Nordansicht des neuen 4-Sterne-S-Hotels, das beim Restaurant- und Pizzeria-Betrieb „Waldschenke“ entstehen soll.
Um die Covid-19-Abstände zu gewährleisten, wurden die Tische im Ratssaal versetzt.
Hermann Wenter

„Sonst geht nichts mehr weiter“

Rege Debatte um Eingriffsgebühr in Naturns. Mehrere Bauvorhaben genehmigt.

Publiziert in 26 / 2020 - Erschienen am 30. Juli 2020

Naturns - Rund 4 Stunden dauerte die höchstwahrscheinlich letzte Sitzung, zu der sich der amtierende Gemeinderat von Naturns am 24. Juli im Ratssaal eingefunden hatte. Breiten Raum nahm die Genehmigung der Verordnung über die Festsetzung und Einhebung der Eingriffsgebühr ein. Unter diesem neuen Begriff sind die bisherige Baukostenabgabe sowie die Erschließungskosten zu verstehen. Bürgermeister Andreas Heidegger gab zwar zu bedenken, dass die praktische Umsetzung der Verordnung und weiterer Neuerungen, die das Gesetz für Raum und Landschaft vorsieht, einiges Kopfzerbrechen verursache und dass es noch viele offene Fragen gebe, „aber wenn wir die Verordnung heute nicht genehmigen, ist das Bauamt de facto handlungsunfähig.“ Im Ausschuss habe man sich mehrheitlich darauf geeinigt, die bestehenden Hebesätze möglichst gleich zu belassen.

Nur Übergangslösung

„Wir sehen die Verordnung als Übergangslösung an“, so der scheidende Bürgermeister. Es werde dann Aufgabe des neuen Gemeinderates sein, sich eingehend mit dieser Materie zu befassen, und zwar im Zusammenhang mit dem zu erstellenden Gemeindeentwicklungsplan und der Festlegung der Siedlungsgrenzen. Vize-BM Helmut Müller und weitere Räte der Mehrheit und Opposition beanstandeten, dass es mehr Zeit brauche, sich mit einer Verordnung dieser Tragweite auseinanderzusetzen. Müller kritisierte vor allem den Hebesatz von 5% für die unterirdische Baumasse. Müller sprach von einem Rechtsgutachten, wonach eine Reduzierung der 5% seitens der Gemeinden möglich sei, und beantragte eine Vertagung, „damit sich noch der derzeitige Gemeinderat im Rahmen einer Dringlichkeitssitzung mit der Verordnung auseinandersetzen kann.“ In der Musterverordnung des Gemeindenverbandes, die den Gemeinden grundsätzlich wenig Spielraum zugesteht, ist die Möglichkeit einer Reduzierung nicht vorgesehen. Mit dem Vorschlag von Zeno Christanell, eine Dringlichkeitssitzung nur dann einzuberufen, falls sich herausstellt, dass eine Reduzierung rechtlich möglich ist, zeigte sich Müller einverstanden und zog den Antrag zurück. Der Gemeinderat stimmte der Verordnung in diesem Sinne mit großer Mehrheit zu. Auch der Verordnung über die Organisation der Verwaltungsverfahren und die Einrichtung der Servicestelle für Bau- und Landschaftsangelegenheiten stimmte der Gemeinderat zu.

Hotel „Nocturnes“ wird erweitert

Bei einer Gegenstimme (Natascha Santer Zöschg von der Süd-Tiroler Freiheit) und einer Enthaltung (Hermann Wenter von der SVP) genehmigt wurde der Durchführungsplan für die Erweiterung des Hotels „Nocturnes“. Es handelte sich nach einem positiven Ratsbeschluss im Februar 2020 um die zweite Maßnahme. Wie berichtet, schließt die Erweiterung des Hotels, das übrigens noch über kein Schwimmbad verfügt, direkt an den Bestand an. Auf einem Teil der „Lexenwiese“ entstehen ein Neubau mit 42 zusätzlichen Betten sowie ein Freibad mit Liegewiese. Das letzte Teilstück der Herrngasse wird nach Westen verlegt.

Neues Hotel bei „Waldschenke“

Ein neues 4-Sterne-S-Hotel mit 42 Gästebetten und einer besonderen Ausrichtung für Familien und Kinder soll beim Restaurant- und Pizzeria-Betrieb „Waldschenke“ entstehen. Das Projekt war in einem ersten Anlauf von der Landesraumordnungskommission vertagt worden. Es war u.a. die Höhe des Neubaus beanstandet worden. Außerdem befinde man sich inmitten eines Landwirtschafts- und Waldgebietes. Wie BM Andreas Heidegger ausführte, habe es Projektänderungen gegeben: Verzicht auf ein Stockwerk, Reduzierung der Nähe zum Wald, maximale Gebäudehöhe von 10,5 Meter und ausreichend Parkplätze. Das abgeänderte Projekt sei von der Landesraumordnungskommission zwar mehrheitlich positiv begutachtet worden, „die Bedenken aus der Sicht des Landschaftsschutzes wurden aber nicht fallen gelassen.“ Der Bauleitplanänderung für die Umsetzung des Vorhabens bzw. der entsprechenden Abänderung der Tourismuszone stimmte der Gemeinderat bei 4 Enthaltungen zu. Allerdings mit der Auflage, dass ein Durchführungsplan erstellt werden muss. Angeregt hatte diese Auflage Zeno Christanell.

