Theiners Heimspiel im Vinschgau
Publiziert in 12 / 2009 - Erschienen am 1. April 2009
Kortsch – Es war für ihn der „bisher schwerste Gang in den Vinschgau,“ doch er kam und „ich stelle mich heute, auch wenn ich keine Chance habe.“ Der noch amtierende SVP-Obmann Elmar Pichler Rolle wusste, dass er sich am 26. März in die Hölle des Löwen begab. Bei der Abstimmung darüber, wer der neue Obmann der Sammelpartei werden soll, bekam Richard Theiner 122 Stimmen, Pichler Rolle 21. Im Bezirk Burggrafenamt hatte Theiner den amtierenden Obmann mit 153 zu 60 Stimmen ebenfalls klar abgehängt. Im Unterland gab es fast einen Gleichstand (42 Stimmen für Pichler Rolle und 41 für Theiner) und im Bezirk Wipptal bekam Theiner am vergangenen Freitag 41 Stimmen, während Pichler Rolle auf 10 kam. Bei Redaktionsschluss standen noch drei SVP-Bezirke aus: Pustertal, Bozen Stadt und Land sowie Brixen. Landesweit lag Theiner zum Stichtag der Landesversammlung am 28. März mit 357 Stimmen klar vor Pichler Rolle (133). Die endgültige Entscheidung fällt allerdings bei der Landesversammlung am 18. April.
Bei der Bezirksausschusssitzung in Kortsch stellten sich neben den Obmann-Kandidaten Theiner und Pichler Rolle auch die Kandidaten für die Obmannstellvertretung vor: Thomas Widmann und Martha Stocker.
Der amtierende Obmann Elmar Pichler Rolle bezeichnete die Autonomie als „absolut wertvolles Gut“ für den Wohlstand und den Frieden in Südtirol. Es scheine ihm jetzt nicht der richtige Zeitpunkt zu sein für Visions-Geschichten von Freistaat, Selbstbestimmung oder gar Steueroasen. Seine Vision sei es, das Land in jeder Hinsicht zu öffnen: „Südtirol muss vor allem gerechter werden.“ Er habe als Obmann immer versucht, frische Luft in die Partei zu bringen, und zwar von unten nach oben. „Ich wollte nie persönlich etwas für mich. Ich habe versucht, kritische Stimmen aufzufangen, den Dialog zu fördern und jenen zuzuhören, die an der Basis sind. Ich habe 5 Jahre alles für die Partei gegeben.“ Den „Plan B“ packte er zwar nicht aus, doch einige Breitseiten in Richtung Landeshauptmann – und nicht nur – hatte er doch parat. Von seinen Grundsätzen und Prinzipien werde er nicht abgehen, „auch wenn ich eine Niederlage einstecken muss.“ Auch Enttäuschung und Bitterkeit klangen durch: „Es gibt leider Leute, die dir immer auf die Schulter klopfen, aber wenn du dich umdrehst, ist niemand mehr da.“
Mit der Feststellung, dass es mit der Partei seit Jahren abwärts geht, begann Richard Theiner seine Rede: „Vor allem bei den jungen Leuten haben wir massiv verloren. Ebenso haben uns viele Arbeiter, Frauen und auch Inhaber von Kleinbetrieben den Rücken gekehrt.“ Die Situation sei alles eher als rosig, „und den Entschluss, als Obmann zu kandidieren, habe ich deshalb gefasst, weil ich diesem Abwärtstrend nicht passiv zusehen möchte, sondern weil ich glaube, dass wir die realistische Chance haben, das Ruder noch einmal herumzureißen.“ Als Einzelkämpfer sei das unmöglich zu schaffen, „und deshalb treten Thomas Widmann und ich als bezirks- und richtungsübergreifendes Duo an. Froh bin ich, dass jetzt auch noch Martha Stocker dazu gekommen ist.“ Südtirol sei zwar ein Erfolgsmodell, „aber wir verlieren immer mehr an Zustimmung. Die SVP ist zusehends zu einer Verwaltungspartei geworden. Wir haben uns viel zu viel mit uns selbst beschäftigt und es versäumt, Visionen, Orientierungen und Antworten zu bieten, auf die vor allem die Jugend wartet.“ Das Thema der Selbstbestimmung dürfe nicht mehr länger ausgeklammert werden: „Nicht nur deutsche Oppositionsparteien, sondern sogar Teile der Grünen reden offen über dieses Thema.“ Das Modell Autonomie sei zwar sehr erfolgreich, „aber wir müssen alle versuchen - und mit alle meine ich alle Volksgruppen in Südtirol – zu einem Mehr an Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu kommen. In fünf Jahren sei dieser Traum sicher nicht zu verwirklichen, „aber ein Mehr an Eigenständigkeit muss unser großes Ziel sein.“ Das Parteistatut sei zwar wichtig, interessiere die Leute aber wenig. Theiner: „Was die Menschen – speziell auch im Vinschgau - interessiert, ist, ob sie morgen noch einen Arbeitsplatz haben, wie man Betrieben, die in Schwierigkeiten geraten, helfen kann, und welche Antworten wir der Jugend, den Familien und den Arbeitern in Krisenzeiten wie den jetzigen zu bieten haben.“
Laut Martha Stocker befinden sich Südtirol und die SVP zurzeit in einer Umbruchstimmung. Zumal sie die Autonomie „nicht unbedingt als ausbaubar“ einstufe, brauche es „freie und kreative Visionen für die Zukunft.“ Entscheidend für die Jugend sei ein klares, überzeugtes und gelebtes Wertefundament. Fragen wie „Ist die Autonomie alles?“ oder „Bauen wir weiter?“ seien zu stellen. Die SVP müsse den Mut haben, sich auch mit unbequemen Themen zu beschäftigen. Eine Öffnung der SVP für Italiener lehnt Martha Stocker entschieden ab. Schade sei es, „wenn uns enttäuschte Idealisten abhanden kommen.“
Auch Thomas Widmann gab sich überzeugt, dass das Schiff SVP nur im Team wieder auf Kurs gebracht werden könne. Mit zentralen Themen habe sich die SVP in letzter Zeit kaum noch beschäftigt. Widmann nannte etwa die Arbeitssicherung, das „Thema“ Ausländer oder den Steuerföderalismus. Die SVP müsse mit Antworten auf diese zentralen Fragen aufwarten. Der Weg in Richtung Freistaat „wird sicher ein leidvoller, aber nicht unmöglicher, wenn wir es alle gemeinsam wollen.“
Bei der Wahl der zwei Obmann-Stellvertreter bekam Martha Stocker 46 Stimmen, Thomas Widmann 89 und Elmar Pichler Rolle 2.
Rührige Jugend
Ein großes Lob sprach die SVP-Bezirksobfrau Roselinde Gunsch Koch der Jungen Generation im Vinschgau aus: „In der Bezirksjugendleitung arbeiten sehr fleißige und motivierte Leute mit.“ Es sei aber nicht nur der Einsatz dieses jungen Teams gefragt, „sondern wir müssen alle mitarbeiten, damit wieder mehr junge Leute bei uns Heimat finden.“ Der Bezirksjugendreferent Manuel Massl stellte die Jugendarbeit im Bezirk vor sowie das Arbeitsprogramm. Das größte Ziel im heurigen Jahr sei die Gründung neuer Ortsjugendgruppen. Massl: „In rund einem Jahr finden Gemeinderatswahlen statt. Die Opposition wird kaum Probleme haben, junge Kandidaten zu bringen. Deshalb sollten auch wir uns alle dahinter setzen, speziell auch die Ortsobleute.“
Josef Laner