Herbatio
Altes Wissen neu entdecken
Altes Wissen neu entdecken
Der harte Kern des Herbatio-Organisationsteams (v.l.): Georg Gapp, Miriam Verdross, Juliane Stricker Alber und Florian Platzer.

Festival der Kräuter

Ehemaliges Sommerheim der italienischen Polizei in Trafoi erweist sich als idealer Austragungsort. Vorträge, Workshops, Kräutermarkt, regionale Gerichte und vieles mehr.

Publiziert in 13 / 2023 - Erschienen am 18. Juli 2023

Trafoi - Erstmals seit 1992 kehrte am 8. und 9. Juli wieder Leben in das ehemalige Sommerheim der italienischen Polizei in der Örtlichkeit Heilige Drei Brunnen in Trafoi ein. Das Areal mitsamt den Gebäuden der einstigen Landesschützen-Kaserne erwies sich als idealer Austragungsort des Kräuterfestes Herbatio, das heuer seine dritte Auflage erlebte. Drei Wochen lang hatte vor allem der harte Kern des Herbatio-Organisationsteams im Vorfeld die Ärmel hochgekrempelt, um das buchstäblich zugewachsene Gelände für das Kräuterfest vorzubereiten sowie einige der Räume für die Abhaltung von Workshops und Vorträgen zu adaptieren und mit dem Nötigsten auszustatten. Das Areal ist schon seit vielen Jahren Eigentum des Landes. Dieses möchte das Areal zwar abstoßen, doch bisher hat sich kein Käufer gefunden. Dankbar ist Georg Gapp aus Prad, der Initiator und Hauptorganisator von Herbatio, dafür, dass sich das Landesamt für Vermögensverwaltung in Bezug auf die provisorische Nutzungserlaubnis des Geländes und der Gebäude sehr entgegenkommend gezeigt habe. „Vor allem Nicole Prasch hat uns sehr geholfen“, so Georg Gapp.

Von der Wissenschaft bis zur spirituellen Dimension

Obwohl es das Kräuterfestival erst seit relativ kurzer Zeit gibt, ist Herbatio Jahr für Jahr gewachsen. Waren zu Beginn Georg Gapp und Miriam Verdross, ebenfalls aus Prad, die treibenden Kräfte, so kamen später der leidenschaftliche Hobbykoch Florian Platzer aus Stilfs und Juliane Stricker Alber aus Göflan von der „Heilpflanzenschule in Südtirol“ dazu. Neben der Bürgergenossenschaft Obervinschgau „da“, die als Trägerverein von Herbatio fungiert, ist es dem Organisationsteam gelungen, viele wichtige Partner und auch Sponsoren mit ins Boot zu holen. Zusammengearbeitet wird mit dem Nationalpark Stilfser Joch, der Ferienregion Ortlergebiet, dem Tourismusverein Prad, der IDM Südtirol, den Kräuterexperten des Vereins „Freunde naturgemäßer Lebensweise “ (FNL), den Südtiroler Kräuterpädagogen, den „Südtiroler Kräuter Rebellen“ und weiteren Partnern. „Unser Kräuterfest ist ganzheitlich aufgestellt. Es reicht von der Wissenschaft bis hin zur spirituellen Dimension“, sagte Georg Gapp. Er ist FNL-Referent, internationaler Wanderleiter, Reisender und Naturfotograf. Der Verein „Freunde naturgemäßer Lebensweise“ ist Österreichs ältester Kräuterverein und setzt sich seit über 30 Jahren für den Erhalt der Natur- und Pflanzenwelt sowie der Weitergabe von Kräuterwissen ein.

