Umfahrung Rabland:
her damit!
Bürgermeister Luis Forcher, Referent Hartmann Nischler und Gemeinderätin Sabine Zoderer
Martin Vallazza (Bildmitte) versuchte die Anrainer zu informieren und zu beruhigen: (v.l.) Albert Tragust, Karl Ungericht, Hubert Schnitzer, Grundeigentümer und Geschäftsmann, Edith Gufler, Annemarie Laimer-Trogmann, Seniorchefs Hotel Rössl Midi und Erich Pircher, dahinter Johannes Strimmer, Ulrich Schweitzer und Siegfried Pohl.
Hans Peter Weiss
Ulrich Schweitzer
Jasmin Ramoser

Bitte schnell anfangen!

Wann ist endlich Baubeginn? Jetzt oder nie!

Publiziert in 12 / 2024 - Erschienen am 2. Juli 2024

Rabland/Partschins - Diesmal waren nicht Autos mit Menschen unterwegs, sondern neugierige Menschen mit Erwartungen. Es war ein Kommen und Gehen beim Rablander „Info-Day“, dem Informationstag zur Umfahrung von Rabland. Mitarbeiter einer Kommunikations-Firma betreuten und klärten Orientierungsbedürftige auf. Die Mitglieder des Gemeindeausschusses konnten angesprochen werden und diskutierten mit. Als Infoblätter zum „Straßenbauprojekt UMFAHRUNG SS 38 Rabland“ deklarierte Prospekte lagen auf. Damit wurde „Mehr Sicherheit, mehr Lebensqualität für alle“ angepriesen. An 2 Schultafeln durften sich die Bürger durch ein „Brainstorming“, ein Sammeln von Ideen, mit Fragen und Wünschen beteiligen. Die Botschaften waren unübersehbar und die Aufforderung, sich zu entscheiden und „am Montag die Bagger auffahren zu lassen“ überwogen. Verdeckt wurde gefragt: „Was passiert mit den Grundbesitzern?“ Genau diese Frage versuchten an 2 Tischen mit Gebietsplan Untervinschgau und vorgeschlagener Umfahrungstrasse die beauftragten Techniker Ingenieur Siegfried Pohl, der Amtsdirektor für Straßenbau West, Johannes Strimmer, und der Straßenbautechniker Augustin Hueber zu beantworten und die Sorgen vor allem der Touristiker zu zerstreuen. Ergänzend dazu wurden in einer Endlosschleife die Vorteile der einstigen „Variante V“, deren geschätzte Kosten von 60 Millionen Euro für 1,4 km Straße, davon 820 m Tunnel, mit Bauweisen und Arbeitszeiten an die Leinwand projiziert und verglichen.

„Wir werden es durchstehen müssen“

Am 2. Tatort im Treppenhaus saß der Ressortdirektor für „Infrastrukturen und Mobilität“, Ingenieur Martin Vallazza, einer Gruppe skeptischer Touristiker gegenüber. Bürgermeister Luis Forcher und der für die „Strada Statale 38“ zuständige Referent Hermann Nischler erklärten: „Die große Variante (mit Töll inbegriffen) zu fordern, wäre realitätsfremd. Probleme sind derzeit das Wasser im Bereich westliches Portal und ob die Bauzeit eingehalten werden kann. Immerhin liegen die 3 größten Tourismusbetriebe in Rabland unmittelbar an der Straße. Aber wir werden das Leben an der Schmerzgrenze 3 Jahre lang durchstehen müssen.“ Ein junger Partschinser wunderte sich: „Wie können uns die Alten die Zukunft verstellen und Lebensqualität nehmen, indem sie diese Trassenführung ablehnen?“ Neben den Grundeigentümern hatten die Bürgerliste Partschins, Rabland, Töll, der Verein für Heimatpflege, die Umweltgruppe Vinschgau, die Ortsgruppen der Handwerker und der Gastwirte die scheinbar unerschöpfliche Geduld der Techniker beansprucht.

Touristiker: Wir erwarten uns Verständnis

„Nicht wirklich einverstanden“ mit der Trassenführung war der ehemalige Präsident des Tourismusvereins und immer Befürworter einer Umfahrung, Hans Peter Weiss. Die neue Trasse führe mitten durch seine, seit 1997 bestehende Hotelanlage. Er sei sich im Klaren, „dass während der Bauzeit an einen regulären Hotelbetrieb nicht mehr zu denken ist.“ Aus der Sicht der Bürger fand er den Info-Tag für gelungen, aus der Sicht der direkt Betroffenen war der Info-Tag eine Katastrophe. „Die Bürger hätten auch das Recht zu erfahren, dass es eine Alternative gibt, bei der die Bürger der Töll mitberücksichtigt werden. Aber es gibt auch eine Form der Diskretion. Wir direkt Betroffene saßen wie auf einem Präsentierteller im Foyer des Vereinshauses. Scheinbar waren wir die Exoten. Wir hätten uns Verständnis erwartet. Obwohl wir große Opfer bringen müssen, haben weder Bürgermeister noch der zuständige Referent den Mut aufgebracht, an unseren Tisch zu kommen.“

