Am Ende war Prad immer Gewinner
Gerhard Mumelter, Thomas Kager und Buchautor Christoph Franceschini (v.l.)

„Beispiellose Arroganz“

Publiziert in 41 / 2014 - Erschienen am 19. November 2014
Buch „SELfservice“ vorgestellt Bozen/Vinschgau - Zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren ist der ehemalige SEL-General­direktor Maximilian Rainer am 12. November im sogenannten „Stein an Stein“-Prozess wegen Betrugs verurteilt worden. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Rainers Verteidiger hat Berufung angekündigt. Ex-SEL-Präsident Klaus Stocker und Ex-Aufsichtsratspräsident Franz Pircher waren in dieser Causa bereits 2013 in einem verkürzten Verfahren zu je eineinhalb Jahren Haft verurteilt wurden. In der ­Affäre „Stein an Stein“ geht es um ein Kraftwerk in Mittewald. Rainer und Co. sollen den SEL-Verwaltungsrat getäuscht haben, um sich selbst das Kraftwerk zu sichern. „Die ‚Stein an Stein’-Geschichte ist nur eine von verschiedenen Affären, die zum SEL-Skandal gehören. Im Zentrum steht der Schwindel um die Vergabe von über einem Dutzend Konzessionen für Großkraftwerke“, hatte Christoph Franceschini zwei Tage vor der Verurteilung Rainers bei der gut besuchten Vorstellung seines Buchs „SELfservice – Ein Südtiroler Skandal“ in Bozen erklärt. Der Journalist und Autor hatte unzählige Dokumente und Akten gesichtet, Interviews geführt und recherchiert, um den sogenannten SEL-Skandal aufzuarbeiten. Gerhard Mumelter, Romkorrespondent der Wiener Tageszeitung „Der Standard“, bezeichnete das knapp 400 Seiten umfassende, in der Edition Raetia erschienene Buch als „bein­druckendes Sittenbild“ des Landes Südtirol, in dem der „SEL-Sumpf“ erstmals aus journalistischer Sicht umfassend „trockengelegt“ werde. Als gemeinsamen Nenner aller beschriebenen Affären nannte ­Franceschini die Unverfrorenheit und Arroganz, mit der die Hauptakteure vorgegangen seien. Der Anfang allen Übels Den Anfang allen Übels sieht der Autor im Umstand, „dass man bei der Konzessionsvergabe eine Konstellation zugelassen hat, bei der das Land faktisch gleichzeitig Schiedsrichter und Spieler auf dem Spielfeld des Stromgeschäftes ist“. Auf diesen Umstand hatten die Vinschger „Stromkämpfer“, in erster Linie die damaligen Bürgermeister von Graun und Mals, Albrecht Plangger und Sepp Noggler, sowie der Prader E-Werk-Präsident Georg Wunderer, schon vor vielen Jahren immer wieder hingewiesen. Bei der Buchvorstellung im Hotel „Laurin“ hörten Plangger und Noggler, ­mittlerweile Kammerabgeordneter bzw. Regionalassessor, daher besonders aufmerksam hin. Im Buch wird auch dargelegt, wie man versuchte, „lästige Unruhestifter abzukanzeln“ oder anderweitig unter Druck zu setzen. Der Verdacht, dass auch beim Kraftwerk Laas/Martell geschwindelt worden sein könnte, hatten Plangger und Noggler ziemlich rasch gehegt. Rainer und Ex-Landesrat Michl Laimer waren in einem gerichtlichen Vergleich wegen der Manipulation von SEL-Unterlagen bei der Konzessionsvergabe für 11 Kraftwerke zu über zwei Jahren Haft verurteilt worden. Je zwei Monate kamen später dazu, weil auch bei der Vergabe der Konzession für das Kraftwerk Laas/Martell das ursprüngliche SEL-Projekt ausgetauscht worden sein soll.Unter dem Kapitel „Angriff auf Noggler“ wird beschrieben, wie auf eine brisante Anfrage von Noggler reagiert wurde. SEL-Kritiker innerhalb der SVP sollten laut Franceschini mundtot gemacht werden. In einem im Buch abgedruckten Brief eines langjährigen SEL-Mitarbeiters heißt es: „Mit Ausnahme einiger Vinschger Bürgermeister erlaubte sich niemand, von Generaldirektor Rainer gemachte Vorschläge bzw. geäußerte Gedanken öffentlich anzuzweifeln bzw. zu kritisieren.“ Neben den zwei „Protagonisten“ Michl Laimer und Maximilian Rainer wird auch auf die Rollen von Klaus Stocker, Franz Pircher und anderen eingegangen. Franceschini sieht im SEL-Skandal „die direkte Folge eines politischen Systems, in dem eine Partei seit fast sechs Jahrzehnten absolutistisch regiert; einer Situation, in der sich eine Arroganz der Macht herausgebildet hat, die weder Grenzen noch Scham kennt. Sie SEL war jahrelang ein Selbstbedienungsladen für eine Clique.“ Thomas Kager und ­Gottfried Solderer vom Raetia Verlag freuten sich, dass es gelungen ist, die „Stromgeschichte“ erstmals in Buchform aufzuarbeiten. Blinder Wut erteilte Solderer allerdings eine Absage: „Was wir brauchen, ist Zivilcourage.“ Bereits 2. Auflage Zumal die 1. Auflage des Buches „SELfservice“ bereits ausverkauft ist, kündigte der Raetia Verlag am Freitag an, „dass die 2. Auflage in fünf Tagen erscheint.“ In Kürze soll es das Skandal-Buch auch als E-Book geben.Sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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