Damit Wohnen lebenswert bleibt
Seit 10 Jahren werden an der Schlanders Baubiologen ausgebildet. 14 Anwärter, davon 5 Vinschger, erhielten kürzlich ihre Diplome.
Schlanders - Nach dem Verein „baubiologie Südtirol“ ist „Baubiologie die Lehre von den ganzheitlichen Beziehungen zwischen den Menschen und ihrer Wohn-Umwelt“. Dass dem tatsächlich so ist, wollte der Allgemeinmediziner Horst Tippenhauer aus Miltenberg in Bayern mit einem aufrüttelnden Referat untermauern. Es war gewissermaßen die letzte Fortbildung vor der Diplom-Übergabe an die neuen Baubiologen. Sie war öffentlich zugänglich und wurde von Angehörigen, von Ärzten und Interessierten genutzt. Es ging um das Zusammenspiel Baubiologie und Umweltmedizin. Die Ausführungen des Naturheilmediziners Tippenhauer ergänzte der Baubiologe und Messtechniker des „Instituts für Baubiologie und Nachhaltigkeit IBN“ im oberbayerischen Neubeuren, Bernd Kinze. Was so alles auf den Tisch bzw. an die Leinwand kam, hinterließ nachdenkliche und betroffene Mienen. Tippenhauer bezeichnete die „Entgiftungsaufnahmekapazität der Organe“ als „Müllbeutel“, der „solange Abfall aufnehme, bis er platze.“ Die Ursachen, dass der Organismus reagiere, könnten Parasiten oder Viren und Bakterien in der Wohnung sein, aber auch Zahnstörfelder, Nahrungsmittelallergien, Elektro-Frequenzbelastungen oder Radioaktivität, Schimmelpilze, chemische oder Metall-Belastungen. Die Folgen würden von hormonalen Störungen über Schleimhaut-Schwellungen bis zu Tumoren und Kinderlosigkeit reichen.
Krass, aber wirksam
Auf die Feststellung von Peter Spechtenhauser, verantwortlich für Weiterbildung an der Berufsschule, dass „der Vortrag schon sehr krass“ sei, meinte der Mediziner sinngemäß: „Ich musste Gas geben, dass etwas bleibt, dass die Leute überhaupt nachdenken.“ Tippenhauer präsentierte ein vierstufiges Therapieprogramm mit Entgiftung von Toxinen, der Versorgung mit Vitaminen und Mineralien, der Reinigung des Körpers von Bakterien und Darmpilzen und schließlich mit der Stärkung des Immun- und Organsystems u.a. mit gezielter Frequenztherapie. Der Baubiologe Bernd Kinze beschloss den Vortragsabend mit Ausführungen über die Belastung durch mögliche Magnetfelder in der eigenen Wohnung und merkte an: „Jeder ist selbst für seinen Schlafplatz verantwortlich“. Dazu hatte er einen überraschend einfachen Rat parat: „Stecker ziehen!“ Auf die Frage, wie er Elektroinstallationen in Südtirol beurteile, meinte Kinze: „Sehr oft fallen sie sehr fragwürdig aus. Es werden häufig nicht einmal die EU-Vorschriften eingehalten.“
Idealisten als Referenten
Die einjährige, berufsbegleitende Fortbildung an der Landesberufsschule mit ursprünglich 18 Teilnehmern aus allen Bezirken Südtirols hatte Bernd Kinze am 13. Jänner 2017 eröffnet. In 6 Stunden wurden die Grundlagen des ökologischen und energiesparenden Bauens und der Kreislaufwirtschaft vermittelt. Es wurde über die Lebensgeschichte der Materialien von der Herstellung über den Einsatz bis zur Entsorgung und über deren direkte und indirekte Auswirkung auf die Umwelt und den Menschen referiert. Die Begriffe Systemdenken, Kybernetik und Energiesysteme wurden geklärt. In die Möglichkeiten der Wärme-, Kälte-, Warmwasser- und Stromerzeugung wurde eingeführt. 17 Referenten kamen in den 262 Theorie- und Praxisstunden zum Einsatz. „Einer unserer Grundsätze bei der Erstellung der Referentenliste war, absolute Fachmänner und -frauen zu verpflichten - möglichst die Besten ihres Faches“, erklärte Peter Spechtenhauser, der zusammen mit Karin Stricker in der Verwaltung für die Koordination des Kurses an der Landesberufsschule zuständig war. „Es sind sehr viele Idealisten darunter, die mit Herzblut ihre Erfahrung und ihr Wissen weitergeben wollen; sie wollen, dass es den Menschen gut geht“, ergänzte Spechtenhauser. Er erwähnte den im Vinschgau bekannten Verkehrsexperten Hermann Knoflacher, der die Themen Verkehr, regionale Wirtschaft und Raumordnung mit Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte behandelte. Selbst Vinschger begeisterte der Universitätsprofessor im Ruhestand Florin Florineth mit Ausführungen über die Begrünung von Dächern, Fassaden und Terrassen, über Innenraumbegrünung, über Aussaaten und fachgerechte Pflanzung.
Jeder lernte von jedem
Ebenfalls für Programmerstellung und Verpflichtung von Referenten zuständig war der Bozner Architekt und Baubiologe Bernhard Oberrauch. In Zusammenarbeit mit dem Verein „baubiologie Südtirol“ war er der „inhaltliche Koordinator“, stand auf seinen Spezialgebieten selbst als Referent vor den Teilnehmern und schlug vor beziehungsweise beriet bei der Wahl der Themen für die geforderten Facharbeiten. Vor dem letzten Drittel des Kurses wurden Fallbeispiele und deren Anwendung in der Praxis besprochen. Den Teilnehmern wurden Prüfungsfragen vorgelegt und die Möglichkeit geboten, ihren Wissensstand zu überblicken. „Die Facharbeit gab Gelegenheit, ein Thema zu vertiefen, musste aber auch allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden“ sagte Oberrauch. Alle Arbeiten würden parallel an der Berufsschule in Schlanders und bei IBN in Neubeuren bewertet, erklärte Spechtenhauser. Daniele Capra aus Prad hat sich in seiner Arbeit mit „Architektur und natürliche Materialien. Ihre Auswirkung auf den Menschen“ beschäftigt. Stefan Greiss aus Tarsch hat als Thema „Wohnpsychologie“ gewählt. Für Michael Reichegger aus Latsch war das „Bauen mit Stroh“ wichtig. Mit „Lehm & Kalkputz“ hatte sich Günther Stricker aus Tartsch befasst. Die Problematik von „Umweltkennzeichnungen und Umweltproduktdeklaration“ hatte Daniel Tappeiner aus Schlanders aufgegriffen.