Wie geht es weiter?
Gemeindeverwaltung bemüht sich um nachhaltige lösung
„Es wird alles darangesetzt, um eine nachhaltige Lösung für den Marmorabtransport in Laas zu erarbeiten“, sagen die Bürgermeisterin Verena Tröger und die Gemeindereferentin Elfi Kirmaier. Im Bildhintergrund der stark vom Borkenkäfer befallene Bremsberg mit der Schrägbahn, die seit 2019 außer Betrieb ist.

„Wir wollen kein Carrara“ 

Wie kommt der Laaser Marmor in Zukunft ins Tal? Vieles spricht für den Bau einer Seilbahn. 

Publiziert in 4 / 2023 - Erschienen am 28. Februar 2023

Laas - Schon seit vielen, allzu vielen Jahren hängt die Frage des zukünftigen Abtransports des Marmors in Laas in der Luft. „Was aber keineswegs heißt, dass wir uns als Gemeinde nicht darum bemühen, eine Lösung in dieser komplexen Geschichte zu finden,“ stimmten die Laaser Bürgermeisterin Verena Tröger und die Gemeindereferentin Elfi Kirmaier kürzlich in einem Gespräch mit dem der Vinschger überein. Wie es derzeit aussieht, wird alles darangesetzt, eine nachhaltige Lösung für den Marmorabtransport in Laas zu erarbeiten. Noch gut in Erinnerung haben Tröger und Kirmaier - und nicht nur sie - die Bürgerversammlung, die Ende August 2020 in der Produktionshalle der Lasa Marmo stattgefunden hat. Damals war nicht nur von einer Straßenerschließung des Jennwandbruchs die Rede und vom Bau einer neuen Forststraße, sondern auch ein Tourismuskonzept wurde vorgestellt, das bei vielen für Kopfschütteln sorgte und Investitionsmaßnahmen in Höhe von insgesamt ca. 30 Millionen Euro vorgesehen hätte.

Wo bleibt das angekündigte Konzept?

Der Laaser Fraktionspräsident Oswald Angerer kündigte im August 2020 an, dass man sich bemühen werde, zusammen mit allen Beteiligten innerhalb eines Jahres ein schlüssiges Gesamtkonzept auf den Weg zu bringen. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2023. Wo ist das Konzept? Oswald Angerer: „Es ist eine langwierige und komplizierte Geschichte. Die Fraktion hat eine Studie in Auftrag gegeben, die aufzeigt, wie der Marmor mit einer 40-Tonnen-Seilbahn vom Weißwasserbruch bis ins Tal gebracht werden könnte.“ Der Bau der Seilbahn würde über 8 Millionen Euro kosten, sodass sich in erster Linie die Frage stelle, wer bezahlt. „Sollte sie finanzierbar sein, wäre eine Seilbahn aus der Sicht der Fraktion die beste Lösung“, so Angerer. Das Ziel der Gemeinde muss es laut Tröger und Kirmaier sein, „dass die Abtransport-Struktur der öffentlichen Hand gehört. Wenn die Bahn gebaut ist, dann müssen die Benutzer der Bahn natürlich eine Gebühr für den Abtransport bezahlen. Hier werden wir darauf achten, dass Wettbewerbsgleichheit herrscht.“

Schrägbahn schon seit 2019 außer Betrieb

De facto wird der Laaser Stein seit Jahren über die Straße zum Werk ins Tal gebracht, denn die Schrägbahn ist seit dem Herbst 2019 aus sicherheitstechnischen Gründen außer Betrieb. Eine Wiederinstandsetzung ist mehr als unwahrscheinlich: „Würde man sich dafür entscheiden, wäre einerseits mit hohen Kosten zu rechnen und andererseits würde die ‚Lebensdauer’ der Schrägbahn nach einer Sanierung nach Ansicht von Fachleuten nur rund 5 Jahre dauern“, so Tröger und Kirmaier. Außerdem könnten auch mit der sanierten Schrägbahn Marmorblöcke ab einem bestimmten Gewicht nicht transportiert werden. Ebenso wenig auch der Marmor-Abraum, der mittlerweile gewaltige Ausmaße angenommen habe.

