„A feine Soch“
Neue Busverbindung findet viel Zuspruch. Umsteigen braucht man jetzt nicht mehr.
Mals/Landeck - Stilfser Bergkräuter und Tee. Das hat Siegi Platzer für seine Freunde in Wien eingepackt. Er ist um 8 Uhr in Stilfs mit dem Bus losgefahren und wartet jetzt am Bahnhof in Mals auf den Bus der Linie 273, der ihn nach Landeck bringen soll. Siegi ist etwas gespannt, „denn heute fahren zum ersten Mal die Direktbusse.“ Es ist Sonntag, der 10. Dezember. Über Nacht hat es geschneit. Als der Stilfser wenige Minuten vor der Abfahrt, die für 9.43 Uhr angesagt ist, einsteigt, drängen noch viele weitere Gäste in den Bus, darunter viele junge Leute in Skianzügen. Der allererste Direktbus Mals-Landeck ist das nicht, denn 3 sind schon zuvor abgefahren und zwar um 6.43 Uhr, 7.43 Uhr und 8.43 Uhr, und weitere 10 werden bis zur letzten Fahrt um 19.43 Uhr noch folgen. Seit dem 10. Dezember kann man jeden Tag, also 365 Tage im Jahr, jeweils 14 Mal pro Richtung mit der Direktlinie 273 von Mals nach Landeck bzw. von Landeck nach Mals fahren. In Mals starten die Busse immer 17 Minuten vor der vollen Stunde, am Bahnhof Landeck-Zams jeweils 20 Minuten vor der vollen Stunde.
Geblieben ist nur die Nummer 273
Betrieben wird die Direktlinie vom Bus- und Reiseunternehmen Silbernagl im Auftrag des Verkehrsverbundes Tirol (VVT). „Von der bisherigen Linie ist eigentlich nur die Nummer 273 geblieben“, sagt der Unternehmer Markus Silbernagl. Die Linie 273 werde jetzt nicht mehr als Linie auf italienischem Staatsgebiet geführt, sondern als Verlängerung der österreichischen Linie bis nach Mals. Silbernagl: „Wer bisher nach Landeck wollte, musste in Nauders oder bei der Kajetansbrücke umsteigen. Das ist jetzt nicht mehr notwendig.“ Was die Streckenführung auf Vinschger Seite betrifft, „halten die Busse nach wie vor an allen bisherigen Haltestellen.“ Das bemerkt auch Siegi. Sowohl an der Haltestelle „Abzweigung Schleis“ als auch an der Haltestelle „Kreisverkehr Burgeis“ steigen weitere junge Leute in Skiausrüstung ein. Der Stilfser findet es gut, „dass so viele junge Leute mit dem Bus fahren.“ In St. Valentin auf der Haide steigt der Großteil der Skifreunde aus: Es geht ab auf die Pisten. Die meisten, die noch im Bus sitzen, wollen bis nach Landeck.
„Schauen, wie die neue Linie funktioniert“
Unter jenen, die nach Landeck fahren, befindet sich auch ein Vinschger gesetzten Alters, der nur mitfährt, „um zu schauen, wie das mit dem Direkt-Bus jetzt funktioniert.“ Einen zufriedenen „Aufschnaufer“ macht Siegi, als der Bus in „Nauders Mühle“ hält: „Hier oder bei der Kajentansbrücke musste ich bisher immer umsteigen.“ Noch zufriedener wird sein Gesichtsausdruck, als es auf der Bundesstraße recht zügig vorangeht. Der Bus fährt nicht mehr alle kleinen Ortschaften an, sondern hält nur noch bei der Kajetansbrücke, in Pfunds und Ried. In Prutz hält er deshalb nicht, weil die Bushaltestelle noch fertigzustellen ist. Am meisten überrascht sind die Busgäste davon, dass der Direktbus nicht die Landecker Straße nimmt, sondern durch den 6.955 Meter langen Landecker Tunnel fährt und in kurzer Zeit am Zielbahnhof Landeck-Zams eintrifft. Siegi schaut auf die Uhr. Es ist 11.16 Uhr: „So schnell bin ich mit dem Bus noch nie nach Landeck gefahren.“ Auf Vinschgerisch ergänzt er: „A feine Soch.“ Genau 93 Minuten brauchte er, um vom Malser Bahnhof zum Bahnhof in Landeck zu kommen. Für einen Kaffee hat er keine Zeit, „denn der Zug nach Wien fährt in Kürze ab. Ich werde in rund 5 Stunden dort sein.“
Viel Zeitersparnis
