Wie geht es weiter?
Es gibt noch viel zu tun bei der „Baustelle Bezirkskrankenhaus“

„Wir brauchen endlich Klarheit“

Publiziert in 44 / 2015 - Erschienen am 10. Dezember 2015
Fest steht: Das Krankenhaus Schlanders bleibt. Auch in Zukunft sollen hier Dienste höchster Qualität angeboten werden. Welche? Dafür werden Leitlinien erarbeitet. Für die Geburtenstation könnte es aber eng werden. SCHLANDERS - Derzeit entscheidet sich die Zukunft des Schlanderser Krankenhauses. Und zwar in Form von Diskussionen und Arbeitsgruppen. Seit einigen Wochen wird nämlich ein Leistungskatalog erarbeitet. Damit soll genau geklärt werden, was im Krankenhaus Schlanders in welcher Abteilung angeboten wird. Sprich, eine detaillierte Definition der Gesamtheit der Abteilungen, welche Operationen und welche Untersuchungen stattfinden. Eine Diskussion auf mehreren Ebenen, zwischen den Primariaten, ärztlichen Leitern, der Sanitätsdirektion und schlussendlich der Landesregierung. Wird man sich einig, steht am Ende ein verbindliches schriftliches Dokument, an das sich das Sanitätswesen halten muss. Soviel zur Theorie. Eigentlich hätte man die Leistungsprofile noch vor Weihnachten auf den Tisch legen wollen. Doch, es stockt. „Dieser Leistungskatalog ist fundamental wichtig. Es ist nämlich an der Zeit, dass Klarheit, Sicherheit und Ruhe in die Krankenhaus-Diskussion kommt“, betont der Schlanderser Bürgermeister Dieter Pinggera. Laut Landeshauptmann Arno Kompatscher wolle man bis spätestens Februar Klarheit schaffen. Klarheit, wie es mit dem Schlanderser Krankenhaus denn nun weitergeht. Dass es weitergeht, sei nämlich nie zur Diskussion gestanden, wie Kompatscher bei der SVP-Bezirksausschusssitzung in Laas vergangene Woche nochmals eindringlich klarstellte. Zugleich bekannte sich der Landeshauptmann ohne jeden Zweifel zum Schlanderser Krankenhaus. „Der Teufel steckt aber im Detail. In der Vergangenheit wurde bei uns bereits abgespeckt, nun sollte genug sein. Alle Abteilungen sollten erhalten bleiben“, hofft Pinggera. Geburtenstation vor dem Aus? Schwierig werde es jedoch vor allem in Sachen Geburtenstation. Kompatscher erklärte, dass über gewisse Dinge nicht Südtirol alleine entscheiden könne. „Wir müssen uns an die staatlichen Vorgaben halten“, betonte der Landeshauptmann. Während die europäischen Standards von einem Krankenhaus rund tausend Geburten pro Jahr verlangen, sind es in Italien lediglich 500. Doch auch diese Vorgabe sei für das Schlanderser Bezirkskrankenhaus nicht zu erreichen. Aus diesem Grund wurde die Geburtenstation in Innichen bereits geschlossen, Schlanders darf hoffen. „Es stimmt, euer Krankenhaus bringt andere Voraussetzungen mit sich. Die Täler und alles drum und dran. Diese Situation haben wir in Rom bereits erklärt“, so Kompatscher. Im Gegensatz zu Aussagen von Thomas Schael, dem Generaldirektor der Südtiroler Sanitätsbetriebe, werde die Geburtenstation voraussichtlich nicht mit Anfang 2016 geschlossen. Schael hatte vor einigen Wochen mit der Ankündigung, dass die Geburtenstationen in Sterzing und Schlanders am 01.01.16 geschlossen werden für Aufsehen gesorgt. Deshalb fand vorige Woche, am Nachmittag vor der Vinschger SVP-Bezirkssausschusssitzung, in Bozen ein „klärendes Gespräch“ zwischen Landesregierung und Schael