Flughafen: Pro & Contra
Publiziert in 21 / 2016 - Erschienen am 1. Juni 2016
Diskussionsabend mit Gegnern und Befürwortern
Schlanders - In Kürze, genauer gesagt am 12. Juni, sind Südtirols Wählerinnen und Wähler zu einer beratenden Volksbefragung zum Thema Flughafen Bozen aufgerufen. Es wird über einen Gesetzentwurf abgestimmt, in dem die Entwicklungsziele für den Flughafen sowie die Obergrenze und die Bedingungen für die öffentliche Finanzierung seitens des Landes festgeschrieben sind. Die Argumente für und gegen das Konzept, das auch einen Ausbau der Start- und Landebahn vorsieht, wurden am 27. Mai bei einem Diskussionsabend in Schlanders aufs Tapet gebracht. Allzu groß scheint das Interesse am Thema Flughafen im Vinschgau nicht zu sein, denn es hatten sich nur rund zwei Dutzend Personen in der Aula Magna der WFO eingefunden. Als Konzept- bzw. Ausbau-Befürworter konnte Eva Prantl im Namen der veranstaltenden Umweltschutzgruppe Vinschgau den HGV-Direktor Thomas Gruber und den Kammerabgeordneten Albrecht Plangger begrüßen, als Gegner den Eppaner Bauerbundobmann Peter Pardatscher sowie Otmar Clementi aus Leifers vom „Bürgerkomitee gegen den Flughafen“. Prantl erinnerte eingangs daran, dass der Landeshauptmann versprochen hat, das Ergebnis der Befragung zu respektieren, auch wenn das Beteiligungsquorum nicht erreicht wird. Das letzte Wort werde aber der Landtag haben.
Albrecht Plangger stellte sich hinter das Konzept des Landesregierung bzw. des Landeshauptmannes. Dieser habe habe sich voll hineingekniet, um ein gutes Konzept für einen funktionierenden Regionalflughafen vorzulegen. In der Vergangenheit seien ca. 120 Millionen Euro für den Flugplatz „vergraben“ worden. Die Summe von bis zu 2,5 Mio. Euro, die das Land im Falle einer Zustimmung beim Referendum jährlich von 2017 bis 2022 zahlen will, und die 1,5 Mio. Euro ab 2022 hält Plangger angesichts der insgesamt guten Mobilitätspolitik des Landes für vertretbar. Ebenso die weiteren Bedingungen und Ziele: 170.000 Fluggäste ab 2022, Ausbau der Start- und Landebahn für größere Flugzeuge, je 5 Starts und Landungen von größeren Flugzeugen pro Tag, Linienflüge usw. Der „brutalen Umweltbelastung“ für das Unterland sei er sich durchaus bewusst. „Man sollte daher versuchen, bei der Umweltverträglichkeitsprüfung Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen“, so Plangger. Wenn am 12. Juni das Nein den Sieg davon trägt, werde die Mobilitätspolitik der Landesregierung abgestraft, was keine guten Folgen haben könnte. Das Land sollte beim Flughafen weiterhin mitreden bzw. mitentscheiden können.
