„Es ist etwas Ruhe eingekehrt“
Die SVP Vinschgau vor der Wahl
Irmgard Gamper und Albrecht Plangger beim Besuch in der der Vinschger-Redaktion.

Die Wahl naht 

Wie die SVP sich nach der Niederlage bei den Landtagswahlen für die Gemeindewahlen rüstet. Über wichtige Vinschger Projekte und mehr.

Publiziert in 2 / 2025 - Erschienen am 28. Januar 2025

Vinschgau - Von einer „Watsche“ sprach Albrecht „Abi“ Plangger, der SVP-Bezirksobmann im Vinschgau, vor über einem Jahr im Interview mit dieser Bezirkszeitung. Gemeint war damals freilich die bittere SVP-Niederlage bei den Wahlen, insbesondere für den Bezirk Vinschgau, wo es mit Sepp Noggler nur ein Kandidat – mit großen Stimmenverlusten – in den Landtag schaffte. Einen Landesrat sucht man weiter vergebens. Und dennoch: Die Zuversicht für die Gemeinderatswahlen am 4. Mai scheint innerhalb der Vinschger SVP groß. Selbstbewusst gibt man sich. Dies wird auch im Interview mit Plangger und seiner Stellvertreterin, der Latscher Gemeindereferentin Irmgard Gamper, schnell klar. 

der Vinschger: Herr Plangger, glauben Sie die Landtagswahlen haben Auswirkungen auf die anstehenden Gemeinderatswahlen? 

Albrecht Plangger: Nein. Ich glaube die Gemeindewahlen stehen für sich. Nach den Landtagswahlen ist etwas Ruhe eingekehrt. Wir haben eine neue Landesregierung, einen neuen Parteiobmann. Größere Differenzen gibt es derzeit auf Landesebene glücklicherweise keine. Wir hoffen, dass es bei dieser Ruhe bleibt. Die Landesregierung muss weiterhin ordentlich arbeiten und unbedingt vermeiden, uns Sachen reinzuhauen, die Unruhen in die Gemeinden bringen und durch welche die Bürgermeister/innen und  Gemeindepolitiker/innen vor Ort von der Bevölkerung zur Verantwortung gezogen werden. 

Hat der Wahlkampf in den Gemeinden schon begonnen? 

Irmgard Gamper: Vor allem die Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten hat bereits begonnen. Hierbei agieren die Ortsgruppen aber weitgehend autonom. Dabei ist es für uns von großer Bedeutung, dass der Zugang sowohl zur Gemeinderats- als auch zur Bürgermeisterkandidatur so breit als möglich gestaltet wird. Wir sind eine Sammelpartei, in der sehr viele Meinungen und Richtungen Platz finden, dasselbe gilt für die Sachthemen, wir brauchen uns da nicht zu verstecken. Es ist wieder ein Aufwärtswind zu spüren. 

In vielen Gemeinden gibt es den Wunsch nach zumindest zwei parteiinternen Bewerber/innen für das Bürgermeisteramt. Warum? 

Gamper: In jenen Gemeinden, in denen sich die SVP allein um das Bürgermeisteramt und die Gemeinderatssitze bewirbt, sollten auf jeden Fall mindestens zwei Bürgermeister-Kandidaten aufgestellt werden. Das ist der demokratische Ansatz unserer Partei und in den Richtlinien für die Gemeinderatswahl so verankert. Dies gilt nicht im Falle, wenn sich die SVP nicht alleine bewirbt, sondern auch andere Listen kandidieren, hierbei wird nur ein SVP-Kandidat bzw. nur eine -Kandidatin für das Bürgermeister/innenamt aufgestellt. 

Plangger: Wie daneben es sonst gehen kann, haben wir ja bei den Wahlen 2015 in Prad gesehen. (Anmerkung der Redaktion: Damals kandidierten mit Alois Lechner und Gerald Burger zwei SVP-Bürgermeisterkandidaten und unterlagen dem Kandidaten der Bürgerliste, Karl Bernhart). 

Sollte es mehrere SVP-Bewerber/innen für das Amt des Bürgermeisters geben und auch aussichtsreiche Kandidaten/innen der Opposition, was dann? 

Plangger: Dann wird unser Kandidat im Rahmen der Vorwahlen ermittelt. Diese finden landesweit Ende Februar statt, dort wird dann nicht nur über die Bewerber/innen für das Bürgermeisteramt entschieden, sondern bei zu vielen Anwärter/innen auch über jene für den Gemeinderat. 

Handelt es sich um offene Vorwahlen oder können nur SVP-Mitglieder wählen?

Plangger: Das entscheiden die Ortsgruppen. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, wenn die Wahlen offen sind, da wir momentan nicht so mitgliederstark sind, um auch wirklich repräsentativ zu sein. 

Stichwort Gemeinderat: Hier dürfte derzeit eher das Problem bestehen Interessierte zu finden? 

