Betrügerische „Mietverträge“?

Publiziert in 10 / 2006 - Erschienen am 17. Mai 2006
Schlanders/Prad – Zu einer Strafanzeige wegen krimineller Vereinigung, erschwerten Betruges und Fälschung einer Privaturkunde ist es kürzlich im Zusammenhang mit einem Immobilien-Kaufvorvertrag in Schlanders und einer fragwürdigen „Mietvereinbarung“ gekommen. Zur Vorgeschichte: Ein Bauunternehmer aus Schlanders hat im Dezember 2003 mit den Besitzern eines Gebäudes und eines Grundstückes in Schlanders einen Kaufvorvertrag abgeschlossen. Die Besitzer der Liegenschaften verpflichteten sich, die Immobilien für 950.000 Euro zu verkaufen. Die Besitzübergabe sollte innerhalb 31. März 2006 erfolgen. Etwas mehr als 760.000 Euro hat der Bauunternehmer bereits nach der Unterschrift des Kaufvorvertrages bezahlt. Als sich die Immobilien-Besitzer Ende 2005 aber plötzlich weigerten, den notariellen Kaufvertrag zu unterschreiben, sah sich der Bauunternehmer gezwungen, einen gerichtlichen Vertragabschluss zu erwirken. Der Klageakt wurde den Besitzern am vergangenen 14. Jänner zugestellt. Im Februar erfuhr der Bauunternehmer, dass die Besitzer am 16. Jänner 2006, also zwei Tage nach der Klage-Zustellung, mit einem Bauer aus Kortsch in Ferrara einen „Mietvertrag“ bis 2035 abgeschlossen haben. Dieser Vertrag wiederum soll auf eine „Mietvereinbarung“ zurückgehen, die am 23. Oktober 2003, also rund eineinhalb Monate vor dem Abschluss des Kaufvorvertrages, in Ferrara zwischen den Besitzern und dem Bauer aus Kortsch unterzeichnet worden sein soll. Die „Vereinbarung“ soll am 4. Jänner 2006 in Ferrara registriert worden sein. Am 16. Jänner 2006 wurde sie für die Eintragung in das Grundbuch als Privaturkunde notariell beglaubigt. Die Besitzer der Liegenschaften sollen den Käufer vom Miet- bzw. Pachtvertrag nicht informiert haben. Wäre das der Fall gewesen, hätte der Bauunternehmer den Vorvertrag wohl nicht abgeschlossen und erst recht nicht die Anzahlung geleistet. Bei den Liegenschaften handelt es sich um Immobilien, die im Bauleitplan der Gemeinde Schlanders als „Zone für touristische Einrichtungen, Diskotheken“ ausgewiesen sind. Eine anderweitige urbanistische Nutzung ist demnach auszuschließen. Der Bauunternehmer hatte beabsichtigt, eine Diskothek zu bauen. Zusätzlich zum Mietvertrag liegt auch ein Beschlagnahmeakt zu Gunsten zweier Immobiliengesellschaften im Ausmaß von 200.000 Euro vor. Dieser Akt wurde dem Bauunternehmer am 15. Februar 2006 zugestellt. In der Anzeige wird der Verdacht geäußert, dass der „Mietvertrag“ zwischen den Besitzern und dem Bauer nicht im Oktober 2003, sondern erst viel später, möglicherweise erst Anfang 2006, in Ferrara abgeschlossen wurde, um die Besitzübergabe zu umgehen bzw. zu verzögern. Als Vermieter oder Pächter soll der Bauer erst Anfang dieses Jahres in Erscheinung getreten sein. Der Richter Stefan Tappeiner (Außenstelle Schlanders des Landesgerichtes Bozen) hat in diesen Tagen die Beweisaufnahme zum Verfahren verfügt. Einen ähnlich gelagerten Fall soll es außerdem in Prad geben. Auch dort soll der Bauer aus Kortsch mit einem verschuldeten Grundeigentümer einen Mietvertrag in Ferrara abgeschlossen haben. In Prad geht es um eine Bauparzelle, die im Juni dieses Jahres versteigert werden soll. Dass künftig noch weitere „Fälle“ auftauchen, ist nicht auszuschließen. Hand in Hand mit der Strafanzeige beschäftigt sich jetzt auch die Staatsanwaltschaft mit der Angelegenheit. Eine Anzeige ist mittlerweile auch im Zusammenhang mit dem obgenannten Beschlagnahmeakt erstattet worden.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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