statt. Dieser sei vom Dekret der italienischen Gesundheitsministerin nicht informiert gewesen. Ein Dekret, das die Rettung der Schlanderser Geburtenstation bedeuten könnte. Demnach können Abteilungen, die nicht 500 Geburten aufweisen, um eine Sondergenehmigung ansuchen, wie der Landeshauptmann den Vinschgern unverzüglich mitteilte. Die Südtiroler Landesregierung konnte damit nach zähen Verhandlungen in Rom zwar einen Teilerfolg erringen, jedoch könnte dies nach aktuellem Stand zu wenig sein. Denn, prompt erklärte Kompatscher das Dilemma: „Von den Qualitätsstandards und den vier Fachleuten weicht Rom nicht ab. Und wie es momentan aussieht, haben wir dafür das ärztliche Personal nicht“. Gefordert werden vier Fachleute, nämlich Hebamme, Anästhesist, Gynäkologe und Pädiater. Ein Dienst dieser Fachkräfte müsse rund um die Uhr gewährleistet sein. Angesichts der EU-Arbeitszeitregelung und dem ohnehin schon eklatanten Fachärztemangel im Südtiroler Gesundheitswesen seien dies kaum zu erfüllende Vorgaben. Die Landesregierung, die immer wieder betont, die Geburtenabteilungen in Schlanders und Sterzing erhalten zu wollen, agiere derzeit auf zwei Ebenen. „Einerseits haben wir Geldmittel zur Verfügung gestellt und die erforderlichen Ärztestellen ausgeschrieben, andererseits verhandeln wir in Rom weiter“, versprach Kompatscher. Eine jüngst eingesetzte Landeskommission solle eine erleichterte Anwendung der Standards beantragen. So soll etwa am 24-Stunden-Dienst gefeilt werden. Ein Vorschlag der Rom gemacht wurde sei zum Beispiel, „dass der Anästhesist eine zusätzliche Sonderausbildung macht, damit nicht der Pädiater vor Ort sein muss“, ließ der Landeshauptmann durchblicken. Fakt sei aber auch, dass gewisse Vorgaben „so sinnlos nicht sein können“. Denn, an erster Stelle stehe immer die Sicherheit von Mutter und Kind. Laut Studien gebe es in kleinen Krankenhäusern durchaus mehr Probleme bei Geburten als in größeren. „Mahnwachen und Demonstrationen? Das ist frustrierend“ Wohin der Weg der Geburtenabteilung führt, ist noch unklar. Fest steht, es könnte eng werden. Doch für Landeshauptmann Kompatscher steht auch fest: „Es ist frustrierend, wenn gegen die Schließung des Krankenhauses demonstriert wird oder Mahnwachen abgehalten werden. Die Gefühlslage der Vinschger war, dass man um das Krankenhaus kämpfen muss. Da entstand ein völlig falscher Eindruck. Von der Schließung sind wir nämlich ganz weit entfernt“. Man arbeite in die vollkommen andere Richtung. Das Ziel der Gesundheitsreform sei es, langfristig eine Gesundheitsversorgung mit Qualität zu garantieren. Und zwar in allen Südtiroler Krankenhäusern. „Das ist unsere Politik“, so Kompatscher. Einen Fehler gestand der Landeshauptmann ein: „Wir haben es wohl versäumt, den Menschen zu erklären, worum es geht. Die Reform kam völlig falsch an, deshalb entwickelte sich eine Eigendynamik“. Denn, das Krankenhaus werde definitiv weiterbestehen. Wie die Zukunft aussehen könnte, dafür werden die Leitlinien erarbeitet. „Aber bitte lasst uns erst arbeiten, bevor geschrien und demonstriert wird“, fordert der Landeshauptmann. MICHAEL ANDRES
Michael Andres
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Vinschger Sonderausgabe

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