Umstrittene Entscheidung
Florian Öttl: „Ich muss mich fügen“
Florian Öttl: „Ich muss mich fügen“
Bei den Abschiedsgottesdienst in Prad.
Bei den Abschiedsgottesdiensten in Stilfs.
25 Jahre lang war dieses Bild prägend für Stilfs: Pfarrer Florian Öttl bringt seine Ziegen auf die Weide.
Florian Öttl ist das erste Ehrenmitglied der Theatergruppe „S‘ Lorgagassl“.
Viele wollten dem Pfarrer persönlich danken.
Besonders ans Herz gewachsen ist Florian Öttl auch der Wallfahrtsort Heilige Drei Brunnen.
Abschied in Stilfs (v.l.): Pfarrgemeinderatspräsident Josef Hofer, Bürgermeister Franz Heinisch, Pfarrer Florian Öttl, Alt-Bürgermeister Sepp Hofer und der Künstler Florian Eller.

Ein Abschied, der schmerzt

„Ich bin hier verwurzelt und wäre gerne geblieben, aber …“. Generalvikar nimmt Stellung.

Publiziert in 15 / 2024 - Erschienen am 27. August 2024

Prad/Stilfs - Besonders „einheitlich“ zeigte sich die Seelsorgeeinheit Ortlergebiet mit den 5 Pfarreien Prad-Agums, Lichtenberg, Sulden, Stilfs und Trafoi bei der Verabschiedung des langjährigen Pfarrers Florian Öttl nicht. In Prad wurde dem Pfarrer am Hochunserfrauentag für sein Wirken gedankt, in Lichtenberg und Sulden hatte es schon zuvor Abschiedsfeiern gegeben und am 18. August würdigten die Gläubigen der Pfarreien Stilfs und Trafoi in Stilfs das langjährige Wirken von Florian Öttl, der ab dem 1. September die Seelsorgeeinheit Hinterpasseier leiten sowie als Pfarrer von Moos, Pfelders, Platt, Rabenstein und Stuls wirken wird.

Kritik an „Obrigkeiten in der Kirche“

Die von den „Obrigkeiten“ in Bozen verfügte Entscheidung, „mich in mein Heimattal zurückzuschicken, hat weh getan, denn zu Hause war ich hier“, sagte Florian Öttl beim Gottesdienst in Prad, wobei er sich neben seinem 7-jährigen Wirken in Prad und Lichtenberg auch auf seine weiteren Tätigkeiten bezog. Die Pfarreien Stilfs und Sulden hatte er bereits 1999 übernommen. 2009 kam die Pfarre Trafoi dazu und seit dem 1. September 2017 war Florian Öttl zudem Pfarrer von Prad-Agums und Pfarrseelsorger von Lichtenberg. Worum es ihm in erster Linie gehe, sei die Menschlichkeit.

„Mehr Menschlichkeit wäre gefragt“

Auch von den Obrigkeiten in der Kirche würde er sich manchmal „mehr Feingefühl, Menschlichkeit und Verständnis erwarten“, so Florian Öttl. Es gehe nicht an, Entscheidungen über die Köpfe von Menschen hinweg zu treffen. Florian Öttl dankte allen Gläubigen in den 5 Pfarreien, allen Wegbegleitern und ganz besonders auch den Vereinen. Die Dankesworte des Bürgermeisters Rafael Alber, der den Gottesdienst zusammen mit weiteren Wehrleuten aufgrund eines Brandalarms (siehe Bericht auf Seite 6) verlassen musste, verlas die Vizebürgermeisterin Michaela Platzer. Laut Rafael Alber „verdrießt es alle“, dass Pfarrer Florian Öttl seine bisherigen Pfarreien verlassen muss. Bei Entscheidungen dieser Art hätten aber leider andere das Sagen und nicht die Bevölkerung vor Ort. Die Gemeinde Prad werde Florian Öttl als offenen, herzlichen, humorvollen, geselligen und bei Bedarf auch ernsten Pfarrer in Erinnerung behalten. Als „harten Brocken“ und „Schock“ bezeichnete Elisabeth Pircher im Namen der Seelsorgeeinheit die in Bozen gefällte Entscheidung, dass Florian Öttl seine bisherigen Pfarreien verlassen muss: „Niemand kann diese Entscheidung nachvollziehen und verstehen.“ Elisabeth Pircher dankte dem Pfarrer im Namen aller 5 Pfarreien für sein Wirken. Florian Öttl sei ein „geselliger Mensch mit Herz und Humor.“ Seit 2019 sei er Prader Bürger, „mit dem Herzen aber Stilfser“. Auch mit kleinen Geschenken und Liedern aus Kindesmund wurde Florian Öttl überrascht. Mitgestaltet haben den Abschiedsgottesdienst bzw. den anschließenden Umtrunk der Chor, Mario Pinggera an der Orgel, die Musikkapelle Prad, Abordnungen von Vereinen und viele freiwillige Hände.