„Das bricht uns das Genick“

„Das Westportal der geplanten Unterführung befindet sich in direkter Linie vor unserem Gastbetrieb. Eine jahrelange Baustelle, die nicht nur uns, sondern allen betroffenen Betrieben das Genick bricht, und zudem sogar noch eine absolute Verschlechterung des Ist-Zustandes ist“, sagte Annemarie Laimer Trogmann vom Hotel Garni Am Meilenstein. „Allein die Bauzeit wird mit mindestens 3 Jahren angegeben. Wer kann 3 Jahre einen Rückgang oder Totalausfall der Einnahmen verkraften?“, fragte die ehemalige Präsidentin des Tourismusvereins. „Wie sollen notwendige Investitionen getilgt werden, wenn 3 Jahre der Umsatz massiv reduziert wird oder ausfällt?“ Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob es mit 3 Jahren wirklich erledigt ist, „Verspätungen bei solchen Bauvorhaben müssen ja auf jeden Fall mit einkalkuliert werden. Siehe Umfahrung Kastelbell-Galsaun.“ Auch mit Lärmbelastungen sei zu rechnen. Mit der „bevorzugten Vereinshaus Variante“ zeigte sie sich in keinster Weise einverstanden: „Es ist die minimalistischste, günstigste Lösung, jedoch eine ausgesprochen schlechte Lösung und keine zukunftsträchtige Gesamtlösung für alle von uns.“ Sie verstehe, dass der Großteil der Bürger, die nicht direkt betroffen sind, sich durch diese Lösung eine schnelle Erleichterung verspricht, „wenn man sich aber etwas genauer mit der Situation auseinandersetzt, wird klar, dass das Nadelöhr Töll, auch unter der Berücksichtigung des geplanten Kreisverkehrs, weiterhin erhalten bleiben wird. „Die Staus werden nur verlagert und wenn gewisse Kreise meinen, dass mit dieser Variante dem Transit Einhalt geboten wird, dann täuschen sie sich meiner Meinung sehr.“ Es brauche eine Gesamtlösung: „Diese Umfahrung betrifft nicht nur uns Rablander, sie betrifft den gesamten Vinschgau.“ Dass die Bevölkerung informiert wird, sei auf jeden Fall zu begrüßen. Allerdings habe sie feststellen müssen, „dass der Infotag in jeder Hinsicht sehr ‚publikumswirksam’ organisiert war.“

„Lebendige“ Diskussion

An einem gewissen Punkt der – sagen wir – lebendigen Diskussion wischte Johanna Tragust, eine Anrainerin, über die vorgelegten Karten und Überblicke und rief: „Wir können mit diesem Projekt nichts anfangen. Wir waren immer für eine Umfahrung, aber dies ist eine schlechte Lösung und daher gar keine Lösung.“ Der Gemeindereferent für Wirtschaft, Tourismus und Mobilität, Ulrich Schweitzer, erklärte: „Die Umfahrung von Rabland ist dringend notwendig, aber die Realisierung darf die Existenz der Betriebe während der Bauphase nicht gefährden. Hier erwarten wir nicht nur die berechtigten Entschädigungen an die angrenzenden Betriebe für alle verursachten Verluste während und nach der Bauphase, sondern auch verbindliche Garantien über Bauweisen, Bauzeiten und Optimierungen.“ Die Sozialreferentin Jasmin Ramoser meinte: „Die Umfahrung von Rabland ist dringend erforderlich und löst viele aktuelle Sicherheitsproblematiken im Alltag!“

Eine Chance für die Gemeindeentwicklung

Die Siedlungsgebiete Unterdorf und Oberdorf zu verbinden, stelle eine große Chance im Hinblick auf die weitere Gemeindeentwicklung dar, meinte Ramoser, und schaffe die Voraussetzung, einen neuen qualitativ wertvollen Lebensraum gestaltbar zu machen. Dies könne aber nur unter enger Miteinbeziehung der Grundbesitzer und vor allem Anrainer-Betriebe erfolgen! „Die Lösung muss verträglich, dann aber konsequent und schnellstmöglich umgesetzt werden“, so Ramoser. Für die Freien Wähler im Gemeinderat meinte Sabine Zoderer: „Die Vereinshaus-Variante ist die einzige zukunftsnah realisierbare und finanzierbare Variante. Durch den Infotag konnte ich mich als Gemeinderätin mit vielen Bürgerinnen und Bürgern austauschen.“ Auch Eva Prantl, langjährige Vorsitzende der Umweltgruppe Vinschgau, und Stefan Platzgummer, Vorstandsmitglied, ließen sich über den neuesten Versuch einer Umfahrungslösung informieren. „Wir halten es für wichtig, zu wissen, was im Vinschgau verkehrsmäßig geschieht. Schließlich hat jede Maßnahme Auswirkungen auf das gesamte Tal. Es wird sicher zu einer Verkehrsverlagerung kommen“, meinte Prantl. Sie unterstütze aber die vorgeschlagene Lösung. Die Heimatpfleger unter Obfrau Hanni Laimer hielten den „Infotag“ für gut, das Projekt sei eine schnelle Lösung, aber eine Ideallösung sei es nicht. Interessiert waren die Heimatpfleger auch am Existenzrecht des historischen „Mesner-Stadels“, der auf der Töll einer Bushaltestelle geopfert werden soll. Der Informationstag soll sich erst gegen 21.30 Uhr nach 7,5 Stunden aufgelöst haben.

Günther Schöpf
Günther Schöpf

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