Corona-Tagebuch (29), 17.04.2020
Die Katze in der Fußgängerzone
- Wie schnell doch die Zeit verrinnt. Und wie langsam. Manche Corona-Tage und auch Corona-Nächte sind so lang wie Kondensstreifen von Flugzeugen. Solche Streifen sind am Himmel seit nunmehr 5 Wochen ziemlich rar geworden. Die Flieger fliegen nicht mehr. Vieles von dem, was in normalen Zeiten von Menschen getan und betrieben wird, steht still. Der Natur ist es egal. Im Gegenteil. Sie lebt auch ohne die Einmischung der Menschen weiter. Zum Teil geht es ihr derzeit sogar besser. Das Rad der Vegetation dreht sich in aller Ruhe weiter. Als ich Anfang März in der Kapuzinerstraße an einem prächtigen Palabirnbaum vorbeiging, trieb dieser die ersten Blüten. Nun ist er schon längst verblüht und auch die „Nudel“ seines Nachbarn, eines stattlichen Nussbaums, liegen schon auf dem Gehsteig. Seit über einem Monat sind wir eingesperrt. Die Osterzeit scheint schon längst vorbei zu sein. Was kommt jetzt? Ach ja, Pfingsten. Am 31. Mai ist Pfingstsonntag. Wie wird es Ende Mai sein? Hoffentlich etwas lockerer. Lockerer in der Wirtschaft, im Alltag und auch im Gemüt. Seit einigen Tagen ist Gott sei Dank ein bisschen Frischluft zu spüren. Zumindest zum Spazieren, Wandern und ausgedehnten Luftholen dürfen die Leute wieder ins Freie. Einige sind auch schon wieder bei der Arbeit. Zum ersten Mal seit längerer Zeit habe ich heute beim weißen Bildstock unterhalb des Scheibenschlagbichls wieder einen Wanderer gesehen. Ob er einen Mundschutz trug, war vom Dorf aus mit freiem Auge nicht auszumachen. So langsam erobert der Mensch sein Revier wieder zurück. Vor allem im Tal wird er die Plätze und Straßen wieder bald voll besetzen. Mehrmals habe ich in den vergangenen Tagen darüber gestaunt, wie viel Platz und Flächen wir eigentlich für unser Treiben brauchen. Die Straßen kamen mir ungewöhnlich groß und breit vor. Es war sicher auch die plötzliche Leere, die zu diesem Eindruck beigetragen hat. In der Fußgängerzone stieß ich in den vergangenen Wochen beim Heimgehen an mehreren Abenden auf eine einsame Katze. Vielleicht irre ich mich, aber mir kam so vor, als wurde sie Abend für Abend heimischer in ihren großen, stillen, neuen „Stube“.
Sepp Laner