„Ich muss mich fügen“

Die Kritik an der Entscheidung, den langjährigen Pfarrer zu „versetzen“, war auch bei der Verabschiedungsfeier in Stilfs mehrfach und deutlich zu hören. Er habe zwar noch auf ein Wunder gehofft, „aber ich muss mich fügen und beugen“, sagte Florian Öttl vor den zahlreichen Gläubigen. Er dankte allen, die ihn so akzeptiert und angenommen haben, „wie ich bin“. Es falle ihm schwer, Stilfs nach 25 Jahren und Trafoi mit dem Wallfahrtsort Heilige Drei Brunnen nach 15 Jahren verlassen zu müssen. Besonders in Stilfs habe er Wurzeln geschlagen. Insgesamt blicke er auf eine wunderschöne Zeit zurück. Er habe stets versucht, den An- und Herausforderungen gerecht zu werden, „so gut es gegangen ist.“ Zusätzlich zur Tätigkeit als Pfarrer habe er die Dorfgemeinschaft auch anderweitig mitgestalten dürfen. So war Florian Öttl nicht nur 25 Jahre lang Vorsitzender der öffentlichen Bibliothek, sondern auch Gründungsmitglied der Theatergruppe „S‘ Lorgagassl“ sowie Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Stilfs und Feuerwehrkaplan. Auch viele persönliche Freundschaften sind entstanden, darunter auch mit politischen Vertretern der Gemeinden. Als Bischof Ivo Muser im Herbst 2022 die Seelsorgeeinheit besuchte, haben sich Vertreter der Gemeinden Stilfs und Prad hinter den Pfarrer gestellt. Wichtig waren dem Pfarrer seit jeher auch seine Ziegen: „Sie waren mir Stütze, sie waren meine ‚Tankstelle’“. Nun nimmt er seine 11 Ziegen mit in das Passeiertal.

„Du hättest einmal nicht gehorchen sollen“

Josef Hofer bedauerte im Namen des Pfarrgemeinderates, dass Stilfs nun um eine Persönlichkeit ärmer wird. Florian Öttl habe die Pfarre und die Dorfgemeinschaft in den vergangenen 25 Jahren in- und außerhalb der Kirche als Priester und Mensch westlich mitgeprägt. Zu spontanem Applaus in der voll besetzten Kirche kam es, als Josef Hofer zum Pfarrer sagte: „Du hättest nicht gehen sollen, du hättest einmal ungehorsam sein sollen.“ Die Entscheidung in Bozen sei leider gefällt worden, „ohne uns um unsere Meinung zu fragen.“ Als Geschenk des Pfarrgemeinderates konnte Öttl ein Bild des Künstlers Florian Eller aus Langtaufers in Empfang nehmen, auf dem die Stilfser Pfarrkirche und Ziegen dargestellt sind. Bedankt hat sich Josef Hofer auch bei der Pfarrhaushälterin Renate Ruepp und bei Marianne Schöpf, der Nachbarin des Pfarrers. Mit kleinen Geschenken und Dankesworten warteten auch Sara Schwienbacher im Namen der Pfarrei Trafoi, der Kommandant Thomas Reinstadler im Namen der FF Stilfs, Elisa Pichler in Vertretung der Ministrantinnen und Ministranten sowie Walburg Tschenett im Namen der öffentlichen Bibliothek auf. Feierlich mitgestaltet hat den Gottesdienst der Kirchenchor, der zusammen mit einem kleinen Orchester die „Missa brevis in C-Dur“ von W.A. Mozart aufführte. Viel gelacht wurde bei den auf den Pfarrer zugeschnittenen Sketschen, welche die Theatergruppe „S‘ Lorgagassl“ im Rahmen des Umtrunks im Haus der Dorfgemeinschaft aufführte. Kein Sketsch war die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Florian Öttl, der somit das erste Ehrenmitglied der Theatergruppe ist.

Die Replik des Generalvikars

Generalvikar Eugen Runggaldier nimmt zur Kritik, wie sie vor allem bei den Abschiedsfeiern in Prad und Stilfs geäußert wurde, wie folgt Stellung: „In unserer Diözese ist es seit Jahrzehnten üblich, dass Pfarrer nach 10 bis 15 Jahren die Pfarrei wechseln. Das wissen alle Pfarrer und rechnen damit, dass irgendwann die Bitte um einen Wechsel kommt.“ Florian Öttl wirke schon seit 25 Jahren in Stilfs und in Sulden, seit 15 Jahren in Trafoi und seit 7 Jahren in Prad und Lichtenberg. „Aus diesem Grund war es Zeit, an einen Wechsel zu denken. Normalerweise bitte ich Pfarrer, die an einen Wechsel denken sollten, zu einem Gespräch nach Bozen zu kommen. Da Pfarrer Öttl im Frühjahr gesundheitlich angeschlagen war, bin ich am 14.3.2024 zu ihm nach Stilfs gefahren, um ihn zu besuchen. Dabei habe ich ihn auch gefragt, ob er zu einem Pfarreiwechsel bereit wäre und habe ihm angeboten, die fünf Pfarreien in Hinterpasseier zu übernehmen. Üblicherweise bekommen die Pfarrer nach solch einer Anfrage eine Bedenkzeit, um für sich zu klären, ob sie den Wechsel wollen. Florian Öttl hat mich sehr überrascht, als er meinte, er bräuchte keine Bedenkzeit, da das, was ich ihm anbiete, ihm sehr entgegenkomme. Er würde gerne nach Passeier gehen.“ Er habe auch bemerkt, „dass die Bitte um einen Wechsel auch aus gesundheitlichen Gründen gelegen komme. So habe ich mich vom Pfarrer verabschiedet und bin mit der Überzeugung heimgefahren, Öttl einen Gefallen getan zu haben, indem ich ihm einen Wechsel nach Hinterpasseier vorgeschlagen habe.“ Zum neuen Leiter der Seelsorgeeinheit Ortlergebiet sowie zum Pfarrer von Prad-Agums und zum Pfarrseelsorger von Sulden, Stilfs, Trafoi und Lichtenberg wurde Konrad Gasser bestimmt, bisher Pfarrer von St. Andrä und Pfarrseelsorger von Albeins, Sarns, Afers und Lüsen.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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