Sterbenszeit ist Lebenszeit
Die Hospiz verhilft zu positiven Lebens­erfahrungen in einer schweren Situation.

Mensch sein - ein Leben lang

Publiziert in 35 / 2012 - Erschienen am 3. Oktober 2012
Schwerkranke und sterbende Menschen brauchen neben Schmerzlinderung und Pflege vor allem Zuwendung, Aufmerksamkeit und Verständnis. Vinschgau - Die Caritas Hospizbewegung gibt den schwerkranken und sterbenden Menschen Raum, damit sie ihre letzte Lebensphase selbstbestimmt und würdevoll erleben können. Dazu bildet sie landesweit ehrenamt­liche Mitarbeiter aus, die schwerkranke, sterbende und trauernde Menschen in ihrer schweren Zeit begleiten. Die ständig wachsende Nachfrage nach Sterbe- und Trauerbegleitung im Krankenhaus, auf der Palliativstation, im Altenheim oder zu Hause bringt auch die Hospizbewegung im Vinschgau in einen Personalnotstand. Deshalb ist für Jänner bis Oktober 2013 eine Ausbildung für ehrenamtliche Mitarbeiter im Altersheim Laas geplant. Abgabetermin für die Bewerbungsunterlagen ist der 17. Oktober 2012. Anita Tscholl, Koordinatorin der Caritas Hospizbewegung Vinschgau, hat in einem Gespräch den Inhalt der Ausbildung und die Aufgaben der Ehrenamtlichen erklärt; Dora Wieser, seit über 10 Jahren ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Caritas Hospiozbewegung, hat offen über „die große Bereicherung“ der Sterbe- und Trauerbegleitung für sie persönlich gesprochen. "Der Vinschger": Im Mai 2001 startete erstmals im Vinschgau ein Ausbildungslehrgang der Hospizbewegung. Nun soll nach knapp 12 Jahren ein weiterer folgen. Braucht es wieder einen Lehrgang? Anita Tscholl: Es ist für uns ein großer Erfolg, dass wir im Vinschgau nach so langer Zeit wieder einen Ausbildungslehrgang anbieten können, denn er ist zum einen sehr hochwertig und zum anderen sind wir mit 16 Ehrenamtlichen völlig unterbesetzt. Welche Anforderungen stellt die Ausbildung an die Bewerber? Anita Tscholl: Die Anforderungen an die Bewerber sind vor allem die Bereitschaft, sich mit dem Thema Krankheit, Sterben und Tod auseinanderzusetzen, sich auf die Ausbildung einzulassen, sich mit sich selbst auseinander zu setzen und sich auf das Lernen in einer Gruppe einzulassen. Weitere Voraussetzungen sind eine offene und wertschätzende Haltung dem Menschen gegenüber, eine zeitliche Verfügbarkeit, die Fähigkeit sich zurückzunehmen und zu kommunizieren, Sensibilität, Einfühlungsvermögen und Verschwiegenheit. Die Ausbildung ist kostenlos und umfasst mit dem Praktikum 163 Stunden. Hospiz ist nicht nur Sterbe- und Trauerbegleitung, sondern auch Lebensbegleitung in einer schwie­rigen Phase des Lebens. Wie ist das zu verstehen? Anita Tscholl: So wie die Geburt gehört auch der Tod zum Leben. Beides sind Teile des Lebens, wenn auch mit besonderen Bedürfnissen. In kaum einem anderen Moment wie in der Geburt und dem Sterben ist das Leben so nahe und so unmittelbar zu spüren. Vieles wird unwichtig und es zählt der Moment. Sie haben Ihre Ausbildung bereits 1999 in der Lichtenburg gemacht. Gab es für Sie einen Anlass, diesen Lehrgang zu besuchen? Dora Wieser: Ein Trauerfall in der Familie, der schon einige Jahre zurücklag, hat in mir viele offene Fragen hinterlassen. Diesen Fragen wollte ich auf den Grund gehen. Was haben Sie für sich persönlich in Ihrer Ausbildung und in all den Jahren als ehrenamtliche Mitarbeiterin gelernt? Wie wertvoll sind Ihre Erfahrungen in der Hospizbewegung? Dora Wieser: Die Ausbildung verschafft einen guten Weg für Lebenskompetenz und Lebenskultur. Die respektvolle Haltung überträgt sich auch ins tägliche Leben und gibt eine neue Gesprächskultur. Für mich ist die Sterbe- und Trauerbegleitung eine große Bereicherung für mein Älterwerden. Ich übe verstärkt Achtsamkeit meinem Umfeld, den Betroffenen, deren Angehörigen und mir selbst gegenüber. Selbstsorge ist sehr wichtig. Was ist den Betroffenen und deren Angehörigen wichtig? Anita Tscholl: Das verbindliche Dasein ist ein großes Geschenk. Dabei muss man nicht der Akteur sein, sondern vielmehr der Begleiter, der einfach da ist, zuhört, mitfühlt, schweigt. Man kann Angehörige durch seine Anwesenheit stützen und ein stärkendes Gefühl geben. Oder man kann ihnen die Möglichkeit geben, dass sie sich ausruhen und neue Kraft schöpfen können. Viele Menschen haben eine Hemmschwelle, die Sterbebegleitung in Anspruch zu nehmen. Anita Tscholl: Die Hospiz begleitet Schwerkranke und unheilbar Kranke, nimmt aber nicht alle Hoffnung, sondern verhilft zu positiven Lebenserfahrungen in einer schweren Situation. Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher
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Vinschger Sonderausgabe

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