Der Stadtler
Auf diesem Stuhl hat Bürgermeister Erich Wallnöfer während der vergangenen 15 Jahre die Sitzungen des Stadtrates geleitet.

„Manchmal fehlt einem die Macht“

Publiziert in 15 / 2015 - Erschienen am 22. April 2015
Bürgermeister Erich Wallnöfer kann auf viele Erfolge verweisen. Das Problem der Verkehrsbelastung konnte nicht gelöst werden. Glurns - Er wurde mit 15 Jahren Mitglied der Südtiroler Volkspartei. Nach jeweils 5 Jahren im Gemeinderat und im Stadtrat wurde Erich Wallnöfer im Jahr 2000 zum Bürgermeister von Glurns gewählt. Nun gehört er zu den „Opfern“ der Mandatsbeschränkung. Einen bestimmten „Bekanntheitsgrad“ innerhalb der Partei hat er auch deshalb erreicht, weil er sich weigerte, die Abgaben an die Partei zu zahlen. Das ist auch der Grund, warum ihm die Parteizentrale in Bozen mitgeteilt hat, nicht mehr als SVP-Vertreter für den Gemeinderat kandidieren zu dürfen. Mit dem folgenden Gespräch mit Erich Wallnöfer schließt der Vinschger die Interview-Serie mit den Bürgermeistern all jener Gemeinden, in denen am 10. Mai Wahlen anstehen, ab. der Vinschger: Sie sind seit 15 Jahren Bürgermeister in Glurns, der einzigen Stadt im Vinschgau. Kehren Sie der Gemeindepolitik gerne den Rücken? Erich Wallnöfer: Ich war schon immer ein politisch interessierter Mensch und werde das auch weiterhin bleiben. Ich wäre auch gewillt gewesen, für den Gemeinderat zu kandidieren und hätte die Abgaben an die Partei gezahlt, wenn auch zähneknirschend, doch mit dem Brief aus Bozen hat sich die Sache erledigt. Ich war schon seit jeher dagegen, dass Bürgermeister und Verwalter kleiner Gemeinden 4% der Amtsentschädigung an die Partei abführen müssen. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Es gibt ja nicht nur die SVP. Und auf Gemeindeebene sind es ohnehin die Personen, die zählen, und nicht die Zugehörigkeit zu Parteien oder Listen. Was sind die wichtigsten Bauprojekte und Vorhaben, die Sie in den vergangenen 15 Jahren zusammen mit dem Stadtrat und dem Gemeinderat umsetzen konnten? Da ist einiges zu nennen. Zu Beginn haben wir das bereits fertige Projekt zum Neubau des Kindergartens umgesetzt. An­schließend daran haben wir im selben Gebäude ein Probelokal für die Musikkapelle, eine Seniorenwohnung und die offene Altenpflege untergebracht. Im Bereich vor dem Malser Tor wurde eine Tiefgarage mit 39 Stellplätzen gebaut. Der Großteil der Stellplätze wurde an Personen, die in der Stadt leben, verkauft oder vermietet. Im Laufe der Jahre haben wir noch weitere Parkplätze geschaffen, unter anderem auf dem Areal, wo früher die Kaserne stand. Dort entstanden übrigens auch Wohnungen sowie Freiflächen für das Gewerbe. Auch in anderen Zonen entstanden Gewerbeflächen. Wurde auch im Bildungs- und Sportbereich investiert? Ja natürlich. Wir haben die Grund- und Mittelschule saniert sowie das Sportgebäude erweitert und zum Teil neu gestaltet. In diesem Gebäude hat auch die Jugend eine neue Heimstatt gefunden. Unsere Sportzone ist übrigens ideal gelegen und in kurzer Zeit zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar. Und warm haben es die Glurnser im Winter auch? Wir haben in Zusammenarbeit mit der Energiegenossenschaft SEG das Fernwärmenetz errichtet. Stark ins Zeug gelegt haben wir uns übrigens auch beim Anschluss des Stadtgebietes an das Breitbandnetz. Bis Ende April werden die letzten Anschlüsse erfolgen. Ich kenne keine Gemeinde in Südtirol, die derzeit behaupten kann, dass alle Betriebe und Haushalte über schnelles Internet verfügen. Und wohin ist sonst noch Steuergeld geflossen? In die Erweiterung der Feuerwehrhalle zum Beispiel, in die Sanierung des Schludernser Torturms, in Gehsteige und in viele weitere Projekte. Sehr gut angenommen wird zum Beispiel auch der Citybus-Dienst. Gibt es etwas, worauf Sie ein bisschen stolz sind? Was mich besonders freut, ist die gut gelungene Sanierung des Schallerhauses und Söleserhauses. Wir haben die damalige Chance, einen Rotationsfonds des Landes anzuzapfen, sofort genutzt. Die Sanierung dieser zwei Häuser trägt wesentlich zur Wiederbelebung des Ortskerns bei. Als ich das Bürgermeisteramt antrat, hatte ich immer etwas Angst, dass speziell die unteren Lauben etwas „‚absterben“. Jetzt kann ich zufrieden feststellen, dass es eine kleine Kehrtwende gibt. Der Verkehr im „Stadtl“ stellt immer noch eine große Belastung dar, vor allem im Sommer. Warum ist es Ihnen nicht gelungen, hier endlich Nägel mit Köpfen zu machen? Das mit dem Verkehr ist eine etwas komplizierte Sache. Zum einen ist zu sagen, dass das Land bisher keinen Willen gezeigt hat, den