Klare Kriterien für klare Ziele

Eine Befriedung herbeizuführen, und den Rechtstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Marmorabbau in Laas und in Göflan ein Ende zu setzen, dies war der Auftrag der Landesregierung an Landesrat Arnold Schuler. Tröger und Kirmaier sind froh darüber, „dass ihm das gelungen ist und die beiden Unternehmen gut nebeneinander arbeiten können.“ Allerdings löse die Befriedung der Situation nicht das Problem, „das wir in Laas mit dem Abtransport des geschürften Marmors haben.“ Natürlich sei man bestrebt, in der Frage des Abtransports keine wettbewerbsverzerrenden Situationen zu schaffen. Der Abtransport sei aber nur eine von vielen Fragen und Anliegen im Zusammenhang mit dem Thema Marmor. „Die Gemeinde ist zwar nicht Grundeigentümerin und hat somit auch wenige rechtliche Möglichkeiten, aktiv einzugreifen, wohl aber sind der Marmorabbau und der Marmorabtransport Themen von allgemeiner Wichtigkeit für die gesamte Gemeinde und darüber hinaus.“ Kirmaier: „Ausgehend davon haben wir als Gemeindeverwaltung zusammen mit der Eigenverwaltung klare und verbindliche Kriterien als Grundlage für die Formulierung von Zielen und für das Treffen von künftigen Entscheidungen formuliert. Das ist die Basis dafür, dass nicht immer nur die Emotionen und der Bauch entscheiden.“ Aufbauend auf einen Grundsatzbeschluss der Landesregierung vom Jänner 2023 befasst sich nun eine eigene Arbeitsgruppe mit dem Thema. Mit am Tisch sitzen nicht nur die Gemeinde und die Fraktion, sondern auch der Nationalpark und mehrere Landesressorts. Bei einem Treffen am 10. Februar in Bozen, zu dem die Gemeinde laut Kirmaier auch „die Fraktion mitgenommen hat,“ waren neben dem Nationalpark auch Vertreter mehrerer Landesressorts bzw. Landesämter mit dabei: Wirtschaft, Aufsicht und Beratung, Umwelt, Forstwirtschaft, Bergbau und Kultur. Es ging nicht darum, Entscheidungen zu treffen, „sondern den derzeitigen Stand der Dinge zu erörtern und auf der Ebene der Verwaltung Lösungsmöglichkeiten auszuloten, wie dieses Projekt realisiert werden könnte“, so Tröger und Kirmaier. 

Viele Aspekte sind zu berücksichtigen

Stets bewusst sein müssten sich alle darüber, „dass wir uns im Nationalpark befinden, dass das Landschaftsbild absolut zu schützen ist, dass die Aspekte Umwelt und Energie nicht ausgeklammert werden dürfen und dass neben wirtschaftlichen auch kulturelle und soziale Aspekte zu berücksichtigen sind“, so Kirmaier. Ausgehend von diesen Kriterien liege es fast auf der Hand, dass zum Beispiel der Bau einer Bypass-Straße für den Abtransport, wie sie von der Vorgängerverwaltung angedacht worden ist, nicht in Frage kommen dürfte. Laas würde durch dieses Projekt den gerne und viel genutzten Herrensteig verlieren, ein Naherholungsweg, der Stützmauern mit einer teilweisen Gesamthöhe von über 9 Metern weichen müsste. Dasselbe gilt auch für die Errichtung einer Forststraße für die Erschließung des Jennwandbruchs. Als viel wahrscheinlichere Lösung zeichnet sich der Bau einer Seilbahn ab. Kirmaier: „In einer Studie, erarbeitet vom MCI der Universität Innsbruck, wird eindeutig die Seilbahn als beste und ökologisch sinnvollste und nachhaltigste Lösung vorgeschlagen.“ Dass die Finanzierung der Bahn zu den größten Herausforderungen gehört, bestätigen auch Kirmaier und Tröger. Sie sind auch der Meinung, dass die Abtransport-Struktur nicht in privaten Händen sein darf, sondern von öffentlichem Interesse ist. 

