„Wir haben einen Standard, den wir uns nicht leisten können“
Publiziert in 38 / 2008 - Erschienen am 29. Oktober 2008
Schlanders/Laas/Mals – Geschlossen. Dies liest sich immer öfter an ehemaligen Vinschgauer Gasthaustüren; von Naturns bis Reschen ist auch 2008 so manch’ gastfreundlicher Eingang für immer zugegangen. Die letzten Jahre, die das Rauchverbot in Bars und schärfere Strafen für Autofahren unter Alkoholeinfluss brachten, waren auch jene Jahre, die einhergingen mit dem Geld, das den Bürgern eben nicht mehr so locker in den Taschen sitzt. Sie haben den Gastwirten - neben Preiserhöhungen im Lebensmittel- und Energiesektor - zu schaffen gemacht. Wie geht es denen, deren Betrieb noch offenen Türen für Gäste hat? Unsere Umfrage ergab: die Hoffnung stirbt zuletzt.
Bernd Regensburger, Schwarzer Widder, Schlanders: Die Stammkundschaft ist uns auch in den letzten Jahren geblieben. Ich persönlich begrüße das Rauchverbot, vor allem deswegen, weil meine Mutter und mein Onkel lange schon im Rauch gearbeitet haben. Ansonsten kommen mir die ganzen Regeln und Verbote zu drastisch vor. Aber ich denke immer positiv und glaube deshalb auch, wenn man sich bemüht, wird es schon weitergehen.
Markus, Bar Cremona, Schlanders: Wir haben zu Anfang des Rauchverbotes schnell reagiert und einen Raucherraum eingerichtet. Wenn ich das Gift schon verkaufe, muss ich auch einen Raucherraum haben. Umsatzrückgänge gibt es schon, wer früher fünf Feierabendbiere getrunken hat, trinkt heute nur eines, weil er noch mit dem Auto fahren muss. Es reicht heute nicht mehr, einen Zapfhahn zu öffnen, man muss sich schon etwas einfallen lassen. Wir haben hier viele verschiedene Artikel, um die Bar zu erhalten und der schwächenden Kaufkraft entgegenzutreten.
Erika Tumler, Pächterin Café am Platz, Schlanders: Es gibt einige Aspekte, die einen Barbetrieb heute erschweren: Teuerung der Lebenshaltungskosten, hohe Pachtspesen beispielsweise. Wenn ich die Pacht, den Strom und den Steuerberater gezahlt habe, kann ich mir keine Bedienung mehr leisten. Wenn ich nicht selbst hier stünde, ginge es nicht. In den letzten fünf Jahren ist das Geschäft jedes Jahr kontinuierlich schlechter geworden. Die Leute konsumieren auch nicht mehr so viel und feiern zu Hause, die Gemütlichkeit des Gasthauses geht verloren, bei Wasser unterhält man sich halt nicht so gut. Und wenn es mal eine Veranstaltung gibt, dann hagelt es Bestimmungen und Verbote, es sei zu laut, zu dies, zu das, dann fahren die Carabinieri dreimal hier vorbei, ansonsten sitzen hier die Finanzer in Zivil und schauen mir über die Schulter. Für das kommende Jahr wünsche ich mir, dass das Lokalsterben aufhört – von den altbürgerlichen Gasthäusern in Schlanders sind ja nur noch wenige da, der „Kreuzwirt“ und der „Hasenwirt“ haben geschlossen.
Post-Paula, Bar Café Post, Mals: Die sieben fetten Jahre sind vorbei. Für die kommenden Jahre muss man erst schauen, die Zukunft wird allerdings nicht rosig sein. Das hier ist erst der Anfang.
Anton Stampfer (im Bild mit Tochter Maria), Bar Garni Krone, Mals: Das Konsumverhalten hat sich geändert, weil die Leute weniger Geld zur Verfügung haben. Das Ausgehverhalten verändert sich ständig, im Gastgewerbe fängt man diese Veränderungen auf. Dass die Ausgaben steigen, bekommt man schon zu spüren. Wenn man sich auf das Wesentliche konzentriert, langt es auch in Zukunft für alle. Sparen ist kein Schimpfwort: in dem Sinne, dass man nachhaltig mit etwas umgeht, ist es eine Tugend, wenn man mit Energie sparsamer umgeht, beispielsweise.
Walter Pinggera, Café Konditorei Greta, Laas: An und für sich haben wir noch nicht viel von schwindender Kaufkraft gemerkt. Aber man muss sich mehr und mehr Mühe geben. Man muss ein bisschen in den sauren Apfel beißen – die Preise für Rohstoffe sind stark angestiegen, doch der Preis für die Torte bleibt gleich. Die steuerliche Belastung ist sehr, sehr hoch und im Verhältnis zur Mühe bleibt unterm Strich nichts übrig. Dass die Steuern noch höher werden, damit rechne ich nicht, denn wir befinden uns schon am Limit. Wichtig wäre, die Steuern zu senken und die Löhne zu erhöhen, denn die Löhne stimmen schon lange nicht mehr überein.
Peppi Stecher, Eisdiele, Mals: Es ist die Summe der verschiedensten Faktoren: Rauchverbot, das Konsumieren von weniger Alkohol wegen der hohen Strafen – innerhalb der letzten zwei, drei Jahre hat sich das Ausgehverhalten verändert. Allgemeiner lässt sich sagen: Wir haben einen Lebensstandard, den wir uns nicht leisten können. Von diesem Niveau wieder wegzukommen, das dürfte schwierig werden. Wir haben hier in der Eisdiele in den letzten acht Jahren die Preise einmal erhöht, im Einkauf ist es allerdings sehr viel teurer geworden. Der Umsatz stagniert schon länger. Für die Zukunft ließe sich sagen, dass man nicht aufgeben und die Hoffnung nicht verlieren solle. Die Finanzkrise wird auch Südtirol auf wirtschaftlicher Ebene erreichen; wenn hier Betriebe geschlossen werden, haben wir ein großes Problem.
Katharina Hohenstein

Katharina Hohenstein