Viel Zeit wird vor allem auf dem österreichischen Teil der insgesamt ca. 75 Kilometer langen Strecke eingespart. Markus Silbernagl: „Wir halten in Österreich mit dem Schnellbus nur mehr an wenigen Orten und fahren zum Großteil auf der Reschenbundesstraße.“ Somit könne der Bus mit dem Auto weitgehend mithalten. Die neue Direktlinie Mals-Landeck, für die sich nicht zuletzt die SVP Vinschgau und die Gemeindeverwaltungen über viele Jahre hinweg eingesetzt hatten, fußt auf einer Vereinbarung zwischen den Ländern Südtirol und Nordtirol, die auch zu gleichen Teilen für die Kosten aufkommen. Mit der neuen Linie kann laut den Landesräten Daniel Alfreider (Südtirol) und René Zumtobel (Nordtirol) einem großen Wunsch vieler Studentinnen und Studenten, Grenzpendlerinnen und Grenzpendlern sowie weiteren Nutzern der öffentlichen Verkehrsmittel entsprochen werden. Weiterhin abgewickelt werden über die Linie 273 Sonderfahrten von Reschen bis Mals, damit Schülerinnen und Schüler sowie Pendlerinnen und Pendler rechtzeitig bis zur Abfahrt des ersten Frühzuges am Bahnhof in Mals und am Abend wieder retour sind.
An Zugfahrpläne angepasst
Die Abfahrts- und Ankunftszeiten der Direktbusse sind an die Railjet-Halte in Landeck und die Zughalte der Vinschger Bahn in Mals angepasst. Die Landesräte sehen die Direktbusverbindung als „weiteren wichtigen Schritt im Ausbau des grenzüberschreitenden Verkehrs in der Euregio.“ Die Busse fahren im Design des Bundeslandes Tirol. Wer einen Südtirol Pass besitzt (Südtirol Pass, Euregio Family Pass, Südtirol Pass business, Südtirol Pass free) kann wie gewohnt zum Südtirolmobil-Kilometertarif bis Landeck fahren. Die Fahrt muss jedoch vor Fahrtantritt online auf der südtirolmobil-App entwertet werden. Die Entwertung im Bus selbst ist nicht möglich. Der Südtirol Pass 65+ bzw. das abo+ gelten als Sichtweis für die gesamte Strecke bis nach Landeck.. Alternativ dazu kann im Bus ein Einzelfahrschein erworben werden. Weitere Infos gibt es auf der Webseite www.suedtirolmobil.info bzw. auf der südtirolmobil-App.
Abkommen für Müstair-Mals
Zumal nun der VVT für den Streckenverlauf Landeck–Mals zuständig ist und die Linie 273 Mals-Nauders-Martina nicht mehr vom Land Südtirol in Zusammenarbeit mit dem Kanton Graubünden beauftragt wird, hat die Landesregierung am 5. Dezember einen Kooperations- und Zuschussvertrag mit dem VVT für den grenzüberschreitenden öffentlichen Liniendienst zwischen Müstair-Mals genehmigt. Daniel Alfreider: „Neben der Verbindung nach Landeck mit dem neuen Direktbus ist vor allem auch die Verbindung in die Schweiz für viele Pendler und Pendlerinnen im Vinschgau von großer Bedeutung.“ Daher habe man sich gemeinsam mit dem Kanton Graubünden für die Weiterführung der Verbindung Müstair-Mals eingesetzt. Die „PostAuto AG“ führt im Auftrag des Kantons Graubünden den Linienverkehrsdienst zwischen Zernez und Mals.
„Zwei Minuten Reserve“
Ein besonderer Tag war der 10. Dezember auch für die Busfahrer von Silbernagl. „Mit Ausnahmen einiger Kinderkrankheiten läuft alles bestens“, sagt Hans Zegg, als er um Punkt 11.40 Uhr am Bahnhof Landeck in Richtung Mals losfährt. Der „waschechte Nauderer“ antwortet gerne auf Fragen neugieriger Busgäste aus der Schweiz. Er erzählt ihnen unter anderem, dass auf der Malser Haide im Winter Vorsicht geboten sei, denn es kommt häufig zu Schneeverwehungen. Im Sommer - aber nicht nur – gebe es oft viel Verkehr. Die vorgegebene Fahrzeit von 94 Minuten braucht der „Hons“ nicht vollständig auf. „Wir haben 2 Minuten Reserve“, freut sich der leidenschaftliche Busfahrer, als er um 13.12 Uhr in den Malser Bahnhof einbiegt.