Mehr Geld für „Begleitetes Wohnen“

Mit Genugtuung zur Kenntnis genommen wurde bei der Ratssitzung, dass der vom Land erwartete Beitrag für die Errichtung der neuen Struktur für „Begleitetes Wohnen“ und für weitere Einrichtungen höher ausfällt als angenommen. Anstelle der erwarteten 630.000 Euro unterstützt das Land dieses Vorhaben mit 847.000 Euro. „Dadurch reduzieren sich anteilsmäßig auch die mit den Gemeinden Plaus und Schnals vereinbarten Beteiligungskosten“, präzisierte die Gemeindesekretärin Katja Götsch. Die Arbeiten für die Umsetzung des Vorhabens sollen demnächst ausgeschrieben werden. Gekürzt hat das Land indessen den Beitrag für die Deckung der Führungskosten des Naturparkhauses. In Zukunft trägt das Land nicht mehr 90% der Kosten, sondern nur mehr 70%. Die Arbeiten für die Errichtung des neuen Naturparkhauses schreiten indessen voran. „Es entsteht ein sehr schönes Haus, eine neue, ansprechende Visitenkarte im Westen des Dorfes“, freute sich der Bürgermeister. 

Saumoar: „Keine Versprechungen“

Die Ratsmitglieder der Liste „Zukunft Naturns“, Annelies Fliri, Kurt Fliri, Evi Prader und Margot Tschager Svaldi, hatten im Zusammenhang mit Aussagen, die Luise Ruatti bei der Gemeinderatssitzung vom 25. Mai getätigt hatte, eine Anfrage eingebracht. Ruatti habe demnach die Aussage in den Raum gestellt, dass Mitglieder des Gemeindeausschusses ihrer Mutter und ihrem Bruder gegenüber geäußert oder gar versprochen hätten, dass die alte Hofstelle Saumoar vorerst nicht abgebrochen werde. BM Heidegger antwortete, „dass es seitens von keinem der Ausschussmitglieder Aussagen oder Versprechungen dieser Art gegeben hat.“

Erste und zugleich letzte Sitzung

Für Hermann Wenter, der anstelle des verstorbenen Valentin Stocker als neuer Gemeinderat nachgerückt ist, war die Ratssitzung vom 24. Juli die erste und höchstwahrscheinlich zugleich auch die letzte, denn am 20. und 21. September finden die Gemeinderatswahlen statt. Wie Wenter dem der Vinschger bestätigte, ist er für eine neuerliche Kandidatur nicht mehr bereit: „Es sollen sich Jüngere aktiv einbringen.“ Mehrfach „einbremsen“ musste der Bürgermeister bei der Fragestunde für die Zuhörer den 80-jährigen Werner Nischler. Dieser lobte die Gemeindeverwalter und den Gemeinderat für Arbeit der vergangenen Jahre. Die Gemeinde Naturns habe sich in vielen Bereichen gut und positiv weiterentwickelt. Geärgert hat sich Nischler über die Berichterstattung bestimmter Medien und die Aussagen bestimmter Personen bezüglich des Lindenhof-Projektes. Es sei zwar wahr, dass ein Baufehler begangen wurde, aber daraus eine große „Geschichte“ zu konstruieren, sei fehl am Platz, wie sich Nischler sinngemäß äußerte. In Wahrheit gehe es schlicht und einfach um eine Überkopfverglasung mit wenigen Kubikmetern. Jeglicher Vergleich mit der Causa Saumoar sei außerdem völlig unangebracht: „Das sind zwei total verschiedene Sachen.“

Neue Partnerschaft

Mit einem einhelligen Grundsatzbeschluss zugestimmt hat der Gemeinderat dem Abschluss einer Partnerschaft mit der Stadt Schloss Holte-Stukenbrock im Landkreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen.  Zwischen dem Sportverein Naturns und dem FC Stukenbrock gibt es bereits eine über 50-jährige Freundschaftsgeschichte. Der heute 85-jährige „Gründervater“ Theo Peters war schon über 50 Mal in Naturns. Auf weitere Details dieser besonderen Freundschaft, aus der nun eine offizielle Partnerschaft zwischen Naturns und Schloss Holte-Stukenbrock erwächst, kommen wir noch zurück. 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.