Der Mann der Einakter: Georg Kaser in „Der alte Affe Liebe“.

Ende. Aus. Kein Amen

Publiziert in 4 / 2013 - Erschienen am 6. Februar 2013
Zwei Einakter, ein Thema: die Jahre des Affen, der letzte Abschnitt des Lebens. Georg Kaser in Stücken von Selma Mahlknecht und Maria C. Hilber. Burgeis - Die Überraschung kam zu Beginn: ein kurzer Blackout und das bei Georg Kaser, erfolgreicher Theaterleiter, Schauspieler, Regisseur. Als das „Blue Moon“-Hochdeutsch endete, der Dialekt einsetzte, gefror so mancher im Publikum und nicht etwa wegen des kühlen Saales im Burgeiser Kultursaal. „Habe ich als Zuschauer etwas falsch gemacht? Falsch gelacht, nicht gelacht, was ist jetzt los?“ Nichts war los, außer dass für wenige Minuten der Text fehlte. Kaser ging zurück im Stück und holte auf, den Zuschauer wieder ab, den Text wieder ein. „So weit sein mir jo net kemmen“, lockerte er die Situation. Vielleicht war es dieses Stückchen Sorge, das dem Schauspieler im Nacken saß, vielleicht aber war es das Stück „Blue Moon“ von Maria C. Hilber selbst; es ist nicht eindeutig. Der Herr K. aus Blue Moon muss sterben, und das bald, sagt die Diagnose. Angesichts dieser Vorausschau auf sein Leben rückt Verena Dariz als bezaubernde Pharmarefentin Herrn K. zur Hilfe. Mittel zur anschließenden Selbstauflösung verhindern ein Stadium des Siechtums, nicht aber, dass Herrn K. nicht genug Zeit bliebe, sich über sein Leben Gedanken zu machen. Schon nach kurzer Zeit ist es soweit: Die „Lieben“ seines Lebens, Mutter, Frau und Sohn, sie alle hatte er schon längst während des Lebens verloren. Würdevoll ging er weder mit seinem Sohn, der „Pirouetten dreht und Beeren jagt“, noch mit seiner immer dementer werdenden Mutter um, stellt er fest, er, der „Hundemörder und Holz­hacker“, mit dem keiner leben kann. Auch bei Mahlknechts Stück dreht sich alles um die Jahre des Affen, die letzten Jahre des Menschen, unwürdig im Altersheim verkommend, führt Georg Kaser den Kampf zwischen Würde und Wahnsinn, zwischen Gerda, der Frau und Otto, dem Ehemann, und gewinnt die Schlacht des Einakters, die Schlacht der schnellen Verwandlung, die feine Nuancen nicht auslässt. Gerda ist im Altenheim, oder ist es ihr Mann Otto? Unter der Regie von Marc Günther rücken die Monologe der beiden Alten in ein erschreckend helles Licht - auf der Bühne führen beide, allen voran Gerda den letzten Kampf ihres Lebens: „Jetzt lebst du nur noch als Leberwert und Urinprobe“. Wunderbar der Kaser, weil ihm so geschmeidige, reibungslose Übergänge von Gerda und Otto, aber auch von den letzten Wahrheiten der alten Frau und den Einschätzungen, die nicht immer mehr der Realität zugewandt sein scheinen, gelingen. Sie verliert sich und kommt dem reellen Zustand doch erschreckend nahe. Hier kann sich der Zuschauer gruseln. Die von dem Grimm‘schen Märchen über das letzte Lebensalter inspirierten Einakter der beiden Süd­tiroler Autorinnen wagen es, auch böse zu sein. Und das haben Kaser und Günther großartig umgesetzt. Katharina Hohenstein
Katharina Hohenstein
Katharina Hohenstein

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.

Close