„Es braucht dich und es braucht alle“
Publiziert in 14 / 2015 - Erschienen am 15. April 2015
„Ära Franz Tappeiner“ geht zu Ende
Galsaun - Am Peter-und-Pauls-Tag vor 35 Jahren wurde Franz Tappeiner aus Galsaun zum Inspektor des Feuerwehrbezirks Untervinschgau gewählt. Von 1980 bis 1995 war er Bezirksinspektor, von 1995 bis zum vergangenen Samstag Bezirkspräsident. Auch „seine“ Feuerwehr Galsaun hat Tappeiner über viele Jahre in leitender Position geführt. Die Vorgabe, wonach im Feuerwehrwesen ab dem 65. Lebensjahr keine Führungsfunktion mehr ausgeübt werden kann, gilt auch für Franz Tappeiner, der heuer im Oktober 65 wird. Froh zeigte er sich im Gespräch mit dem
der Vinschger darüber, dass die Möglichkeit geschaffen wurde, auch mit mehr als 65 Jahren bei der Feuerwehr bleiben zu können, obwohl es nicht mehr erlaubt ist, in führender Position mitzuwirken oder bei Einsätzen an vorderster Front zu stehen.
der Vinschger: Was waren die größten Veränderungen in den vergangenen 35 Jahren?
Franz Tappeiner: Das ist sicher die Ausbildung zu nennen. Ich kann mit Stolz feststellen, dass unser Bezirk in diesem Punkt mittlerweile sehr gut aufgestellt ist. Allein im Vorjahr haben von den insgesamt 812 aktiven Wehrleuten unseres Bezirks nicht weniger als 379 Ausbildungslehrgänge an der Landesfeuerwehrschule absolviert. Unter unseren 18 Feuerwehren gibt es eine mit 38 Aktiven, von denen im Vorjahr 35 an Ausbildungen teilnahmen. Bei einer weiteren Wehr waren es 38 von 47 und bei wieder einer anderen 44 von 62. Das sind schon beeindruckende Zahlen.
Welche Einsätze, die Sie in den vergangenen 35 Jahren erlebt haben, werden Sie nie vergessen?
Da gibt es einige. Die Unwetter zu Pfingsten 1983, das Hochwasser im August 1985, die Marteller Flutkatastrophe 1987, die vielen Waldbrände zwischen der Latschander und Kastelbell, Großbrände in anderen Orten, der Verkehrsunfall auf der Juvaler Straße mit 5 Toten und mehreren Verletzten im Jahr 2008 und das Zugunglück vor 5 Jahren in der Latschander, bei dem 9 Menschen starben und 28 weitere zum Teil schwer verletzt wurden.
Braucht es wirklich in allen Orten eigene Feuerwehrgebäude?
Ja. Um in Notfällen rasch eingreifen zu können, braucht es nicht nur ortskundige Wehrleute, sondern auch die notwendigen Fahrzeuge und Geräte. Und diese müssen eben irgendwo untergebracht werden. In manchen Orten, zum Beispiel am Sonnenberg, aber nicht nur, befinden sich viele aktive Wehrleute untertags aus Arbeitsgründen auswärts. Es gibt Orte, in denen tagsüber nur ca. 30% der Aktiven präsent sind. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, schnell auf Fahrzeuge und Geräte zurückgreifen zu können. Ich nenne als Beispiel die Fraktion Tanas. Wenn es dort brennt und wenn es keine Wehr vor Ort gäbe, würde es ziemlich lange dauern, bis die Feuerwehr von Allitz einträfe. Wie notwendig die Wehren und Feuerwehrhallen sind, merkt man besonders dann, wenn sie gebraucht werden. Ich beziehe mich hier nicht nur auf Brände, Unfälle und andere Einsätze, sondern auch auf Dienste, wie sie z.B. nach den jüngsten Brandvorfällen in Göflan, Schlanders und anderen Orten ausgeführt werden.
Oft wird darüber geklagt, dass für Fahrzeuge und Geräte zu viel Geld ausgegeben wird.
Der Ausrüstungsstand und der Fuhrpark der Feuerwehren in unserem Bezirk sind in keiner Weise als übertrieben anzusehen. Man bemüht sich seit Jahren, eher abzubauen statt aufzustocken. Andererseits haben mehrere Großeinsätze der jüngsten Vergangenheit gezeigt, wie wichtig es ist, im Falle der höchsten Brandalarmstufe möglichst schnell sehr viele Wehrleute und Fahrzeuge zusammenziehen zu können. Was übrigens die technischen Einsätze betrifft, ist es unter meiner Führung gelungen, Kleinrüstfahrzeuge auf nur 5 Stützpunkte zu konzentrieren, nämlich auf Galsaun, Latsch, Schlanders, Laas und Martell.
Wie hat sich der Mitgliederstand der Feuerwehren im Untervinschgau seit 1980 bis heute entwickelt?
1980 gab es in unserm Bezirk, der das Gebiet von Tschars bis Tschengls umfasst, 680 aktive Wehrleute. Heute sind es 812. Fast zwei Dutzend davon sind Frauen. Die Zahl der Jugendgruppen stieg von 3 auf 7. Wir haben heute insgesamt 74 Jugendliche, die sich in den Jugendgruppen engagieren.
Wir stark ist das Ehrenamt heute noch verwurzelt?
Ich glaube schon, dass das Ehrenamt noch immer eine große Rolle spielt. Junge Wehrleute suchen Vorbilder. Auch ich habe seinerzeit nach Vorbildern gesucht und sie auch gefunden. Junge Leute müssen in der Feuerwehr Sinn und Ordnung. Und sie müssen sich vor allem gebraucht fühlen.
Welche Rolle spielen die Feuerwehren als Vereine in der Dorfgemeinschaft?
Eine sehr wichtige. Abgesehen von ihrem eigentlichen Wirken nehmen sie auch im kulturellen, gesellschaftlichen, religiösen und sozialen Bereich einen großen Stellenwert ein. Man braucht nur an die zunehmende Vereinsamung vieler Menschen in unserer modernen Gesellschaft zu denken. Was Feuerwehren allerdings brauchen, sind gute und starke Führungskräfte, die es verstehen, den Frieden in der Feuerwehr und auch im Dorf zu erhalten. Die Feuerwehren dürfen sich nicht missbrauchen lassen. Weder politisch noch in einer anderen Form.
Welches Vermächtnis geben Sie ihrem Nachfolger Thomas Tecini mit auf den Weg?
Ich möchte ihm das Motto „Es braucht dich und es braucht alle“ mitgeben. Und noch eine andere Aussage, die oft aus der Bevölkerung zu hören ist: „Ich vertraue auf die Feuerwehr, weil ich mich auf sie verlassen kann.“
Interview: Sepp Laner
Josef Laner