Den Bauern das Wort
Bezirksversammlung in Schlanders: Ernte, Wölfe, Gesetze
Der Saal im Kulturhaus war bis auf den letzten Platz gefüllt.
Bezirksobmann Raimund Prugger
Bauernbundchef Leo Tiefenthaler
Landesrat Arnold Schuler
Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer

Was die Landwirte bewegt 

Bei der Bezirksversammlung des Südtiroler Bauernbundes wurde zurückgeblickt, vorausgeschaut und Klartext gesprochen.  

Publiziert in 3 / 2020 - Erschienen am 28. Januar 2020

SCHLANDERS - Zahlreich waren sie erschienen. Obmänner und Obfrauen der einzelnen bäuerlichen Organisationen, Politiker, Verbandsvertreter und interessierte Landwirte. „Es freut mich, dass so viele von euch hier sind“, betonte der Vinschger Bauerbund-Obmann Raimund Prugger bei der Bezirksversammlung des Südtiroler Bauernbundes am Montag im Kulturhaus Karl Schönherr in Schlanders. Dabei gab es jedoch nicht nur Erfreuliches zu hören. Im Großen und Ganzen stehe die Landwirtschaft zwar gut da, doch insbesondere was die Obstwirtschaft betrifft, sei das vergangene Jahr ein schlechtes gewesen. „Der Verkauf der Ernte 2018 lief schlecht“, blickte Prugger zurück. Dies habe sich bei der Auszahlung 2019 bemerkbar gemacht. Insbesondere die Konkurrenz aus Polen mache den Vinschger Apfelbauern zu schaffen. „Hoffentlich können bei der Ernte 2019 bessere Preise erzielt werden“, so der Bezirksobmann. Unter anderem überlege man, künftig vermehrt auf neuere Clubsorten zu setzen. 
Beim Wein hingegen sei die Stimmung gut. Laut Leo Forcher vom Vinschger Weinbauverein könne man von einem guten Jahrgang sprechen. Die Zusammenarbeit zwischen Gastronomie und Landwirtschaft klappe ebenfalls gut. Derzeit laufen Bestrebungen, in der Umgebung rund um Schluderns ein kleines DOC-Gebiet auszuweisen. Auch in Sachen Gemüse könne man auf ein stabiles Jahr zurückblicken. Was Beeren bzw. Nischenkulturen betreffe könne man derzeit ebenfalls zufrieden sein. „Die Marillen-Ernte war etwas geringer aufgrund der Frostnächte. Aber die Qualität ist super“, betonte Prugger. Bei den Erdbeeren gebe es noch Spielraum nach oben. Die Menge reiche gerade aus „um auf dem Markt präsent zu bleiben“. Innovativ präsentiert sich die heimische Landwirtschaft was Nischenkulturen wie Heidelbeeren angeht. Die Holzwirtschaft spiele hingegen eine eher untergeordnete Rolle. Das Honigjahr sei miserabel gewesen. Die Bergwirtschaft habe oft unter schwierigen Wetterbedingungen gelitten „Aber im Allgemeinen kann man hier von einem ordentlichen Jahr sprechen“, so Prugger. Die Qualität des Futters sei gut, auch die Zuchtviehqualität stimme. In Sachen Vieh konnten ohnehin relativ gute Preise erzielt werden. Viel Lob gab es für den Vinschger Almkäse. In der Milchwirtschaft seien die Preise stabil. 
„Wie man sieht können wir auf ein vielfältiges landwirtschaftliches Angebot blicken“, freute sich Prugger. Man könne stolz sein, auf die vielen Produkte, die im Vinschgau produziert werden. Doch man habe derzeit auch mit Problemen zu kämpfen. Was die Wassernutzung betreffe, sei nicht alles eitel Sonnenschein, der Gewässerschutzplan sorge für Unstimmigkeiten (siehe dazu auch Bericht auf Seite 6-7). Ein schwieriges Thema sei nach wie vor der Wolf. „Wir drehen uns hier im Kreis. Wir müssen einen Ausweg finden“, so Prugger. Die Politik sei hier gefordert.

