„Es gibt eine Zukunft“
Zu Gast bei Bergbauer Harald Paris am Nörderberg
Der Mairinghof
Der Mairinghof (links im Bild, bzw. in der Mitte des rechten Bildes) liegt umsäumt von Wiesen und Wäldern auf einem Hochplateau am Aussernörderberg.
Nahmen sich Zeit für ein Treffen mit dem der Vinschger (v.l.): Anastasija Epstein, Harald Paris und Julian von Spinn.
Anastasija Epstein bei Filmaufnahmen.

Hoch oben am Nörderberg

Erfolgreiches Bergbauernleben am Mairinghof.

Publiziert in 18 / 2024 - Erschienen am 8. Oktober 2024

NÖRDERBERG - Nein, einfach war es nicht, mit Harald Paris einen Termin für einen Besuch zu finden. Schließlich gibt es immer so einiges zu tun. Roggenernte im Spätsommer, Heuernte, die Ernte von Kartoffeln und verschiedenen Gemüsesorten, diverse laufende Arbeiten am Hof. Der heute 53-jährige Harald Paris ist Bergbauer. Bergbauer aus Leidenschaft. Am Nörderberg in Schlanders, genauer gesagt am Mairinghof auf einer Höhe von 1.450 Metern. Schlussendlich hat ein Besuch dennoch geklappt. Spricht man mit dem Landwirt, wird ersichtlich, wieviel Leidenschaft und Idealismus in der Berglandwirtschaft steckt. Aber auch, welche Möglichkeiten diese heute noch bietet. „Es gibt schon eine Zukunft“, betont Paris im Gespräch mit dem der Vinschger. Freilich, einfach sei es nicht immer. Aber: „Mit Motivation und Herzblut geht einiges“, weiß Paris. Er setzt dabei voll auf die naturnahe Landwirtschaft, auf den Bio-Anbau und die Vielfalt.

Vielfältige Landwirtschaft ist Trumpf

Aber der Reihe nach: Harald Paris ist in Vetzan aufgewachsen und eigentlich gelernter Tischer. 1996 kam er zum Mairinghof, um fortan hier mit seiner Frau Roswitha zu wohnen. Der Hof war in Besitz von seinem Onkel und seiner Tante, Alois und Adelheid Weiss. Bereits damals half das junge Paar eifrig bei der Arbeit mit. 1999 pachteten sie den Hof. 2003 übernahmen sie schließlich den Hof mit seinen knapp sieben Hektar Wiesen und Äckern. 2010 wurde auf biologische Landwirtschaft umgestellt. Heute werden verschiedenste Arten von Biogemüse angebaut, wie etwa Karotten, Kartoffeln, mehrere Kohlarten, Lauch und weitere Sorten. Zudem setzt der Landwirt auf das Getreide, insbesondere auf Roggen und Hafer. Auch die Milchviehwirtschaft wird nicht vernachlässigt. Fünf Milchkühe nennt Paris sein Eigen, die Bio-Milch wird an die Mila geliefert. An eine Genossenschaft wird auch der Hafer geliefert, und zwar an die Algunder Sennerei. Diese produziert dann daraus die Hafermilch. Ansonsten geht Paris den Weg der Direktvermarktung. So wird das Biogemüse direkt ab Hof an Private verkauft oder an ausgewählte Fachgeschäfte. Ein weiteres Standbein ist der Urlaub auf dem Bauernhof, die Familie betreibt zwei Ferienwohnungen.

Wechselfelderwirtschaft wichtig

„Eine vielfältige Landwirtschaft, also die Rinderhaltung, Getreideanbau, Gemüseanbau, lässt sich meiner Meinung nach wunderbar naturnah kombinieren“, erklärt Harald Paris. Die Gemüseanbaufläche wechselt er regelmäßig mit Grünland ab. Der Mist und die Jauche der Rinder werden als Dünger für Wiesen-, Gemüse-, und Getreidefelder verwendet. „Eine Nutztierhaltung gehört für mich zur Landwirtschaft einfach dazu. Die Tiere bieten wertvollen Dünger“, unterstreicht der Landwirt. Durch die Wechselfelderwirtschaft können die Tiere zudem die Wiesen nutzen, die Ackerböden können sich erholen. Die Vitalität des Bodens wird gesteigert. „Es ist alles ein Kreislauf und es funktioniert wunderbar“.

Traumberuf gefunden

Mit der Berglandwirtschaft habe Paris seinen Traumberuf gefunden. Dabei ist er als gelernter Tischler eigentlich ein Quereinsteiger. „Für das Holz habe ich nach wie vor dieselbe Leidenschaft wie für die naturnahe Landwirtschaft“, lacht er. Kein Wunder, dass er bei den Umbauarbeiten in den vergangenen Jahren am Hof insbesondere auf Holz setzte und vieles selbst erledigte. Im Winter arbeitete er jahrelang als Montagetischler, beim Schneeräumdienst und zuletzt bei holzius. Ein Nebenerwerb biete schließlich eine gewisse Sicherheit. „Es stehen ja auch immer wieder Investitionen am Hof auf dem Programm, da braucht man das Geld schon“. Ansonsten sei aber ein Auskommen mit der Berglandwirtschaft durchaus möglich, auch wenn es mit acht Stunden Arbeit am Tag nur selten getan ist. „Die Liebe und Leidenschaft für die Arbeit muss natürlich da sein“, weiß Harald Paris. Die mittlerweile erwachsenen Söhne von Harald und Roswitha, Daniel, Christian und Lukas, haben selbst eine Arbeit im Tal gefunden und wohnen dort. „Aber das Interesse in der Landwirtschaft weiterzumachen ist da“, freut sich der Bergbauer.

