„Neid muss man sich hart erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt“

Publiziert in 33 / 2008 - Erschienen am 24. September 2008
Lichtenberg – Wolfgang ­Niederegger lebt den Radsport und erntete heuer auch die Früchte seiner harten Arbeit. Der Athlet vom ARSV Vinschgau Raiffeisen Förch war in dieser Saison kaum zu bremsen. Der Spätstarter aus ­Lichtenberg sorgte durch ­exzellente Leistungen auf Landes­ebene und darüber hinaus immer wieder für Furore. In seinem bisher erfolgreichsten Jahr stellte er bei „seinem“ Stilfserjoch-­Rennen mit 1:14.56 einen Streckenrekord auf, der vor allem aus Vinschger Sicht in naher Zukunft wohl unangetastet bleiben wird. Darüber hinaus erzielte er bei seinem bisher wohl stärksten Wettkampf ­seiner Karriere Platz zwei bei den Bergweltmeisterschaften der Radamateure in Trient. Der „Vinschger“ erfuhr im ­Interview mit dem sympathischen Lichtenberger, wieso es in dieser Saison derart gut für ihn lief und wie die ­Schattenseiten eines erfolgreichen Mountainbikers in der eigenen Talschaft aussehen. „Der Vinschger“: Hättest du dir zu Beginn des Jahres eine solch erfolgreiche Saison erwartet? Wolfgang Niederegger: Dass diese Saison besser laufen würde wie meine vorhergehenden habe ich bereits in der Vorbereitung gespürt. Meine Form war in diesem Jahr einfach besser; dass es aber derart gut läuft, freut mich natürlich besonders. Wie lautet dein Erfolgsrezept? Wolfgang Niederegger: Ich habe aus den Fehlern der vergangenen Jahre gelernt. Früher habe ich mich immer vermehrt auf das Krafttraining konzentriert, heuer habe ich aber mehr Kilometer abgespult als je zuvor. Letzte Saison habe ich beispielsweise vor dem Stilfserjoch-Rennen im Juli 2007 insgesamt 6.000 Kilometer zurückgelegt, heuer hatte ich zum gleichen Zeitpunkt bereits 11.000 Kilometer in den Beinen und das macht sich dann wie man sieht wirklich bezahlt. Ich bin sogar den ganzen Winter hindurch immer auf dem Rad gesessen, meistens mit meinem starken Trainingspartner Andreas Lampacher, dem ich wirklich sehr viel zu verdanken habe. Er hat immer mit mir trainiert, mich bei allem unterstützt und viel zu meiner guten Form beigetragen. Natürlich wenn man selber merkt wie gut man in Form ist und die ersten Siege einfährt, wird man automatisch noch stärker. Wenn ein Sportler derart erfolgreich ist, dann gibt es ­sicherlich auch Neider, die ­solche Leistungen immer wieder in Frage stellen oder? Wolfgang Niederegger: In diesem Sommer habe ich wirklich gesehen, wer zu mir steht und wer nicht. Früher haben einige Radfahrer nur mit mir trainiert, um sich etwas vom Training abzuschauen. Ein Bekannter hat mir einmal gesagt: „Neid muss man sich hart erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt“. Dieses Sprichwort stimmt zu hundert Prozent und spornt mich immer wieder an, auch wenn ich mich vor allem aufgrund meiner super Zeit hinauf aufs Stilfserjoch noch nie derart oft rechtfertigen musste wie im Augenblick. Ich fuhr heuer nämlich ganze vier Minuten schneller als in den vorhergehenden zwei Jahren. Die Gründe dafür sind einerseits natürlich meine in dieser Saison bestechende Form, aber vor allem auch der an diesem Tag sehr hilfreiche Rückenwind. Ich selbst weiß nämlich genau, was dieser Umstand zeitlich ausmacht, bei vielen meiner Trainings fahre ich beispielsweise von Schlanders nach Mals bei Rückenwind gute zehn Minuten schneller als bei Gegenwind. Als ich beim Start des diesjährigen Stilfserjoch-Rennens die super äußereren Bedingungen bemerkte, war ich noch motivierter als sonst und schaute nicht mehr auf meine Gegner, sondern lediglich auf die Zeit. Ich bin während des gesamten Rennens volles Risiko gegangen. Der Rekord von 1:14.56 hat mich natürlich auch selbst ein wenig überrascht, auf der Heimfahrt war ich dann aber total erschöpft und musste mich fast übergeben, das zeigt eben auch wie sehr ich an meine körperlichen Grenzen gegangen bin. Was sagst du dann zu so machen Dopingvorwürfen? Wolfgang Niederegger: Mein bestes Rennen in diesem Jahr machte ich bei den Amateurweltmeisterschaften für Bergfahrer auf dem Monte Bondone, wo ich Zweiter wurde. Gleich nach dem Zieleinlauf wurden die Tagesbesten einer Dopingkontrolle unterzogen, was bei solchen Wettkämpfen ganz normal ist. Wenn ich wirklich unerlaubte Mittel nehmen würde, was einige Leute nach meinen Resultaten hinter vorgehaltener Hand behaupten, wäre ich ja blöd gerade bei solchen Rennen an den Start zu gehen! Bezüglich Doping muss man meiner Meinung nach allerdings unterscheiden, ob man aufgrund einer Verkühlung lediglich einen Nasenspray benutzt oder ob man mit Blutkonserven und dergleichen hantiert. Das sind nämlich zwei paar Schuhe. Wenn man absichtlich dopt, um seine Leistungsfähigkeit zu steigern, dann ist das natürlich unterste Schublade. Ist es überhaupt realistisch, ­diese Saison noch einmal zu toppen? Wolfgang Niederegger: Ganz ehrlich gesagt, reizt es mich jetzt schon wieder, wenn ich nur an die nächste Saison und natürlich vor allem an das Stilfserjoch-Rennen denke. Ich möchte im nächsten Sommer einfach probieren, meine heurigen Ergebnisse so gut es geht zu bestätigen. Sollte ich noch einmal einen derartigen Biss bzw. Ehrgeiz bekommen, ist sicherlich wieder einiges möglich. Vielleicht setze ich mein Hauptaugenmerk zukünftig auch vermehrt auf die Marathon-Rennen wie etwa die Transalp, aber das werde ich dann spätestens zu Beginn meiner Saisonvorbereitung entscheiden. Rudi Mazagg
Rudi Mazagg
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