Eduard Wallnöfer

Publiziert in 35 / 2009 - Erschienen am 7. Oktober 2009
Im vergangenen März jährte sich der 20. Todestag Eduard Wallnöfers. Gerade im Vinschgau ist es angebracht, dieser ­außerordentlichen Persönlich­­keit zu gedenken. Eduard Wallnöfer wurde am 11. Dezember 1913 auf einem Bauernhof in Gschneir ob Schluderns geboren. Nachdem sein Vater bald nach Beginn des Ersten Weltkriegs als Kaiserjäger an der italienischen Front gefallen war, zog die Mutter mit dem kleinen Edl ins Oberinntal, wo er sein weiteres Leben verbrachte, dem Vinschgau aber immer verbunden blieb. Er besuchte die Volksschule und anschließend die Landwirtschaftliche Landeslehranstalt in Imst sowie Sonderkurse für Buchhaltung und Wirtschaft. 1940 heiratete er in einen Bauernhof in Barwies am Mieminger Plateau ein, den er selbst bewirtschaftete und der dann bis an sein Lebensende sein Wohnsitz bleiben sollte. Schon in jungen Jahren begann er sich politisch in der Jungbauernschaft seines Bezirks zu betätigen. 1934 bis 1938, und dann wieder ab 1945, arbeitete er als Sekretär der Bezirkslandwirtschaftskammer und Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Genossenschaft in Imst. Im Zweiten Welt­krieg diente er zuerst als Funker in der Deutschen Wehrmacht, dann übernahm er die Geschäftsführung des Tiroler Braunviehzuchtverbandes. Ab 1945 war Wallnöfer Gemeinderat in Barwies und 1949 zog er für die ÖVP in den ­Tiroler Landtag ein. Noch im selben Jahr trat er in die Tiroler Landesregierung in Innsbruck ein und führte zunächst als Landesrat das Landwirtschaftsreferat und ab 1961 das Südtirol-Referat. 1958 wurde er zum Bundesobmann des Tiroler Bauernbundes gewählt. Bereits ab 1951 war er als Obmann des Verbandes der ­Tiroler Landwirtschaftlichen Genossenschaften tätig. Im Jahr 1963 wählte ihn der ­Tiroler Landtag, als Nachfolger des unerwartet verstorbenen Dr. Hans Tschiggfrey, zum Landeshauptmann; ein Amt, das er, nach mehrmaliger Wiederwahl, bis zu seinem krankheits­bedingten Ausscheiden 1987 inne hatte. Im Tiroler Landtag konnte er sich auf eine Zweidrittelmehrheit seiner Partei stützen, was ihm einen gewaltigen Spielraum in seiner Arbeit als Landeshauptmann bot. Am 15. März 1989 ist er, unter Hinterlassung seiner Witwe Luise, geb. Thaler, und vierer Kinder in der Innsbrucker ­Klinik gestorben. Er war Träger hoher Auszeichnungen; vom Bundespräsidenten wurde ihm der Titel „Ökonomierat“ verliehen. Luise, eine seiner Töchter, wurde die Frau des späteren Innsbrucker Bürger­meisters und Landeshauptmanns (2002-2008) DDr. Herwig Van Staa. Wallnöfers Nachfolger war Dipl.Ing. Alois Partl. Wallnöfer war zu einer über die Parteigrenzen hinaus und in ­allen Gesellschafts­schichten anerkannten, überall geschätzten Persönlichkeit geworden. Er genoss hohes Ansehen auch bei der Bundesregierung in Wien. Als Landes­­hauptmann war er zu einer legendären Figur geworden, vergleichbar etwa mit dem steirischen Landeshauptmann Josef Krainer sen. (1948-1971); auch dieser kam aus dem ländlichen Raum, hatte nur geringe Schul­bildung und war ursprünglich Holzarbeiter gewesen. Wallnöfers Hauptanliegen als Landeshauptmann waren Südtirol, das Verkehrs- und Energiewesen, die Förderung des ländlichen Raums und der Schulbau. An Südtirol dachte er auch, bei der von ihm 1982 initiierten Grün­dung der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer (Arge-Alp) welche Tirol, Südtirol, das Trentino, Vorarlberg, Bayern, Baden-Württemberg, den Kanton St. Gallen und die Lombardei einschloss, sowie bei der Einführung der Dreiländer-Landtage (Tirol, Südtirol, Trentino): Nachdem die Brennergrenze nicht abgeschafft werden konnte, sollte auf diesem Weg die Landeseinheit Tirols gefördert werden. Wallnöfer war ein großer Straßenbauer. Vor allem die Errichtung der Brennerautobahn war ihm ein Anliegen. Er pflegte zu sagen: „Tirol war immer ein Passland und wenn wir die Autobahn nicht bauen, wird Tirol umfahren werden“. Sicherlich, die Autobahn wäre auch ohne Wallnöfers ständigem Drängen früher oder später gebaut worden und heute wären wir froh, einen Teil des LKW-Durchgangverkehrs anderen Regionen überlassen zu können. Ein Traum von ihm war auch der Bau einer Schnellstraße von Ulm nach Mailand über den Reschen und mit einem Tunnel unter dem Stilfserjoch. Dabei dachte er auch an den damals wenig entwickelten oberen Vinschgau, der damit wirtschaftlich aufgewertet