Wertvolle Stütze für Beeinträchtigte
Freizeitangebote, Fahrdienste und mehr: Die soziale Bedeutung von adlatus.
VINSCHGAU - Lachende Augen, Erlebnisse, die ohne Hilfe nicht möglich wären: Sei es ein Aufenthalt am Meer, die Besichtigung eines Bunkers in Mals, ein Trip zur Etschquelle in Reschen oder gesellige Abende. Für solche besonderen Momente sorgt adlatus, der Südtiroler Verein, der seit jeher insbesondere für die Fahrdienste für Menschen mit Beeinträchtigung und/oder eingeschränkter Mobilität, bekannt ist. Dabei handelt es sich um eine ehrenamtliche Organisation, die auch im Vinschgau sehr aktiv ist. 1978 wurde der Verein als Arbeitsgemeinschaft für Behinderte gegründet, seit Dezember 2021 trägt er den offiziellen Namen „adlatus - Verein für Menschen mit Beeinträchtigung EO.“ Die lateinischen Wörter „ad“ und „latus“ bedeuten dabei so viel wie „zur Seite stehen“ bzw. „Helfer“. Als solcher Helfer sieht sich der Verein, für den landesweit etwa 80 Freiwillige tätig sind. „Wir wollen den Menschen helfen und setzen uns seit jeher für Barrierefreiheit ein“, erklärt Verena Wolf im Gespräch mit dem der Vinschger. Sie ist seit 2005 mit dabei und als Bereichsleiterin der Vereinstätigkeit auf Landesebene unter anderem für die Freizeitgestaltung zuständig. „Dabei tut sich immer was“, weiß sie. Allein im Vinschgau gebe es zahlreiche Höhepunkte, wie auch der Bezirksvorsitzende Paul Georg Tappeiner bestätigt. „Von Ausflügen und Feierlichkeiten bis hin zur TRIADE“, betont der Kastelbeller. Die TRIADE, die 2023 erstmals in der Sportzone von Schlums stattgefunden hat, geht heuer am 22. Juni über die Bühne, erneut in Schlums. Bei der Spieleveranstaltung, die vom Bezirk Vinschgau organisiert wird, sind Mitglieder aller Landesteile zu Gast. Auf den Geschicklichkeitsparcours, bei Wurfspielen, beim Ringe werfen, beim Ultner Rumpelspiel und beim Kegeln ist für Unterhaltung und spannenden Wettbewerb gesorgt.
Seit letztem Jahr gibt es zudem ein eigenes Angebot für Personen mit kognitiver Beeinträchtigung in Schlanders. Jeden zweiten Sonntag im Monat werden in den Räumlichkeiten der Lebenshilfe für Betroffene abwechslungsreiche Freizeitaktivitäten angeboten.
Schwierige Zeiten
Dabei stand der Verein im Vinschgau noch vor einigen Jahren am Scheideweg. „Es gab eine Zeit, wo es schwierig war, Leute für den Ausschuss, die das Zepter in die Hand nehmen, sowie Freiwillige zu finden“, sagt Verena Wolf. Dies sei so um 2017 und 2018 der Fall gewesen. „Wir wollten den Bezirk aber nicht auflösen“, erklärt sie. Corona sei auch wieder eine schwierige Zeit gewesen, seitdem gehe es aber konstant aufwärts. Dies freilich dank vieler engagierter Menschen. Christine „Christl“ Eller aus Mals ist eine davon. Die Bezirksobmann-Stellvertreterin ist selbst bereits seit 1979 mit dabei. „Der Verein war von Beginn an im Vinschgau präsent und aktiv“, erklärt sie. Die offizielle Gründung einer Vinschgau-Sektion der damaligen Arbeitsgemeinschaft für Behinderte (AfB) erfolgte schließlich im Sommer 1980, Hartmann Köfler war der erste Gruppenleiter. Seitdem habe sich vieles getan, „zahlreiche Aktivitäten und Aktionen wurden in all den Jahren durchgeführt“, erinnert „Christl“ Eller. Heute zählt der Verein im Vinschgau 80 Mitglieder.