Mit ganz andren Tönen und Argumenten wartete Otmar Clementi in seinem einführenden Statement auf. „Es geht bei der Befragung nicht um die öffentliche Finanzierung, sondern um einen Freibrief für das Entwicklungskonzept.“ Es sei ein Märchen, von nur 170.000 Fluggästen zu reden. Angepeilt würde ein Vielfaches davon. Dasselbe gelte für die Anzahl der Starts und Landungen größerer Flugzeuge. Der Einsatz von Düsenjets würde die bereits bestehenden Umweltbelastungen drastisch nach oben treiben. Laut Clementi seien das Unterland und Überetsch bereits bisher mit vielen Strukturen beglückt worden, die der Umwelt arg zusetzen, angefangen bei der A22, der Dreckschleuder Nummer eins, bis hin zum Zug, dem Müllverbrennungsofen und dem Safety Park mit Motorsportveranstaltungen und anderen „Lärm“-Angeboten. Die Unterlandler seien „gebrannte Kinder“: „Das Fass ist voll“, so Clementi. „Wir erzählen hier keine Märchen, sondern warten mit Fakten auf.“ Ihm komme so vor, als habe Südtirol einen Minderwertigkeitskomplex: „Warum soll der Flugplatz ausgebaut werden, wenn es bereits Flughäfen in Innsbruck und Verona gibt?“
Thomas Gruber brachte Argumente aufs Tapet, die für den Ausbau sprechen. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Tourismusbranche absichern zu können, müsse man vermehrt auf Gäste setzen, „die von weiter her nach Südtirol kommen.“ Zusätzlich zu den Stammgästen, vor allem aus Deutschland und Italien, „müssen wir vermehrt internationaler werden“, auch weil der Trend in Richtung kürzere Aufenthaltsdauer immer stärker wird. Gästen, die nur für wenige Tage kommen, seien möglichst kurze Anfahrtszeiten zu bieten. Laut Gruber gehe es aus der Sicht des Tourismus in erster Linie darum, mit Hilfe eines funktionierenden Regionalflughafens und der damit einhergehenden besseren Erreichbarkeit neue Märkte zu erschließen. Zum beantragten UVP-Verfahren hielt Gruber fest, „dass die Einleitung dieses Verfahrens kein vorgezogenes Ergebnis ist.“
Peter Pardatscher gab sich überzeugt, dass der Erfolg und die weitere Entwicklung des Tourismus in Südtirol nicht vom Flughafen abhängen: „Regionalflughäfen werden in Zukunft weniger Bedeutung haben.“ Er erinnerte auch daran, „dass in unseren Gemeinden nicht nur ca. 150.000 Menschen wohnen, sondern auch Urlauber zu Gast sind, die über Fluglärm und andere Belastungen sicher nicht erfreut sind.“ Pardatascher, der auch in der Tourismusbranche tätig ist, plädierte für eine ökologische und nachhaltige Entwicklung: „Wir müssen die Mobilität anders denken. Südtirol hat alle Voraussetzungen, auch ohne den Flughafen-Ausbau touristisch erfolgreich zu bleiben.“ Wie schon Clementi äußerte auch Pardatscher nicht nur arge Bedenken in Bezug auf die Umweltbelastungen, sondern auch bezüglich der Rentabilität. Eine wirtschaftlich erfolgreiche Führung des Flughafens sei eine Illusion, „und für die Wirtschaft reichen Propeller-Flugzeuge, Düsenjets brauchen wir keine.“ Nicht unerwähnt ließ Pardartscher, „dass in 10 Gemeinden südlich von Bozen Ratsbeschlüsse gegen den Ausbau gefasst wurden.“ Auch Sicherheits-Bedenken äußerte er sowie Befürchtungen eines Werteverlustes der Liegenschaften im Einzugsgebiet.
Lebhafte Diskussion
Moderator Markus Lobis konfrontierte die Podiumsgäste mit Detailfragen. Aus dem Publikum kamen viele Stellungnahmen gegen den Ausbau: Wir haben bisher eine lange Abfolge von Pannen und Pleiten erlebt, warum soll nach dem 12. Juni alles rosa werden? Wir wollen eine gesunde Umwelt, eine gesunde Atemluft, eine gesunde Natur. Ein Ausbau ist der Umwelt und dem Steuerzahler gegenüber verantwortungslos. Wir haben bereits mehrere Flugplätze vor der Haustür. Die wenigen Befürworter äußerten sich dahingehend, dass man für die Bedenken aus dem Unterland zwar Verständnis habe, dass ein funktionierender Regionalflughafen aber nicht nur dem Tourismus, sondern der gesamten Wirtschaft zugute käme. Es gehe um eine bessere Zukunft für Südtirol, um die Sicherung von Arbeitsplätzen und eine bessere Erreichbarkeit.
In seinem Schlussplädoyer wertete Pardatscher einen Flugplatz-Ausbau als ein Vorhaben, „das in mehrfacher Hinsicht gewaltige Nachteile bringen würde.“ Er rief die Bürger dazu auf, sich weiterhin zu informieren und alle Aspekte abzuwägen. Thomas Gruber ortet im Ausbau de Flughafens „mehr Chancen als Risiken.“ Clementi meinte: „Wir sind keine Verhinderer der Entwicklung. Ein kleiner Flugplatz ist unrentabel, ein größerer unerträglich.“ Albrecht Plangger gab sich vom Konzept überzeugt: „Ich glaube an das, was drin steht und vertraue der Landesregierung.“ Es solle „ein Flughafen für die Südtiroler geschaffen werden, nicht nur für den Tourismus.“ Sepp
Josef Laner