Alexander und Sonja Agethle setzen auf Nachhaltigkeit.
Der „Rims Riserva“ überzeugte bei der vom Sennereiverband Südtirol und der Fachschule Salern organisierten Verkostung.

Es geht um mehr als guten Käse 

Schleiser Hofkäserei Englhorn erhält Wanderpokal. Agethle: „Zukunft der Milchwirtschaft liegt im Gras“. 

Publiziert in 7 / 2025 - Erschienen am 8. April 2025

Schleis - Neue Wege für eine nachhaltige Landwirtschaft suchen und beschreiten: Das haben sich Alexander Agethle und seine Frau Sonja auf die Fahnen geschrieben. Seit 20 Jahren bewirtschaftet die Familie im Haupterwerb den rund 300 Jahre alten Englhof in Schleis. Heute zählt der Betrieb 12 Hektar Land, davon 11 Hektar an Grünland und etwa ein Hektar Getreide. Die Familie setzt dabei auf biologischen Anbau, die gesamte Milch, inklusive jener der 3 Kühe von Peter Abarth, wird veredelt. 13 Kühe der Rasse Original Braunvieh, ein Zweinutzungsrind für Milch und Fleisch, finden hier optimale Bedingungen. Senner Maximilian Eller stellt aus der Milch 3 verschiedene Rohmilchkäsesorten her: Den Weichkäse Arunda, den Schnittkäse Tella und den Hartkäse Rims. Für den „Rims Riserva“ erhielt der Englhof unlängst den Wanderpokal „Goldkäse“ für den besten Südtiroler Hofkäse. Über 30 der 83 aktiven Südtiroler Hofkäsereien hatten für eine Juryverkostung im Haus der Tierzucht in Bozen 138 Erzeugnisse – Käse, Joghurts und Butter – eingeschickt, woraus die besten Produkte auserkoren wurden. „Es ist eine große Ehre für uns, weil so ein Sieg nicht selbstverständlich ist. Da muss vieles zusammenpassen. Mittlerweile gibt es in Südtirol ein sehr hohes Niveau bei Hofkäsereien, das macht diesen Preis nochmals wertvoller“, erklärt Agethle im Gespräch mit dem der Vinschger. Der Erfolg habe viele Hände: „Jene der ganzen Familie, vor allem aber jene unseres Käsers Max, der seit den Anfängen dabei ist.“

Modell für alternative Wirtschaftsweise

Doch es geht um mehr als nur guten Käse. Der Betrieb ist ein Modell für eine alternative Wirtschaftsweise, die nicht allein auf Absatzmärkte schielt, sondern auf Selbstversorgung setzt. „Wir beziehen einen Großteil unserer Lebensmittel vom Hof: Getreide, Gemüse, Fleisch. Unser Brot backen wir selbst.“ Eine Denkweise, die auch gesellschaftlich an Bedeutung gewinnen müsse. „Wir sollten wieder mehr regional denken und einen hohen Selbstversorgungsgrad erreichen“, unterstreicht Agethle. Das Potenzial sei riesig. „Der Vinschgau war zum Beispiel einst mal die Kornkammer Tirols – heute erlebt Getreideanbau eine Renaissance, doch es reicht bei weitem nicht, um den Bedarf zu decken“, so der Landwirt. 

Große Herausforderungen

Die Milchwirtschaft stehe vor großen Herausforderungen, in Südtirol genauso wie in ganz Europa. „Der Trend geht allerorts zu immer größeren Betrieben. Doch das ist bei uns im Alpenraum nur begrenzt möglich“, weiß Agethle. Dennoch habe die Milchwirtschaft im Alpenraum eine „hohe“ Existenzberechtigung. „Unsere Hauptfrucht hier ist Gras. Und genau darauf müssen wir unsere Landwirtschaft ausrichten“, appelliert der Schleiser und erklärt: „Wiederkäuer sind perfekt dafür geschaffen, Gras zu verwerten. Doch heute werden noch immer allzu viele Kühe mit Mais und Kraftfutter gefüttert.“ Dabei liege die Lösung so nah: „Milch aus Gras zu gewinnen, ist effizienter, nachhaltiger und besser für die Umwelt.“

„Umdenken muss stattfinden“ 

Sein Betrieb macht es vor: Die Kühe bekommen ausschließlich Gras und Heu – keine importierten Futtermittel. Das Ergebnis ist eine beachtliche Milchmenge, die qualitativ überzeugt, ohne die Umwelt unnötig zu belasten. Es müsse generell ein Umdenken stattfinden. „Es geht nicht darum, wie viel eine Kuh produziert, sondern wie viel Milch pro Fläche gewonnen wird.“ Eine effiziente Weidehaltung schlage dabei jede Form der intensiven Landwirtschaft. „Von einem Hektar Weide können bis zu 8.500 Kilogramm Milch gewonnen werden. Das schaffen wir mit keiner anderen Bewirtschaftungsform, weder mit Silagen noch mit Maisanbau. Entscheidend ist es die Laktationskurve an die Graswachstumskurve anzupassen und somit auch auf Frühjahrskalbungen zu setzen“, so Agethle. Natürlich sei nicht jeder Hof in Südtirol für eine solche Bewirtschaftung geeignet, „etwa aufgrund steiler Lagen und zersplitterter Flächen“. Aber der Grundgedanke bleibe: „Eine grasbasierte Milchwirtschaft ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich tragfähig.“ Und sie könne aktiv gefördert werden: durch gezielte Politik, angepasste Förderungen und eine bewusste Ausbildung. Genossenschaften und Zuchtverbände könnten hier eine wichtige Rolle spielen. Bedeutend sei vor allem auch die Sensibilisierung. 

Nicht nur Nutztiere, sondern Partner

„Wir können es uns bei bald 10 Milliarden Menschen auf der Welt schlicht nicht mehr leisten, Kühe mit Getreide zu füttern“, bringt es der Bauer auf den Punkt. In Zeiten des Klimawandels müsse die Rolle der Kuh neu definiert werden. Nicht als Problem, sondern als Lösung: „Eine Weidekuh ist immens wichtig für das Ökosystem. Sie verwertet Zellulose – etwas, das der Mensch nicht kann – und liefert dabei wertvolle Lebensmittel.“ Schafe, Kühe und Ziegen seien daher nicht bloß Nutztiere, sondern essenzielle Partner in einer nachhaltigen Landwirtschaft und einer sinnvollen Welternährungsstrategie. „Aber in dem Moment, in dem wir ihnen unsere Lebensmittel verfüttern, werden sie zu Konkurrenten des Menschen“, betont Agethle. 

Michael Andres
Michael Andres

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