„Kein Raubbau und keine Ausbeute“

Klar und nicht verhandelbar sei auch das Landschaftsbild: „Wir wollen keinen Raubbau und keine Ausbeute, wie sie in den Marmorbrüchen in Carrara betrieben wird.“ Der Abbau in Laas habe im Einklang mit der Natur, der Landschaft und der Umwelt zu erfolgen. Unbestritten sei, dass der Marmor auch in Zukunft eine wichtige Rolle als Wirtschaftsfaktor haben soll, „denn der Marmorabbau ist eine wesentliche Säule für eine umfassende wirtschaftliche Entwicklung in Laas.“ Das Thema Marmorabbau soll in Laas als Mehrwert für die gesamte Bevölkerung wahrgenommen werden. Der Marmor sei ein zentrales Kulturgut, „das es zu pflegen und weiterentwickeln gilt.“ Dem Erhalt der Geschichte rund um den Abbau seien Räume und Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Zusammenfassend stellt sich die Gemeindeverwaltung vor, „dass Laas mit seinem Marmorabbau durch den Einsatz von zeitgemäßen technologischen Infrastrukturen zu einer Modellregion für nachhaltiges Leben und industrielles Arbeiten im Nationalpark wird und dadurch Aufmerksamkeit bekommt.“

Zeitgemäß und sicher

In Sachen Transport wird grundsätzlich für den „Einsatz von zeitgemäßen technologischen Infrastrukturen für den sicheren Abtransport vom Berg bis ins Werk“ plädiert. Neben Belastungen der Umwelt birgt der derzeitige Abtransport über die Straße laut Tröger und Kirmaier auch nicht unerhebliche Gefahren: „Nicht nur Gefahren für die Anrainer, sondern auch für die Fußgänger und die vielen Radfahrer. Wir dürfen nicht vergessen, dass die LKWs auch den Vinschger Radweg durchqueren.“ Ein eigens Kapitel seien außerdem die Kosten für die Instandhaltung der Marmorstraße: „Eigentümerin ist zwar die Fraktion, aber für die Instandhaltung und Behebung der Schäden, zu denen es aufgrund des Schwerverkehrs immer wieder kommt, zahlt die Gemeinde, also wir alle,“ so Tröger und Kirmaier.

Es wird noch dauern

Auf die Frage, ob es eine Art Zeitleiste für weitere Maßnahmen zur Lösung des „gordischen Knotens“ Marmorabtransport gibt, meinten Kirmaier und Tröger: „Einen Zeitplan gibt es nicht und es ist auch nicht davon auszugehen, dass wir schon in Kürze eine Lösung auf dem Tisch haben werden, mit der alle einverstanden sind und mit der alle leben können. Aber es wird intensiv an klaren Weichenstellungen gearbeitet.“ Zu Ende geschrieben scheint die Endlos-Geschichte Marmor somit noch nicht zu sein. Die Schrägbahn indessen schläft ihren Schlaf weiter. Seit dem Vorjahr übrigens mit einem äußerst unangenehmen „Bettnachbarn“. Es ist dies der Borkenkäfer, der sich in den Fichtenbeständen am Bremsberges außergewöhnlich stark ausgebreitet hat und weiterhin ausbreitet. Großflächige Schlägerungen der befallenen Bäume sind nicht zu verhindern. Um die Schutzfunktion des Waldes dennoch einigermaßen aufrecht zu erhalten, sollen die Bäume nicht unmittelbar am Stock gefällt werden, sondern etwas oberhalb des Bodens, sodass die Wurzelwerke zusammen mit einem Teil der Stämme der Schutzfunktion dennoch über Jahre hinweg gerecht werden können. Zumindest als Industriedenkmal soll die Schrägbahn auf jeden Fall erhalten bleiben.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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