Autoverkehr in Richtung Schweiz über die Gewerbezone Prad umzuleiten. Die Gemeinde Prad wäre dazu zwar bereit, doch das Land müsste die Straße durch die Zone übernehmen und das ist bis heute nicht geschehen. Würde es mit dieser Umleitung klappen, könnte der Durchzugsverkehr durch Glurns um rund die Hälfte reduziert werden. Außerdem haben wir auch versucht, westlich von Glurns eine kleine Umfahrung anzudenken. Diese Umfahrung hätte mit relativ wenig Geld gebaut werden können. Hier aber hat uns die „Landes­beamtenschaft“ einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zudem gab es eine Unterschriftenaktion hier bei uns. Für das Land ist es dann immer einfach zu sagen: Wenn ihr schon selbst nicht wisst, was ihr wollt, werden wir unsererseits sicher nichts unternehmen. Manchmal habe ich irgendwie das Gefühl, dass einem als Bürgermeister und Verwalter die nötige Macht fehlt, um bestimmte Entscheidungen zu fällen und dann auch umzusetzen. Nun werden sich die neue Verwaltung und der neue Gemeinderat mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Viele Glurnserinnen und Glurnser klagen darüber, dass die Stadt viele bleibende „Lasten“ zu tragen hat: Bezirksmülldeponie, Bezirkskläranlage und Staubecken der Sel-Edison. Ein Golfplatz in der „Oberen Au“ wird von manchen als weitere Last angesehen, mit der man Glurns beglücken will. Die Gemeinde ist Eigentümerin von 9 Hektar in der Oberen Au. Zusammen mit zusätzlichen privaten Grundflächen wäre es technisch möglich, eine kleinere 9-Loch-Anlage zu errichten. Auch dieses Thema ist vielschichtig. Es wird in der Stadt immer Leute geben, die gegen einen Golfplatz Bedenken haben. Außerdem gibt es die Vieh haltenden Betriebe, die auf ihre Gewohnheitsrechte nicht verzichten wollen. Hinzu kommen jetzt auch noch Bedenken der Umweltschützer und Heimatpfleger. Nun soll ja bekanntlich erhoben werden, welchen ökologischen Stellenwert die Obere Au hat und welche Auswirkungen ein Golfplatz haben könnte. ­Außerdem gibt es den Antrag eines Promotorenkomitees für die Abhaltung einer Bürgerbefragung. Ob eine Befragung stattfinden wird oder nicht, wird der neue Gemeinderat nach dem Ablauf der Sperrfristen zu entscheiden haben. Wie steht es um den Ensembleschutz in Glurns? Glurns ist auch in diesem Bereich südtirolweit einzigartig, denn die ganze Innenstadt und auch Teile außerhalb der Mauern stehen direkt oder indirekt unter Denkmalschutz. Diese Schutzglocke ist höher einzustufen als die Ausweisung bestimmter Ensembles. Solche können, wenn schon, ­außerhalb der Stadtmauern festgelegt werden. Wir haben einen Planer beauftragt, in diesem Sinn mögliche Ensembles zu definieren. Ist der 100 Meter breite Bannstreifen rund um die Stadtmauern tatsächlich ein Schutz? Der Bannstreifen schützt uns sicher vor Hagelnetzen und PVC-Abdeckungen. Außerdem dürfen wir das Problem der Abdrift nicht vergessen. Immerhin gibt es innerhalb dieses Streifens viele Kleingärten, die vor Abdrift zu schützen sind. Die Pestizid-Debatte wird auch bei uns immer mehr zum Thema. Ebenso der Aspekt des Verkaufs von Grundflächen an Auswärtige. In diesem Sinn ist bei uns schon so ziemlich alles gelaufen. Glurns ist sozusagen das erste „Opfer“ des Ausverkaufs von Grundstücken. Holt Glurns nicht ein bisschen zu wenig aus dem großen Potential heraus, das diese einzigartige Stadt hat? Ja und nein. Ja deshalb, weil es im Tourismussektor sicher noch Potential nach oben gibt. Wir haben nur rund 200 Gästebetten. Zusätzliche Beherbergungsbetriebe bräuchte es unbedingt. Nein deshalb, weil mit einer Steigerung des tagestouristischen Aufkommens auch eine steigende Beeinträchtigung des Lebensalltags der Bewohner der Stadt einhergehen würde. Wir haben es in diesem Sinn mit einem zweischneidigen Messer zu tun. Wie war während der vergangenen 15 Jahre die Zusammenarbeit mit den Landespolitikern und Landesämtern? Im Großen und Ganzen gut. Mit dem früheren Landeshauptmann gab es zwar manchmal Hakeleien, aber ich habe sein Büro nie ohne Geld-Zusage verlassen. Eigentlich war es die Stadt Glurns, von welcher der Bau eines Wasserkraftwerks am Rambach ausgegangen ist. Dann kamen auch die Nachbargemeinden dazu. Wird Glurns am Ende durch die Finger schauen? Das bleibt abzuwarten. Unser Projekt liegt jedenfalls beim zuständigen Amt in Bozen. Und auch das Projekt eines Privaten liegt auf. Was werden Sie nach dem 10. Mai tun? Ich werde mich voll und ganz auf meine unternehmerische Arbeit konzentrieren. Interview: Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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