„Auf uns aufmerksam machen“
Derzeit sei man dabei, sich noch besser aufzustellen, „sich noch sichtbarer zu machen“, wie Eller und Tappeiner unisono betonen. Dies sei im Vinschgau nicht immer einfach. „Das Tal ist weitläufig, insbesondere mit den Seitentälern“, erklärt Tappeiner. Der Vinschgau reicht als adlatus-Bezirk von Graun bis zur Gemeinde Kastelbell-Tschars, Schnals inklusive. Um auf sich aufmerksam zu machen und noch mehr Zuspruch zu erfahren, setze man etwa auf eine gute Zusammenarbeit mit den Gemeindeverwaltungen. Wobei sich dies noch ausbauen lasse, ist man sich im adlatus-Vorstand einig. „Es könnte oft mehr geschehen, damit die Menschen, die es betrifft, auf uns aufmerksam gemacht werden“, so Tappeiner. Demnach könne mehr Sensibilisierungsarbeit in den Dörfern geleistet werden.
Professioneller Fahrdienst
Seit jeher ist die Gewährleistung von Mobilität für Menschen mit Beeinträchtigung ein Hauptziel des Vereins, „denn mobil sein bedeutet Teilhabe“, unterstreicht Verena Wolf. Daher absolviert adlatus seit über 30 Jahren einen professionellen Fahrdienst für Menschen mit Beeinträchtigung.
Aktuell ist man diesbezüglich auf Grund einer in erster Instanz verlorenen Ausschreibung, es handelt sich um jene für die Fahrten für Schüler/innen mit Beeinträchtigung, in einer sehr schwierigen Situation. Ab Mai wäre adlatus somit nicht mehr dafür zuständig. Hier ist das letzte Wort aber noch lange nicht gesprochen. „Es wäre ein großer Rückschlag, immerhin machen die Schülertransporte rund 58 Prozent unserer Fahrdienste aus“, so Stefan Senoner, der den Fahrdienst im Bezirk Vinschgau seit 2022 koordiniert. Die weiteren Einnahmequellen des Vereins seien die Fahrdienste für die Bezirksgemeinschaft sowie einige weitere, wie Therapiefahrten etc. und Privatfahrten in der Freizeit. Fällt der Schülerdienst weg, wäre dies für den Verein fatal. „Durch die wirtschaftliche Tätigkeit finanzieren wir unsere landesweiten Freizeitangebote für die rund 800 Mitglieder“, betont Verena Wolf. Die Busse, im ganzen Land rund 60 Fahrzeuge – ausgestattet mit entsprechenden Einstiegshilfen, Rampen etc. und Platz bietend für bis zu 9 Personen –, stehen den Mitgliedern auch an Wochenenden zur Verfügung, Ausflüge und mehrtätige Aufenthalte können kostengünstiger angeboten werden, zudem stellt adlatus entsprechende Betreuer/innen für Beeinträchtige. „Da wir in diesem Sinne keine rein wirtschaftlich orientierten Dienstleister sind, sondern es sich auch beim Fahrdienst um eine soziale Tätigkeit handelt, hoffen wir stark, dass dies von den Entscheidungsträgern berücksichtigt wird.“, so Wolf. Der Verein habe schließlich das Know-how für den Transport beeinträchtigter Menschen. 60 Fahrer sind südtirolweit im Angestelltenverhältnis bzw. auf Abruf tätig, im Vinschgau sind es 5. Hinzu komme die wertvolle Hilfe der vielen Freiwilligen.
Unterwegs mit adlatus
Eine der Berufsfahrerinnen ist Cornelia Lutz, selbst Mutter einer Tochter mit Handicap. Die Praderin kam vor rund eineinhalb Jahren zu dieser Arbeit. An einem Montag sollte für ihre Tochter Nadine der Unterricht im Oberschulzentrum in Mals beginnen. „Am Donnerstag bekam ich von Karl Stocker, dem Bereichsleiter des Fahrdienstes von adlatus in Meran den Anruf, dass man noch verzweifelt auf der Suche nach einem Fahrer sei und ob ich wen wüsste. Ich scherzte, dass ich eine Arbeit suchen würde. Er betonte, ich könne nur beginnen“, blickt Cornelia Lutz lachend zurück. Schlussendlich wurde sie vom vorherigen Fahrer eingelernt und adlatus war bereit den Führerschein B-Cap zu finanzieren. Seitdem ist sie Feuer und Flamme für ihre Arbeit und hat auch „einen guten Draht zu den Kindern“. Zudem wäre es für sie als alleinerziehende Mutter einer Tochter mit Handicap „sehr schwer. Eine passende Arbeit zu finden. So lässt es sich vereinen“. Bei adlatus fühle sie sich wohl. „Wir sind eine große Familie“, erklärt sie und hofft, auch weiterhin mit adlatus unterwegs sein zu können.