Energie: Fahrplan steht
Die eigenständige Stromverteilung rückt jetzt in greifbare Nähe.

„Die Rechnung für die Bürger geht sich auf“

Publiziert in 45 / 2013 - Erschienen am 18. Dezember 2013
Eigenständige Stromverteilung von Laas bis Graun. Tappeiner: „Ersparnis ist höher als Kosten“. Ziel: Strom soll um ca. 10% billiger werden. Vinschgau - Der Vinschger Stromstreit wurde zwar kürzlich beigelegt, doch das heißt nicht, dass das Thema Energie im Vinschgau jetzt „vom Stecker“ geht. Im Gegenteil. Im Jahr 2014 steht mit dem Aufbau einer eigenständigen Stromverteilung und der Gründung einer Konsortialgesellschaft für den Verteilerdienst sowie einer Verbraucher-Genossenschaft viel Arbeit ins Haus. Die Marschroute dafür wurde am Nikolaustag am Sitz des E-Werkes Stilfs in Gomagoi festgelegt. An diesem Energietisch nahmen neben dem Ausschuss des Vinschgauer Energiekonsortiums VEK (Obmann Albrecht Plangger, Vizeobmann Andreas Tappeiner sowie Hubert Variola, Georg Wunderer und Siegfried Stocker) auch fast alle Vinschger Bürgermeister (lediglich der Schnalser BM war entschuldigt) sowie Landesrat Richard Theiner und Landtagsabgeordneter Sepp Noggler teil. Der politische Wille, dass die Gemeinden Graun, Mals, Taufers i.M., Glurns, Schluderns und Laas das Stromnetz von der SELNET ankaufen möchten, ist laut Andreas Tappeiner nach wie vor gegeben. Die E-Werke Prad und Stilfs haben bereits Vorverträge mit der SELNET für die Übernahme jener Netzteile unterzeichnet, die sich in diesen Gemeinden noch nicht im Eigentum der E-Werke befinden. Lediglich der Schludernser Bürgermeister Erwin Wegmann hat laut ­Tappeiner in punkto eigenständige Stromverteilung einige Bedenken geäußert. „Wichtig ist, dass auch der Malser Bürgermeister Ulrich Veith unmissverständlich zugesagt hat, dass Mals das Netz angesichts der neuen Kostenaufstellungen übernehmen möchte“, so der VEK-­Vizeobmann. Die Netzübernahme muss natürlich von den Räten der genannten Gemeinden noch formell beschlossen werden. Neue Kostenberechnungen Die Kosten für den Kauf der Stromverteilungsnetze wurden in teils schwierigen Gesprächen mit dem Land und der SELNET neu berechnet und auch neu verhandelt. Demnach beläuft sich der Netzpreis in Mals zum Stichtag der geplanten effektiven Übernahme (1. Jänner 2015) auf 2,149 Mio. Euro. In Graun sind es 1,783 Mio. Euro, in Laas 1,127 Mio. Euro, in Taufers 403.000 Euro, in Glurns 407.000 Euro und in Schluderns 526.000 Euro. Die Gemeinde Graun wird das Netz an die Energiegenossenschaft Oberland (EGO) übertragen. In einem weiteren Schritt ist vorgesehen, dass die Verteilungs­netze im Obervinschgau in Leihe dem VEK übertragen werden, sodass dieses die weiteren Schritte für den Verteilungsdienst in die Hand nehmen kann. Dazu ist die Gründung einer Konsortialgesellschaft geplant, in der das VEK, die E-Werke Prad und Stilfs sowie die EGO vertreten sein sollen. Die Kosten für die Netzübernahme werden die Gemeinden laut ­T­appeiner in einem Zeitraum von 10 Jahren mit 20 Halbjahresraten zurückzahlen. In seiner Gemeinde Laas werde von einer jährlichen Rückzahlungsrate im Ausmaß von 142.000 Euro (Kapital plus Zinsen) ausgegangen. Die erwartete Ersparnis pro Jahr belaufe sich jedoch auf 153.000 Euro, sodass sich die Rechnung sehr wohl aufgeht. Und wie kommt diese Ersparnis zusammen? ­Tappeiner: „Wenn wir die Verteilung eigenständig und auf Genossenschaftsbasis organisieren, gehen wir davon aus, die Tarife um ca. 10% senken zu können.