Hintergründe einer Erfolgsgeschichte
Für den Oberen Vinschgau war die Gründung der Sportoberschule ein folgenreiches und erfolgreiches Ereignis.
Mals - Da saß er nun in seinem Wintergarten im Margunweg, nordöstlich vom Tatort Oberschulzentrum. „Der Max der Bliem“ hatte auch in seinem 83. Lebensjahr noch jenen ironisch-belustigten Ausdruck, mit dem er seit 1967 auf die Bildungslandschaft des Vinschgaus schaut. Er schaut nicht nur, er hat sie geprägt und das weiß er selbst sehr genau. Zwar erinnerte er im ersten Satz an die Verdienste von Direktor Paul Thöni, aber der zweite war ein typischer Bliem-Sager: „Die Schlanderser sind fast krank geworden, als man noch vor ihnen in Mals eine Kaufmännische Lehranstalt eröffnete.“ Max Bliem schmunzelte, als er aus der Urzeit der Malser Oberschulen erzählte.
Die vereinigten Hüttenwerke
Um auf die Gründung der Sportoberschule zu kommen, nahm er den Umweg über die ehemaligen Handelsschüler Gustav und Roland Thöni, die sogar nachts aus Val d’Isere zurückgefahren seien, um zu Unterrichtsbeginn in der Schule zu sein. „Wir hatten damals keine Räume. Auf 8 Häuser waren wir verteilt“, erzählte er. Lehrer hätten auf ihre Tricots „Vereinigte Hüttenwerke“ gemalt. Es habe dann geheißen: „Wo ein Loch frei ist, ist der Bliem drin.“ „Ja und dann kam eine Schülerflaute und jeder wollte einen Sportzug führen. Als auch noch die „Oberschulreform 92“ über uns hereinbrach, wurden alle bocknarrisch“, erinnerte sich Bliem. „Doch wir hatten Glück. Die Stamser (Sportschule) haben uns sehr geholfen und die Pusterer haben gezögert, weil ihnen eine Sportoberschule auf ihrem ‚Goldkopf‘, ihrem Kronplatz, nicht gepasst hat.“ Auch in Mals sei die Verwaltung nicht sonderlich schulfreundlich gewesen. Der Bliem bringe nur Arbeit, habe es geheißen. „Dass wir aber das Oberschulzentrum nach der Hoppe zum zweitgrößten Arbeitgeber im Oberen Vinschgau gemacht haben, haben sie noch nie gesagt“, klang es leicht entrüstet (derzeit bietet das Oberschulzentrum 152 Arbeitsplätze). Auch sei es laut Landeshauptmann Luis Durnwalder nie passiert, erzählte Bliem stolz, dass jemand um 6 Uhr zur Sprechstunde gekommen sei und auch schon wusste, was er will. Es ging um das Startkapital für die Sportoberschule.
Süditalienische Impulse
Weitere Episoden und Geschichten rund um die Gründung der Sportoberschule hatte der Deutschlehrer Franz Xaver Kircher in der Broschüre „50 Jahre Oberschule Mals“ gesammelt. So ließ er Josef Hofer (Direktor von 2002 bis 2008) von süditalienischen Anregungen für eine Sportoberschule berichten. Direktor Bliem (1994 bis 2002) und sein Stellvertreter Hofer hatten sich zur Fortbildung des Unterrichtsministeriums auf Ischia gemeldet. Dort genossen sie nicht nur das 5-Sterne-Hotel, sondern erfuhren auch, welche Fachrichtungen Handelsoberschulen in Süditalien anboten, u.a. für „marinai und pescatori“, für Seefahrer und Fischer. Der Gedanke war naheliegend: Entsprechend dem alpinen Norden könnte man Bergführer, Skilehrer und Wintersportler ausbilden. Der Deutsch- und Geschichtelehrer Franz Xaver Kircher aus Schluderns war Redakteur der 150 Seiten starken Festbroschüre vor 2 Jahren und ist mit Sport-Koordinator Roland Brenner und Italienischlehrerin Gloria Briani aus Rovigo auch Organisator und Autor der Festbroschüre „25 Jahre Sportoberschule Mals“. Seit 1997 gehört er zum „Lehrkörper“ der Sportoberschule, die als Schultyp eine Handelsoberschule, ehemals HOB, und seit der Reform 2010 eine Fachoberschule für Wirtschaft (FOWI) ist.