Gamper: Das ist von Gemeinde zu Gemeinde verschieden. Mancherorts läuft die Suche gut, mancherorts schleppender. Zu beobachten ist eine bessere Stimmung als erwartet, so zeigen vor allem junge Frauen und Männer Interesse an der Gemeindepolitik und sind einem aktiven Mitgestalten nicht prinzipiell abgeneigt. Sicher braucht es noch viele persönliche Gespräche, auch um Mut zu machen, damit Interessierte den Schritt zur Kandidatur wagen.

Plangger: Zudem muss man die Fraktionen beachten, manche sind überrepräsentiert, in anderen Ortschaften ist das Interesse hingegen eher gering. Wenn zu viele Anwärter/innen aus einer Fraktion auf der Liste für den Gemeinderat sind, dann müssen auch hierfür die Vorwahlen entscheiden. Aber grundsätzlich sage ich, dass Gemeinderat- oder rätin zu sein oder zu werden auf jeden Fall eine sehr interessante und verantwortungsvolle Aufgabe ist. Man gestaltet selbst mit. Vor allem für junge Menschen, die das Dorfleben über die Vereinsarbeit hinaus mitgestalten möchten, ist dies eine Lebenserfahrung, die man unbedingt machen sollte. 

Es gibt ja die „harte Quote“, sprich ein Drittel der Listenplätze bei Gemeindewahlen muss an das zahlenmäßig geringer vertretene Geschlecht gehen. Dies betrifft nach wie vor die Frauen. Wie läuft hier die Suche? 

Gamper: Auch das ist sehr gemeindespezifisch. Wir fangen ja nicht bei null an, wir haben viele amtierende Gemeinderätinnen und auch Gemeindereferentinnen. Einige davon werden erneut antreten. Zudem tun wir als SVP-Frauen viel dafür, um Frauen für die Gemeindepolitik zu gewinnen. So wurden bereits Netzwerktreffen organisiert, bei denen Frauen inspiriert und bestärkt werden, dass es möglich und vor allem auch sehr wichtig ist, sich als Frau politisch zu engagieren und aktiv in der Gemeinde mitzugestalten. Weitere Treffen und Veranstaltungen finden in nächster Zeit statt, auch da möchten wir den Austausch untereinander fördern. Wenn wir Frauen auch derzeit noch eine Quote haben bzw. brauchen, sind Frauen in unseren Gemeindestuben willkommen und ihre Meinung und Expertise sehr wertvoll. Und es gibt mehr Frauen, die sich interessieren und einbringen möchten als man glaubt, oft geht es darum, diese Frauen anzusprechen. 

Plangger: Ich glaube, heute hat es sich eh alles ziemlich geändert. Frauen sind in der Politik präsenter als früher, Bürgermeister/innen sind keine Seltenheit mehr. In Zukunft werden wir uns denke ich noch leichter tun. 

Die letzten Gemeindewahlen 2021 liefen trotz der vorher schlechten Landtagswahlen für die SVP gut, der Bürgermeistersessel in Prad konnte zurückgewonnen werden, die anderen konnte man alle halten. Die SVP stellt 12 der 13 Bürgermeister/innen im Bezirk. Was sind heuer die Ziele? 

Plangger: Unsere Bürgermeister/innen haben insgesamt sehr gut gearbeitet. Ich glaube die Arbeit der SVP in den Vinschger Gemeindestuben kann sich generell sehen lassen. Der Wunsch ist natürlich da, dass wir wie früher alle 13 Bürgermeister/innen stellen. Das muss das Ziel sein. Je mehr Leute an der Spitze wir haben, desto leichter sind ja auch die Zusammenarbeit und die Koordination, sowohl untereinander als auch auf Landesebene.

Der Vinschgau ist in der Landesregierung bereits seit 2018 gar nicht mehr vertreten. Wer kümmert sich um die Anliegen des Tals? 

Plangger: Das Bindeglied zur Landesregierung ist für uns wieder der Landeshauptmann. Wir haben eine SVP-Kontaktgruppe, die sich alle paar Monate mit Arno Kompatscher trifft. Anfang Februar ist es wieder so weit. Dabei werden die für den Vinschgau wichtigen Themen besprochen und Projekte weitergebracht. 

Welche Projekte brennen dem Vinschgau unter den Nägeln? 