werden könnte. Als Politiker war Wallnöfer souverän. Ein beliebter Spruch von ihm war: „Ohne täglich zweimal einen Missbrauch der Amtsgewalt zu begehen, kann man dieses Land nicht regieren“. Damit wollte er sich nur über kleinliche, auch rechtliche Regelung im Interesse des Landes, auch gegenüber Wien, hinwegsetzen, wenn er von der Richtigkeit einer angepeilten Lösung über­zeugt war. Persönlich hat er sich dabei aber nie bereichert. In dieser Hin­sicht war er dem SPÖ-Außenminister und dann Bundeskanzler (1970-1983) Dr. Bruno Kreisky ähnlich, mit dem er sich gut verstand; das Verhält­nis zwischen den beiden war von hoher persönlicher Wertschätzung geprägt. Übrigens, Tirol, das bis in den 70er Jahren „in der zweiten Reihe“ stand, war unter Wallnöfer zu einem wirtschaftlich und kulturell blühenden Land geworden. Zum Abschluss noch ein paar persönliche Erinnerungen an Eduard Wallnöfer: Als Vinschger war er ein entfernter Vetter von mir, zumal auch mein Vater (geb. 1878) aus Schluderns stammte, und auch von Leo Tumler in Schlanders. Mit Landeshauptmann Wallnöfer habe ich viel zusammengearbeitet, vor allem in der Südtirol-Frage und, gemeinsam mit dem Südtiroler Landeshauptmann Dr. Silvius Magnago, bei Verhandlungen mit dem österreichischen Außenamt, auch gut zusammengespielt. Mehrmals waren wir gemeinsam auf Auslandsreisen (New York, Genf). Wenn ich, als junger Diplomat im Wiener Außenamt, ihm etwas vorgetragen habe, hat er mitunter gesagt: „Du Doktr, das gefällt mir nicht“. Daraufhin habe ich nachgedacht und musste nicht selten zugeben, dass meine Argumentation vielleicht doch nicht die beste war. Wallnöfer hatte eben einen gesunden Hausverstand und jede Situation rasch erfasst. Im Zusammenhang mit dem schon erwähnten Projekt des Baues der Schnellstraße Ulm-Mailand um 1968 (ich war damals österreichischer Generalkonsul in Mailand) kam Wallnöfer in Begleitung des Landesamtsdirektors Dr. ­Rudolf Kathrein mehrmals zu Besprechungen mit italienischen Politikern und Experten nach Mailand. Es war um den Durchstich unter dem Stilfserjoch gegangen. Ich fungierte als Dolmetscher. Wallnöfer verhandelte mit den italienischen Gesprächspartnern: Politiker und Ingenieure, Professoren des Mailänder Politecnico, von gleich zu gleich und mit großer Sachkenntnis. Anschließend fragten mich die Italiener des Öfteren, ob Landeshauptmann Wallnöfer Straßenbauingenieur sei. Zu deren Verblüffung musste ich antworten, er sei Volksschüler, mit ein paar Jahren Landwirtschaftsschule. Als Landeshauptmann musste Wallnöfer des Öfteren zu Besprechungen mit der Regierung nach Wien kommen. Ein, zwei Tage vor seiner Reise rief er mich in Wien an und bestellte mich zum Frühstück um acht Uhr ins Hotel Regina, damit wir gemeinsam die Gesprächspunkte durchgehen. Dann sagte er mir: „Doktr, jetzt noch ein Schnapsl“. Ich musste ihm erwidern, dass ich, wenn ich bereits zum Frühstück einen Schnaps trinke, für den Rest des Tags nicht mehr zu gebrauchen sein würde. Wallnöfer konnte es nicht verstehen, dass junge Leute keinen Schnaps vertragen und er trank auch das für mich bestellte Stamperl aus. Das waren die einzigen Situationen, in denen wir geteilter Meinung waren. Eduard Wallnöfer war ein tief religiöser, pflichtbewusster und aufrichtiger Mensch. Trotz seiner politischen Erfolge als Landeshauptmann war er ein einfacher, nie überheblicher Mensch geblieben, der es verstand, mit allen, gleich ­welchen Ranges, zu sprechen und von diesen verstanden wurde. Auch ein feiner, nie beleidigender Humor war ihm nicht fern. Einmal, in den 70er Jahren, sollte das Amt des öster­reichischen Botschafters in Rom, an dem Wallnöfer wegen dessen Bedeutung für die Südtirolpolitik, eminent interessiert war, neu besetzt werden. Sein Wunschkandidat wäre Botschaftsrat Dr. Heribert Tschofen gewesen, der viele Jahre in der Südtirol-Politik gearbeitet hatte. Wallnöfer rief Bundeskanzler Kreisky an und unterbreitete ihm sein Anliegen. Der Bundeskanzler antwortete, auch er schätze Dr. Tschofen sehr, dieser sei für den Posten aber doch noch zu jung. Wallnöfer entgegnete ihm: „Herr Bundeskanzler, i tät meinen, das ist ein Nachteil, der von Tag zu Tag kleiner wird“. So habe ich Eduard Wallnöfer in Erinnerung. Er war ein großer Sohn des Vinschgau und er hat sich auch immer als Vinschger gefühlt. Franz Matscher, Wien

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