„Wolfsfreies Südtirol nicht mehr möglich“

Landesrat Arnold Schuler kam ebenfalls auf das Thema Wolf zu sprechen. „Ich verstehe den Unmut der Menschen. Es gibt viele Unsicherheiten. Mit Sicherheit lässt sich jedoch sagen, dass es ein wolfsfreies Südtirol nicht mehr geben wird“, betonte Schuler. Die sei im Alpenraum nicht mehr möglich. „Aber es braucht Regulierungen. Wir müssen das Problem in den Griff kriegen und Maßnahmen treffen. Von allgemeinen Regulierungen sind wir noch weit weg. Derzeit gilt es zu schauen, dass wir zumindest einzelne Tiere entnehmen können. Aber auch dies ist schwierig“, gestand der Landesrat. 
Neben dem Wolf seien die Diskussionen rund um die Landwirtschaft und die Entwicklung der Gesellschaft derzeit laut Schuler zentrale Themen. Im Hinblick auf die Ausbreitung von Pflanzenschutzmitteln tue sich so einiges. Es gelte, Abdrift zu vermeiden. Durch technische Mittel, aber auch durch „Hausverstand und Rücksicht“ könne jeder einzelne Landwirt so einiges bewirken. Injektordüsen seien eine kurzfristige, aber keine dauerhafte Lösung. 
Invasive Pflanzenschädlinge machen den Bauern immer mehr zu schaffen. Eine neue und akute Gefahr gehe derzeit von der marmorierten Baumwanze aus. Was die Entwicklung der Gesellschaft im Hinblick auf den Bauernstand betreffe meinte Schuler: „In ganz Europa steht die Landwirtschaft in der Kritik. Wir müssen den Menschen wieder klar machen, wie wichtig die Landwirtschaft eigentlich ist“. Insbesondere im Vinschgau achte man dabei auf die Vielfalt und könne bereits mit einem verhältnismäßig hohen Bio-Anteil punkten. 
Wie man die Menschen für die Landwirtschaft „gewinnen kann“, darüber referierte der Bayer Markus Sturm. Nach einem kurzen Schwärmen über die Gegebenheiten im Vinschgau mahnte er die Landwirte, auch selbst aktiv zu werden. Kommunikation sei das Um und Auf. Man müsse dabei verschiedene Kanäle, von den herkömmlichen Medien bis hin zu den sozialen Netzwerken nutzen. Dabei gelte es bei der Wahrheit zu bleiben, auch in Sachen Pestizide. 

Landesgesetz für Raum und Landschaft kommt

Zum Thema „Heimat-Landschaft-Raum“ referierte Maria Hochgruber Kuenzer. Die Landesrätin für Raumordnung, Landschaftsschutz und Denkmalpflege erklärte das neue „Landesgesetz für Raum und Landschaft“, das am 01. Juli 2020 in Kraft treten wird. Das Gesetz löse jenes für Raumordnung und Landschaftsschutz ab und berühre mehrere Bereiche wie Landschaft, Natur, Lebensraum, Wohnen, Wirtschaft, Wohlbefinden und dergleichen. Es brauche ein Umdenken in Sachen Flächennutzung. Der „Schutz von Böden“ werde nämlich immer wichtiger. Das Motto dabei laute auch „Braun vor Grün“. Sprich: Es solle dort gebaut werden, wo es Leerstand gibt. Damit müssten keine neuen Flächen ausgewiesen werden. Auch die Landwirtschaft sei gefordert. „Meine Botschaft lautet, Landschaft nutzen ja, Landschaft verbrauchen nein“, so Hochgruber Kuenzer. 
Mit dem Landesgesetz einhergehe das Gemeindeentwicklungsprogramm für Raum und Landschaft. Um gegen Zersiedelung vorzugehen, sollen dabei künftig sogenannte Siedlungsgrenzen festgelegt werden. Innerhalb derer liegt dann die Zuständigkeit nicht mehr beim Land, sondern bei den Gemeinden. Das Gemeindeentwicklungsprogramm solle das strategische Planungsinstrument der Gemeinden werden und unter Einbeziehung der Bevölkerung entworfen werden. Ebenfalls Neuigkeiten gebe es in Sachen Gemeindekommission für Raum und Landschaft. Die Kommissionen sollen künftig nur mehr aus solchen Personen bestehen, die auch laut ihren Berufsbildern als Fachleute für den Bereich gelten. Zudem soll es zu einer verstärkten Bürgerbeteiligung kommen, so könne der Bauherr sein Projekt künftig der Kommission vorstellen. Auch Lokalaugenscheine können dabei verlangt werden. 

„Bringt euch ein“ 

Monika Pichler Rechenmacher referierte über ihre Arbeit im Gemeinderat. „Wir leben in einer Demokratie und sind allesamt für ein gutes Zusammenleben verantwortlich“, so die Gemeindereferentin aus Kastelbell-Tschars, die als „bäuerliche Kandidatin“ in den Gemeinderat gewählt worden ist. Sie rief die Anwesenden dazu auf, sich in die Gemeindepolitik miteinzubringen. „Wir sind in der Politik gut vertreten und wollen das auch weiterhin sein“, betonte Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler in seinen Grußworten. Die Landwirtschaft sei sowohl in Südtirol, als auch auf europäischer Ebene gut aufgestellt. 

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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