“ In Laas zum Beispiel könnten auf 7,255 Mio. kWh rund 153.000 Euro gespart werden, „wenn es uns gelingt, den kWh-Preis von 20 Cent auf 18 zu drücken.“ Diese Einsparung komme den Verbrauchern, sprich den Bürgern und Betrieben, direkt zugute. Insofern sei der Ankauf des Netzes mit Steuergeld gerechtfertigt. Einen Sinn ergibt die eigenständige Verteilung nur deshalb, weil der Vinschgau dank der Beteiligung an der Reschensee-Konzession und des direkten Strombezugsrechtes bei der Marteller Konzession über eigenen Strom verfügt und die Verteilung zudem auf Genossenschaftsbasis auf die Beine stellt. Insgesamt sollen im Vinschgau 110 Mio. kWh Strom eigenständig verteilt werden. Bei einer derartigen Menge ist von jährlichen Ersparnissen in Höhe von ca. 2,31 Mio. Euro auszugehen. Verbraucher-Genossenschaft Ein weiterer Kernpunkt der eigenständigen Energieversorgung im Tal, die es ermöglicht, dass der Stromhandel in den Händen der Gemeinden verbleibt, ist die Gründung einer Verbraucher-Genossenschaft. Tappeiner: „Alle Bürger, Betriebe und auch ­öffentlichen Institutionen können Mitglieder dieser Genossenschaft werden und damit in den Genuss günstigerer Stromtarife kommen.“ Wenngleich zunächst nur der Obervinschau zu einer „Versorgungsinsel“ wird, sollen auch Bürger und Betriebe aller anderen Gemeinden des Vinschgau die Möglichkeit bekommen, Genossenschaftsmitglieder zu werden. Die geplante Netzübernahme und die eigene Verteilung im Obervinschgau stellen die Gemeinden und die weiteren Akteure laut Tappeiner auch vor große ­Herausforderungen. So etwa, was die Instandhaltung und Verbesserung der Netze betrifft: „Es stehen nicht nur Verbesserungen der Verbindung der lokalen Netze an, sondern auch Erweiterungen der Verbindungsleitungen sowie eine Potenzierung der Primärkabinen mit Schwerpunkt in Glurns.“ Aber auch die ordentliche Instandhaltung muss gewährleistet werden. Froh sind die Gemeinden, dass für Investitionen abzüglich aller Ausgaben und Abschreibungen dennoch ca. 10% des gesamten Jahresumsatzes übrig bleiben. Laut Tappeiner seien keine Milchmädchenrechnungen angestellt worden, sondern ­seriöse Analysen sowie Kosten- und Ertragsaufstellungen, die teilweise bis 2026 ausgelegt sind. Auch externe Experten seien involviert worden. Das alles verleiht den Vinschgern auch die Hoffnung, das vom Land beantragte „Rating“ positiv zu bestehen. Positive „Nebenwirkungen“ Hand in Hand mit dem Mehr an Verantwortung gehen zusätzlich zur erhofften Strompreis-Senkung noch weitere positive Auswirkungen einher. So soll sich nicht nur die Dienstleistung für die Verbraucher verbessern, sondern es sollen auch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Mit Arbeiten am Netz sollen nach Möglichkeit heimische Betriebe betraut werden. Im Zuge des Energietisches wurde der Einsatz des VEK-Obmannes Albrecht Plangger in Sachen Energie und eigenständige Stromverteilung mehrfach gewürdigt. Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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