Stimmen einiger Geburtshelfer
In der Jubiläumsbroschüre „25 Jahre Sportoberschule“ dürfen ab dem Festakt am Freitag, 31. Mai ehemalige Direktoren, Lehrpersonen, Trainerinnen und Trainer, Absolventinnen und Absolventen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sponsoren und Freunde blättern. Die Reihe der Grußworte eröffnet der seit 2016 amtierende Direktor Werner Oberthaler. Laut Autor Kircher habe er von seinem Vorgänger Gustav Tschenett ein wohlbestelltes Haus übernommen. Direktor Obertaler schreibt über die zweifache Matura an der Sportoberschule, einmal als solide, schulische Ausbildung und dann als Lebensschule und Vorbereitung auf eine berufliche Laufbahn. Nach Landeshauptmann und Sportlandesrat Arno Kompatscher und Schullandesrat Philipp Achammer hat sich Schulamtsleiterin Sigrun Falkensteiner besondere Gedanken zu MALS gemacht. Sie hat im M den Mittelpunkt für Schülerinnen und Schüler gesehen. Bei A dachte sie an unkonventionelles Agieren, bei L an Leistung als Prinzip und bei S an Spaß am Gestalten. Landesbildungsdirektor Gustav Tschenett (Direktor der Sportoberschule von 2008 bis 2016) hat über das Zusammenspiel von Schul- und Sportausbildung nachgedacht. VSS-Obmann Günther Andergassen sieht in der Allianz „Bildung und Sport“ den festen Stand auf „zwei Beinen“.
Mann der ersten Stunde
Autor Kircher geht im geschichtlichen Teil auf die Baugeschichte ein und nennt das sogenannte Promotorenkomitee. Hinter Josef Hofer, Gustav Tschenett, Markus Westreicher, später Martha Stocker als Schulexpertin der SVP, Günther Andergassen vom VSS, Martin Wieser, FISI Südtirol, und der Südtiroler Sporthilfe habe Direktor Max Bliem als „graue Eminenz“ agiert. Es folgen Erinnerungen und Statements in Deutsch und Italienisch von beruflich besonders erfolgreichen Sportoberschulabsolventinnen und –absolventen. Die Medaillen- und Titelsammler, also die Perlen der Sportoberschule, stellte Roland Brenner vor. Der ehemalige Skirennläufer aus der Stilfser Fraktion Gomagoi gehört zu den „Männern der ersten Stunde“ und hat nach seiner aktiven Zeit 5 Jahre lang Alberto Tomba trainiert. Man habe ihn von der Finanzwache in Moena „losgeeist“, erzählte Kircher, und ihn als Koordinator zwischen den Bereichen Ski Alpin, Biathlon, Langlauf, Rodeln/Naturbahn/Kunstbahn und Snowboard eingesetzt.
Schüler aus 13 Nationen
Brenner ist für verschiedene Aufgaben an der Schule zuständig, für technische Fragen, für Kontakte mit Verbänden, für Materialbeschaffung, für Leistungstests u.v.m. Im Bereich Langlauf liegen die technischen Aufgaben bei Veit Angerer. Für die Snowboarder ist Gert Ausserdorfer in der Praxis zuständig. Für die Biathleten sprechen Veit Angerer und Andreas Kuppelwieser und für die Rodler Othmar Tribus. Roland Brenner erinnert sich an die 1. Klasse 1994/95 mit dem starken Jahrgang 1980. Patrick Staudacher aus Sterzing gehörte dazu, der erste Weltmeister aus der Sportoberschule. Dieselbe Klasse besuchte als erste Vinschgerin Nicole Gius aus Stilfs. Die erste „Ausländerin“ war die österreichische Skilangläuferin Sandra Weissmann aus Ehrwald. Inzwischen haben Schülerinnen und Schüler aus 13 Nationen und von 3 Kontinenten die Sportoberschule besucht. Als erste italienische Provinz schickte das Trentino Michele Donini aus Andalo und Matteo Bortolotti aus Val Lagarina nach Mals. Damals der erste Nicht-EU-Schüler war der Bulgare Zahari Yanakiev. Die ersten Schweizer waren die Gebrüder Marco und Thomas Tumler. Die erste Weltcup-Siegerin war die Naturbahnrodlerin Erna Schweigl aus Platt in Passeier. Die ersten olympischen Medaillen holten Christof Innerhofer, Dorothea Wierer, Karin Oberhofer und Dominik Windisch 2014 bei den Spielen in Sotschi.