Naturschätze vor der Haustür

Die beste „Zutat“ für Herbatio war die Natur selbst, wie sie in der Örtlichkeit Heilige Drei Brunnen, in ganz Trafoi und darüber hinaus derzeit aus allen Poren sprießt. Wer in der Nähe des Veranstaltungsortes oder des neuen Restaurantes Sogbodn die Autoscheibe öffnete, dem konnte es passieren, dass ein Schmetterling in die „Blechkiste“ flog. Viele Herbatio-Besucher hatten es vorgezogen, das letzte Teilstück zu Fuß bewältigen oder den Zubringerbus zu nutzen. Wie wohltuend es war, dem ohren- und sinnesbetäubendem Verkehrslärm entlang der Passstraße auf das Stilfser Joch zumindest für kurze Zeit zu entkommen, war allen anzusehen, die auf dem Veranstaltungsort von einem zum anderen Marktstand schlenderten, vom Vortragssaal zu den Workshops wechselten oder einen der besonderen Essensstände aufsuchten. Sogar Fachleute wie die Kräuterpädagogin Dora Somvi und viele weitere Referentinnen und Referenten aus dem In- und Ausland kamen ins Staunen, auf welche Vielfalt von Kräutern und Pflanzen sie direkt vor Ort stießen. Beleuchtet wurde in den Vorträgen eine Vielzahl von Themen unter dem gemeinsamen Motto „Altes Wissen neu entdecken“: Die Heilkraft der Pflanzen, die Welt des Räucherns, die Heilpflanzen der Alpen, die Kraft der Pflanzenseelen oder die Gemmotherapie, sprich eine Form der Phytotherapie, bei der zur Herstellung der Arzneien ausschließlich junges, teilungsfähiges Gewebe von Pflanzen, das in den Knospen, jungen Sprossen und Trieben sowie in wachsenden Wurzelspitzen zu finden ist, verwendet wird. Auch geführte Kräuterwanderungen, Workshops, nette Spiel- und Betreuungsangebote sowie Live-Musik gehörten zum zweitätigen Herbatio-Programm.

Regional und natürlich

Einheimisch, natürlich und kreativ: Mit diesen drei Worten lässt sich das Herbatio-Konzept umschreiben, das im Hinblick der heurigen Auflage erweitert und zum Teil mit neuen Inhalten gefüllt worden war. Miriam Verdross, die seit über 10 Jahren im In- und Ausland als medizinische Masseurin und medizinische Bademeisterin arbeitet, war federführend für die Herbatio-Lounge mit Kräuter-Aperitifs und anderen Getränken zuständig. Juliane Stricker Alber oblag die Organisation der Herbatio-Wissensfabrik und Florian Platzer kümmerte sich um die Herbatio-Kräuterküche. An den Essensständen gab es fast ausschließlich Gerichte und Köstlichkeiten, die aus regionalen und natürlichen Produkten zubereitet wurden, wie man sie bei vielen der insgesamt 16 Marktstände bekam: „Kräutererbe Manufaktur“ von Jutta Tappeiner, „PflanzGutes“ (Biobetrieb in Gratsch), „Amalia – Vinschger Hanf & und Bioprodukte“ (Lichtenberg), Kräutergarten in Martell (Martha Stieger), Hofbrennerei Ausserloretzhof in Laas, „Beerenschmiede“ (Sarah Eberhöfer, Agums), „Greiterhaus“ von Elisabeth und Simon (Eyrs) oder Imkereiprodukte (Lorenz Kainz). Angeboten wurden außerdem Hanfkleider, Schnitzarbeiten aus Zirbe, Kleider aus umweltfreundlichen Stoffen, Hanfjeans sowie verschiedene Kunstobjekte und Dekorationsartikel. Auch das „Stilzer Webnetz“ war mit einem Stand mitsamt kleinem Webstuhl vertreten. 

Kräutersuppe, „Grolzer“ und mehr

Die Palette von Gerichten, zubereitet mit regionalen, natürlichen und biologischen Erzeugnissen, reichte von der Kräutersuppe und von Wildkräuter-Teigtaschen bis hin zu Hanfnudeln mit Kräuter-Pesto, Stilfser Schaffleisch mit Roggen-Risotto sowie Kaiserschmarrn vom „Schmarrn-Karrn“ von Johann Mazagg und seiner Partnerin Sandra. Als besondere Spezialität wurden auch frische „Grolzer“ zubereitet. Wie uns Florian Platzer erklärte, sind „Grolzer“ eine fast vergessene, typische Stilfser Bauernspeise. Es handelt sich um Teigbällchen, die frittiert werden. Vom Konzept her hatte sich Florian Platzer bei der Ausrichtung der Essensstände vom Wiener Naschmarkt inspirieren lassen.

Weitere Auflagen in Trafoi geplant

Georg Gapp und sein Team hoffen, dass das ehemalige Sommerheim der italienischen Polizei in Trafoi in Zukunft für weitere Herbatio-Auflagen genutzt werden darf. Außerdem wird daran gedacht, das Kräuterfest um etwa zwei Wochen früher zu veranstalten, „wenn die Vegetation ihren Höhepunkt erreicht.“

Mehr Fotos in unserer Fotogalerie.

Josef Laner
Josef Laner

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