Plangger: In erster Linie ist es die Mobilität, wo sich auch einiges getan hat. Auf der Töll haben die Arbeiten beim Fahrradübergang begonnen, ebenso beim Partschinser Kreisverkehr. Rabland hat eine Lösung für die Umfahrung gefunden; für den Vinschgau sind diese Verkehrsprojekte immens wichtig. Der Tunneldurchstich in Kastelbell erfolgte, 2026 wird er eröffnet; die Meraner mit dem Küchelbergtunnel werden uns auch nicht mehr überholen. Der Steinschlagschutzgalerie in der Latschander (Anm. an der Staatsstraße zwischen Latsch und Kastelbell) hat Priorität und kommt so schnell wie möglich, mit den Ausschreibungen und etwaigen Rekursen dauert es halt. Mit den Galerien zwischen St. Valentin auf der Haide und Graun läuft alles nach Plan. In Ausarbeitung befindet sich auch eine Verkehrsstudie für den Obervinschgau. Auch was Radwege betrifft, konnte für einige Projekte wieder viel Geld in den Vinschgau geholt werden, etwa für die Radroute von Stilfser Brücke nach Gomagoi oder den Radweg ins Martelltal. Auch in Sachen Bahn-Elektrifizierung geht es weiter. Es gab aber leider einige Probleme in der Kommunikation hinsichtlich der Totalsperre. Aber diese Sperre ist nun mal nötig. Mehr Einsatz braucht es für die Weiterführung der Vinschger Bahn ab Mals. Hierfür gilt es, Geld bei den notwendigen geologischen Untersuchungen und Planungen in die Hände zu nehmen, dabei ist das Land gefordert. Durch kontinuierliches Nachhaken konnten auch Fortschritte bei den zwei großen Bauprojekten, dem Schülerheim in Mals und der Tiefbauhalle der Landesberufsschule in Schlanders, erzielt werden. Die Finanzierung steht, es gibt einen fixen – wenn auch eher langfristigen – Fahrplan. Am Stilfser Joch wird sich ebenfalls einiges tun, der Masterplan ist genehmigt: für öffentliche Sanitäranlagen, Fahrraddepots, Veranstaltungsraum und weitere Infrastrukturen sowie für Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, Realisierung von Aussichtspunkten etc. Erste Projekte sind bereits in der Ausschreibungsphase. Das eindeutig brisanteste Dauerthema ist leider der Nationalpark, hier gibt es immer wieder Rückschritte und kalte Duschen aus Rom. Noch weiß niemand wie es in puncto Parkplan und Rechtssicherheit weitergeht. 

Gamper: Weitere Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen sind die Dauerbaustelle Raumordnung und die nur schleppende touristische Entwicklung im Tal. Es braucht in der Raumordnung viel mehr Spielraum für die Gemeinden und vor allem an die Vinschger Gegebenheiten angepasste gesetzliche Bestimmungen. Der überbordende Landschaftsverbrauch und auch der Übertourismus stellen bei uns im Vinschgau keine Gefahren dar. Wir benötigen eine stetige Entwicklung, vor allem, um unsere Jugend im Tal zu halten.

Zurück zum Landtag. Mit Sepp Noggler sitzt nur ein politischer Vertreter aus dem Bezirk Vinschgau in Bozen. Was tun, um zu verhindern, dass der Vinschgau 2028 vielleicht gar nicht mehr vertreten ist?  

Plangger: Wenn die Entwicklung so weitergeht, dann riskieren wir wirklich, dass wir das nächste Mal keinen mehr haben. Das Wipptal und das Unterland haben schon jetzt niemanden mehr drinnen. Deshalb ist es ein Ziel der kleinen Bezirke, eine Regelung zu schaffen, dass es eine Quote gibt und zumindest eine Person den Einzug schafft. Die rechtlichen Möglichkeiten dazu gibt es. Dafür muss aber das Wahlgesetz geändert werden. Hierfür braucht es die Zustimmung innerhalb der Partei und dann auch jene des Landtages und auch der Italiener – es muss  von Rom genehmigt werden. In den nächsten Jahren wird dies aber massiv Thema werden, bei uns in der SVP Vinschgau liegt es auf der Prioritätenliste. 

Bei schlechten Wahlergebnissen wird oft ein Köpferollen gefordert. Habt ihr nach den Landtagswahlen in der Führungsspitze Kritik vernommen?   

Plangger: Natürlich gibt es immer Kritik und diese fällt auch auf uns zurück. Sei es das schlechte Wahlergebnis, als auch die Verhandlungen, dass wir keinen Landesrat haben. Wir haben eine Analyse gemacht und uns der Kritik gestellt. Es wurde beschlossen, dass die SVP Vinschgau mit uns weitermachen will. Mit den EU-Wahlen gab es zuletzt auch einen Lichtblick, da war der Vinschgau prozentuell gesehen in ganz Südtirol die SVP-Hochburg und hat einige Stimmen dazugewonnen. Da gab es auch mal ein Lob. 

Gamper: Selbstverständlich haben wir uns der Verantwortung gestellt. Bei der Analyse haben sich aber andere Faktoren herauskristallisiert, die weniger im Tal als auswärts wurzeln. Die Stärken der SVP sind auch die guten Verwaltungen in den Gemeinden, weshalb wir zuversichtlich in die nächste Wahl gehen.

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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