The Sorrys, Bizarro Welt, Jokerface oder auch das Amberg Duo sind weitum bekannt“, betonte sie. Nicht umsonst habe man vor Jahren in einem Wochenmagazin bei einer Kulturrezension festgestellt: „An die Naturnser Bandbreite kommt wohl keine andere Marktgemeinde Südtirols heran“. Von aktuellen Bands ging es wiederum zurück in die Vergangenheit. Und zwar zu einem der wohl bedeutendsten Naturnser Künstler. Die Rede ist vom Barockmaler Simon
Ybertracher (1694-1772). „Der 1957 verstorbene August Kleeberg, der intensiv nachforschte, nannte ihn einst den berühmtesten, aber zugleich unbekannten Naturnser Künstler“, so Gerstgrasser Fliri. Heute ist sogar eine Schule nach ihm benannt.
Kultureller Treffpunkt für Naturns
Auch aktuelle Naturnser Künstler wurden vorgestellt, unter anderem Erich Kofler Fuchsberg, der in Berlin lebende Werner Gasser, Toni Hanny, Heike Haller, Goldschmied Konrad Laimer, Filmemacher wie Karl Prossliner und zahlreiche Schriftsteller. Passend zum Abend präsentierten Stefan Gorfer und Walter Auer die Ausstellung „foto-papier“. Die Veranstaltung zeige einmal mehr, welch „wichtiger kultureller Treffpunkt die Bibliothek für Naturns ist“, lobte Bürgermeister Andreas Heidegger in Richtung Bibliotheksleiterin Gabi Hofer. Das Programm gehe weit über die üblichen Bibliothekstätigkeiten hinaus.
