Jede zusätzliche Abgabe ist ein Problem
Publiziert in 19 / 2012 - Erschienen am 16. Mai 2012
Prad – Trotz vieler positiver Seiten wie Qualität, Ausbildung, Wissen und Erfahrung sehen sich auch die Handwerker im Vinschgau zunehmend mit Problemen konfrontiert. Zu diesen zählt nicht zuletzt die IMU.
Die Abwanderung von Betrieben und die teils fehlende Motivation der Jugend, selbstständig zu werden, gehören laut Erhard Joos, dem Obmann des LVH-Bezirks Obervinschgau, zu den derzeitigen Hauptproblemen. Auch sein Amtskollege aus dem Untervinschgau, Andreas Nagl, verwies bei der kürzlich in Prad abgehaltenen gemeinsamen Bezirksversammlung darauf, dass das Handwerkerjahr 2011 zwar insgesamt ein gutes war, „doch bestimmte Branchen leiden ziemlich stark.“ Er bezog sich auf das Baugewerbe und den Transportsektor. Letzterem setzen die LKW-Fahrbeschränkungen am Fernpass nach wie vor arg zu.
Zur Diskussion rund um die IMU meinte Nagl, dass seit Monaten nur darüber diskutiert werde, ob überhaupt und wie viel die Landwirtschaft zahlen soll: „Dass andere Kategorien, wie etwa wir Handwerker, im Vergleich zur bisherigen ICI mindestens das Doppelte an IMU werden zahlen müssen, ging in der Diskussion bisher weitgehend unter.“ Seitens der Gemeinden erwartet sich Nagl Sensibilität, wobei das Augenmerk auch auf die Kürzung von Ausgaben zu legen sei.
Die derzeit ca. 900 Handwerksbetriebe im Vinschgau beschäftigen rund 4.000 Personen. Einen bescheidenen Aufschwung erwartet sich das Handwerk von der Sanierung alter Bausubstanz in den Ortskernen. Der Weg dafür wurde mit einem Landesgesetz geebnet. Konkrete Schritte werden in Laas, Mals, Schluderns und Glurns unternommen. Nagl brachte einen Vorschlag von Professor Gottfried Tappeiner aufs Tapet. Demnach sollten die mit dem Pensplan bisher angehäuften rund 2,7 Milliarden Euro in irgendeiner Form als Fonds für die heimische Wirtschaft eingesetzt werden. „Diese Idee ist aufzugreifen“, meinte auch Landesrat Thomas Widmann. Er nahm die Politik in Rom scharf unter Beschuss: „Es werden zwar immer neue Steuerbelastungen beschlossen, bei der Ausgabenkürzung aber hat sich bisher nichts Wesentliches getan.“ Der Landeshaushalt werde in Zukunft ca. eine Milliarde Euro weniger umfassen. Einbußen im Baugewerbe werden unausweichlich bleiben, im Transportsektor werde es zu Betriebschließungen kommen.
Besonders strukturschwachen Gemeinden im Vinschgau soll laut Widmann mit mehreren Initiativen geholfen werden. Er nannte etwa die Initiative „Lebendige Orte“, das Standortentwicklungsprojekt STEP und Maßnahmen für den Erhalt der Nahversorgung.
„Es wäre eine Schweinerei, wenn Genossenschaften nicht zahlen müssten“
(LR Widmann zur IMU)
„Jede zusätzliche Abgabe ist für uns Handwerker ein Problem“, meinte LVH-Präsident Gert Lanz. Am Grundsatz „gleiche Steuern für gleiche Tätigkeiten“ dürfe nicht gerüttelt werden. Nach wie vor groß sei die bürokratische Belastung: „20 bis 40% der Arbeit, die wir verrichten, bringen uns und unsern Kunden nichts.“ Was den Handwerken viel zu wenig gelinge, ist es „das Gute zu verkaufen, wenngleich die Qualität hoch ist und wir über viel Wissen und Erfahrung verfügen.“ Unabdingbar sei der Zugang von Kleinbetrieben zu öffentlichen Arbeiten. Der Landtagsabgeordnete Sepp Noggler gab sich überzeugt, dass die Gemeinden die Genossenschaften und die Betriebe mit Urlaub auf dem Bauernhof nicht von der IMU befreien werden: „Auch für die Wohnungen werden die Bauern IMU zahlen, befreit werden grundsätzlich nur Stall und Stadel.“ Am Vorhaben, das Stromnetz zu kaufen und den Strom eigenständig auf Genossenschaftsbasis zu verteilen, halte der Vinschgau fest. „Unser Problem ist, dass wir zu wenig Eigenproduktion haben“, so Noggler. Es brauche immer mehr Strom, „aber wenn es um Photovoltaikanlagen im Gelände geht, heißt es, dass die Landschaft beeinträchtigt wird und die Windräder werden abgebaut, anstatt zusätzliche zu errichten,“ bedauerte Noggler.
Bei der Diskussion stand die IMU im Mittelpunkt. Der Handwerkerverband wurde aufgerufen, sich stärker gegen die IMU zu wehren bzw. gegen ungerechte Befreiungen zugunsten der Landwirtschaft einzutreten. Es wäre unverständlich, wenn etwa ein Tischler für sein Holzlager zahlen müsse, ein Bauer für sein landwirtschaftliches Magazin aber nicht. Der Prader Bürgermeister Hubert Pinggera sagte, dass die Gemeinden bei der IMU wenig Spielraum hätten. Man bemühe sich stark um einen gemeinsamen Weg, wobei sich alle Kategorien beteiligen müssen. Pinggera bestätigte, dass sich die Gemeindeverwaltungen weiterhin dafür einsetzen, dass bei öffentlichen Aufträgen möglichst heimische Betriebe zum Zug kommen.
Josef Laner