Viele glaubten, dass das Haus von Kirsten Scholz nicht mehr zu retten sei. Nun wurde mit der Sanierung das Gegenteil bewiesen.
Der Gewölbekeller, dessen unterste Bauteile auf das Spätmittelalter zurückreichen
Gerd Blaas
Entwicklung nach innen

Entwicklung nach innen

Viel Leerstand in Taufers im Münstertal. Auftakt für Gemeindeentwicklungsprogramm.

Publiziert in 27 / 2020 - Erschienen am 6. August 2020

Taufers im Münstertal - Die leerstehende Bausubstanz in den Ortszentren nutzen und die Flächen außerhalb der Siedlungsgebiete möglichst wenig antasten. So lässt sich das Hauptziel des neuen Gesetzes für Raum und Landschaft umschreiben, das seit dem 1. Juli in Kraft ist. Die Gemeinde Taufers im Münstertal gehört zu jenen 7 Gemeinden, die bereits Ende 2018 im Hinblick auf das neue Gesetz von der Landesregierung als Pilotgemeinden ausgewählt worden waren, um sie bei der Ausarbeitung der neuen strategischen Planungsinstrumente zu unterstützen. 

Gemeinde geht mit gutem Beispiel voran

Um als Gemeindeverwaltung bei der Nutzung alter Bausubstanz mit gutem Beispiel voranzugehen, war bereits 2006 ein erster großer Schritt gesetzt worden, und zwar mit einem eigenen Ideenwettbewerb. „Bis auf die Feuerwehrhalle und den Kindergarten konnten wir alle Vorhaben im Laufe der Jahre umsetzen“, freute sich die Bürgermeisterin Roselinde Gunsch Koch, als sie am 1. August im Rathaus den „Tag der Innenentwicklung“ eröffnete. Der Umbau des Rathauses gehört ebenso zu den umgesetzten Vorhaben, wie die Schule und das Haus der Vereine. Der Tag der Innenentwicklung bildete die Auftaktveranstaltung für die Erarbeitung des Gemeindeentwicklungsprogramms und der Festlegung der Siedlungsgrenzen, wie dies das neue Gesetz vorsieht. 

Leerstände sind bereits erhoben

Mit der Erhebung des Leerstandes ist in Taufers bereits vor rund einem Jahr in Zusammenarbeit mit der Plattform Land begonnen worden. Maßgeblich mitgearbeitet hat Gerd Blaas vom Bauamt. Wie der Leiter der Servicestelle für Bau- und Landschaftsangelegenheiten, wie das Bauamt jetzt heißt, ausführte, belief sich die Zahl der Immobilien-Einheiten, die vollständig ungenutzt sind, zum Jahresende 2019 auf ca. 30, wobei es sich zum Teil um Wohneinheiten handelt und zum Teil auch um Gebäude mit Haus und Stadel. Als teilweise leerstehend wurden ca. 35 weitere Immobilen-Einheiten gezählt. Der Leerstand macht in etwa 13% des gesamten Wohnraums in der Gemeinde aus. Hinzuzufügen ist allerdings, dass von den aufgelisteten Wohnungen bzw. Immobilien 12 als unbewohnbar erklärt worden sind. „Rund 15 Wohnungen hingegen wären ohne Baumaßnahmen nutzbar“, sagte Gerd Blaas. Im Bereich Dienstleistungen wurden 2 Leerstände gezählt, im Handwerk 2 und im Handel 4.

Auch etliche private Initiativen

Laut der Bürgermeisterin gibt es in der Gemeinde Gott sei Dank auch Private, die alte Bausubstanz nutzen bzw. Altgebäude sanieren. Ein konkretes Beispiel dafür konnte bei einem Rundgang durch das Dorf begutachtet werden. Besichtigt wurde das Haus von Kirsten Scholz aus Stuttgart, von dem viele glaubten, dass ein Abriss unvermeidlich sei. Wie es gelungen ist, das dreieinhalbgeschossige Gebäude dennoch zu retten, erläuterte der Architekt Iwan Zanzotti: „Mit dem Einbau von Spannelementen konnte das Haus statisch gut gesichert werden.“ Schon allein der Keller mit Kopfsteinpflaster sei einzigartig. Einige Bauteile dieses Kellers stammen aus der Zeit des Spätmittelalters und dürften bereits vor der Calvenschlacht (1499) errichtet worden sein. Die Außenfassaden des Hauses, das über eine Wohnfläche von ca. 230 Quadratmetern verfügt (ohne Keller) wurden zum Teil bewusst nicht verputzt. Die alten Holzstuben wurden gereinigt. Beim Rundgang informierte Roselinde Gunsch über weitere Beispiele der Nutzung alter Bausubstanz. So blieb man zum Beispiel auch vor jenem Gebäude stehen, von dem der vordere Teil im Zuge einer Erbschaft in das Eigentum der Gemeinde übergegangen ist. Den hinteren Gebäudeteil hat die Gemeinde dem Glurnser Metzger abgekauft, „und jetzt werden wir einen Ideenwettbewerb zur Sanierung bzw. Nutzung ausschreiben“, verriet die Bürgermeisterin dem der Vinschger.

Erfolgreiche Sanierungen

Zum Auftakt des Tages der Innenentwicklung war über Beispiele erfolgreicher Sanierungsarbeiten informiert worden. Architekt Daniele Capra berichtete über die Sanierung eines Hauses mit Wirtschaftsgebäude in Rifair und die Architekten Erwin Gerstgrasser und dessen Sohn Markus über den Umbau des denkmalgeschützten Pirchhofs am Naturnser Sonnenberg. „Obwohl es damals noch kein Ensembleschutzgesetz gab, haben wir die Arbeiten so geplant, als wäre der Hof als Ensemble zu betrachten“, sagte Erwin Gerstgrasser. Die Vorstellung der bisherigen Bestandserhebung im Rathaus in Taufers seitens des Architekturbüros Gerstgrassser sowie Informationen über weitere Schritte in Richtung Gemeindeentwicklungsprogramm sowie Festlegung der Siedlungsgrenzen rundeten den Tag der Innenentwicklung ab. 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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