Frau Wow, Herr Un Fug und die Zeitreise
Publiziert in 32 / 2012 - Erschienen am 12. September 2012
Eine Zeitreise, die keine ist - eine Vinschgauer Komödie mit Hindernissen.
Naturns - Selma Mahlknecht, Dramaturgin und Autorin und im Fall der Komödie „Die Glückskekse“, die am 6. September in Naturns uraufgeführt wurde - Regisseurin, brachte die Volksbühne Naturns und das kWerTheater zusammen. Das spielfreudige Ensemble war mit Lust und Talent dabei, fraglos eine Leistung, die hörbar vom Publikum honoriert wurde. Die Komödie beginnt im „Lachenden Drachen“, wo Restaurantleiter Hu Dong uns optisch in Kaiserzeiten zurückversetzt. Noch ein Nicken, noch ein Satz der höflichen Ergebenheit, dann endlich lüftet Hu Dong sein Geheimnis, wird zu Udo, gespielt von Theo Mair, der als Chinese in dem von China aufgekauften Südtirol sein Überleben sichert. Weitere Personen sind keineswegs so skurril, wie es der Begleittext zum Stück versichert, denn sie ziehen Register einiger Klischees, die bekannt sein dürften. Die geschäftstüchtige ehemalige Putzfrau Tatjana (Patrycja Pierchala) aus Polen, die Weiterbildungsseminare für Südtiroler und Südtirolerinnen anbietet und mit ihrem Domina-Schick den richtigen Weg weisen will: Von Sau zu Wow! ist einer ihrer Lehrgänge, an dessen Ende dieFrau den Gipfel des Erfolges erreicht; denn Wow bedeutet: Witwe ohne Wiederverheiratungszwang. Theresa Bonell gab Andi, Udos Tochter, eine ungeschminkte Turnschuh-Type mit dem Willen zu studieren, Fiona (Elisabeth von Leon), die mit falschem Busen und kurzem Rock nur eines im Sinn hat: Endlich zu Geld zu kommen und sei es über den Weg, einen russischen Oligarchen zu ehelichen.
Wer das Ursprüngliche sucht, muss bieder sein
Warum der ehemalige Bio-Bauer Aaron und die nun als Bedienstete der Zarin arbeitende Olga (Ruth Kofler), warum diese beiden „Guten“, auf der Suche nach Geschmack jenseits der Glutamat-Pfade, so unverbrämt bieder ausgestattet werden? Warum die Presse wieder als „alles eine Mafia“ bezeichnet wird? Warum das Dorf Hinterwalden für die Stromgesellschaft Sel-Gang-Shu geflutet wurde? Warum es heißt, das „walsche Zeug“ mochte sowieso niemand mehr? Sind diese Pointen nicht eher Aussagen, die in ihrer Versatzstück-Mentalität nicht noch einmal zitiert werden müssten? Vielleicht benutzte die Regisseurin jedoch einen cleveren Trick, indem der Begleittext zwar versichert, es gehe um viele Länder, „in denen die Menschen unter Fremdherrschaft, Anpassungszwang und Auswanderungsdruck leiden“, sie jedoch viele Gesichter des heutigen Südtirol zeigt, allen voran Anpassungszwang und das geförderte Absterben von Kreativität und Diversität. Um sicherzugehen, dass das nicht allzu weit her geholt ist, wendet man sich am besten an Herrn Un Fug. Womöglich weiß er Bescheid.
Katharina Hohenstein

Katharina Hohenstein