Viele Herausforderungen

Herausforderungen gebe es freilich nach wie vor viele. Die Arbeit sei oft intensiv. „Es braucht vor allem Leute, die mithelfen. Wenn die Haupternte ansteht, ist es schon schwierig“, so Paris. Externe Mitarbeiter habe er keine auf seinem Hof. „Meine Frau und ich, sowie die Kinder an den Wochenenden und wenn sie sich ab und zu freinehmen, erledigen alles selbst. Auch die Tante ist noch hier und hilft kräftig mit“. Oft kommen auch Verwandte zur Unterstützung. Die Maschinen seien eine wertvolle Hilfe. „Aber es braucht halt auch die Menschen, die sie bedienen und die Arbeit drumherum erledigen“. Zudem müsse die Politik in Sachen Förderungen umdenken. Es sei wichtig, kleinstrukturierte Betriebe zu unterstützen, fordert Paris. Es gebe durchaus junge Menschen, die Interesse an der Landwirtschaft haben, man dürfe ihnen aber keine Steine in den Weg legen – auch was die Bürokratie betrifft. Nicht zuletzt in Sachen Großraubtiere müsse es ein Umdenken geben. „Wolf und Bär lassen sich mit der Berglandwirtschaft nicht vereinen. Die Politik muss einlenken“, so der Landwirt.

Mit Bergbauernpreis ausgezeichnet

Für das Engagement war die Familie Paris 2018 auch mit dem Bergbauernpreis ausgezeichnet worden. Zur Erinnerung: Diesen Preis erhalten Familien, die unter schwierigen Bedingungen hoch oben am Berg Besonderes leisten, lokale Qualitätsprodukte herstellen und durch ihre tagtägliche Arbeit die Landschaft Südtirols erhalten. Lobende Worte für die Familie Paris findet auch der Ökologieberater von Bioland, Julian von Spinn: „Beispielhaft, wie Landwirtschaft funktionieren kann“. Als Biobauer ist Paris auch Mitglied bei Bioland Südtirol. „Die Landwirte verpflichten sich dabei, ökologische Maßnahmen zu verwirklichen“, erklärt von Spinn. Bioland sei der einzige Verband weltweit mit verpflichtenden Biodiversitätsrichtlinien.

Sensibilisierung wichtig

Es gelte, mehr mit der Natur zu arbeiten, als dagegen. „Das ist unser Ziel. Wir wollen auch in der Bevölkerung für eine naturnahe biologische Landwirtschaft sensibilisieren“, betont von Spinn. Wichtige Sensibilisierungsarbeit leistet dabei auch Anastasija Epstein. Sie arbeitet für das Projekt „Grenzenlos Regional - Bio in Europa“. Dabei handelt es sich um ein von der EU mitfinanziertes Projekt, das in Zusammenarbeit von Bioland Südtirol und dem Pendant Bioland e.V. sowohl in Deutschland als auch in Italien durchgeführt wird. „Eine Informationskampagne zur Sensibilisierung für die biologische Landwirtschaft“, erklärt die Deutsche, die mittlerweile im Passeiertal lebt. Mit dem Biomobil ist sie in verschiedenen Städten in Italien unterwegs. „Wir ermöglichen es, Bio mit allen Sinnen zu erleben, indem wir Kochshows mit lokalen Köchen und regionalen Bio-Produkten durchführen“, erklärt sie. Viele Bio-Produkte aus Südtirol können dabei verkostet werden. Auch Imagevideos werden gedreht, hierfür durfte ein Besuch am Mairinghof natürlich fehlen.

„Zurück zu den Wurzeln“

In Sachen naturnaher biologischer Landwirtschaft erinnert Julian von Spinn vor allem an die Vergangenheit und deren vielfältigen Kulturlandschaft. „Vor dem Apfelboom gab es bei uns größtenteils Streuobstwiesen welche zu den ‚Hotspots der Biodiversität‘ zählen. Häufig fand man diese in Kombination mit Roggen vor.“ Es sei schön, dass dieser hier am Mairinghof wieder so viel Platz finde. „Der Roggenanbau ist eigentlich typisch für den Vinschgau. Der Vinschgau war schließlich mal die Kornkammer Tirols“, so von Spinn. Ohnehin sei eine vielfältige Landwirtschaft enorm wichtig für die Biodiversität. Es wäre schön, wenn Kulturlandschaften wie Streuobstwiesen wieder mehr Raum finden würden, so der junge Bioland-Berater. Ein „Zurück zu den Wurzeln“ täte aus ökologischer Sicht Tieren, Pflanzen und Menschen gut.

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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