Ära als Radio-Moderatorin ist zu Ende

Publiziert in 20 / 2010 - Erschienen am 27. Mai 2010
Schlanders – Im Auto, im Büro, unter der Dusche, beim Mittagstisch oder in irgend­einer Bar: Man hörte sie fast immer und überall, die Stimme­ von Elke Lösch ­Gamper. 24 Jahre lang war sie für viele ­Vinschger ganz einfach die „Frau vom Radio“, wobei mit Radio natürlich Tele Radio Vinschgau gemeint ist. Vor kurzem hat Elke entschieden, ihre Ära als Radio-Moderatorin zu beenden. Die Hoffnung vieler, die immer noch glauben, Elke Lösch sei nur im ­Urlaub oder nur vorübergehend nicht im Studio, bleibt zwangsläufig unerfüllt. „Der Vinschger“: Haben Sie mit Ihrer Arbeit bei Tele Radio Vinschgau vollständig abgeschlossen? Elke Lösch: Nein, vollständig nicht. Die Entscheidung, als Radio-Moderatorin auszusteigen, kam auch nicht plötzlich und sie fiel mir alles andere als leicht. Trotzdem ist es mir gelungen, mich zu dieser Entscheidung durchzuringen. Meine Ära als Moderatorin ging offiziell am 31. März 2010 zu Ende. Seither bin ich selbstständig. Ich habe mein eigenes Büro und arbeite als Werbe­beraterin bzw. Werbeverkäuferin nach wie vor für Tele Radio Vinschgau. Das heißt, dass ich jetzt mehr Zeit für meine Werbekunden habe und den einen oder anderen versprochenen Kaffee auch endlich mal ein­lösen kann. Es ist ungewöhnlich, so viel Zeit für sich zu ­haben, ich weiß natürlich ­immer was anfangen damit! Warum haben Sie Ihren Beruf nach fast einem Vierteljahrhundert an den Nagel gehängt? Elke Lösch: Das kann ich mit einem Satz nicht sagen. Es spielten viele Faktoren eine Rolle und ich bin der Typ, der nicht die Fehler bei anderen sucht, sondern bei sich selbst. Für alles was passiert ist man selbst verantwortlich! Ich denke, der Hauptgrund war wohl, dass ich mich nach 24 Jahren „Rund-um-die-Uhr-Arbeit“ einfach ausgelaugt fühlte. Was mich verletzt, ist, dass böse Zungen immer wieder Unwahrheiten verbreiten. Das ist respektlos! Mir fällt da ein, was „Die Ärzte“ singen: Lass die Leute reden und hör ihnen nicht zu…Alles was passiert, passiert aus einem bestimmten Grund. Ich darf - so glaube ich zumindest - mit ein wenig Stolz auf diese lange Radiokarriere zurückblicken, weil es nicht immer ganz einfach war, diesen Beruf und die Familie unter einen Hut zu bringen. Ich danke ganz besonders meinem Mann für die Unterstützung und meinen Jungs, 19 und 12 Jahre, die ab und zu ohne Mama auskommen mussten. Ist dieser Job wirklich so fordernd? Elke Lösch: Ja, das Radio­machen ist ein verdammt schwieriger Job, er geht schon an die Substanz, ich möchte sagen, dass man immer zu 110 Prozent gefordert ist. Wer einmal mit dem Radio-Virus infiziert ist (lächeld), bleibt es lebenslänglich. Aber man muss sagen, es hat sich wahnsinnig viel geändert, speziell in der Technik. Während der ersten gut 10 Jahre arbeitete ich 7 Tage in der Woche, also 365 Tage im Jahr nonstop, es hat aber einfach Spaß gemacht. Heute ist das nicht mehr denkbar und niemandem zumutbar. Anspruchsvoller geworden sind aber auch der Zuhörer und der Werbekunde! Wie kamen Sie zum Radio? Elke Lösch: Ein verrückter Teenager, mit dem man Pferde stehlen konnte, dafür war ich eh über die Grenzen hinaus bekannt. Es war während meiner Ausbildungszeit als Verkäuferin, in den ärgsten „Flegeljahren“, als ich beim Radio anfing. Da wurde ich - wie man so schön sagt - ins kalte Wasser geschubst. Aus Spaß wurde mein Beruf. Gab es in Ihrem Beruf so etwas wie Langeweile oder Frust? Elke Lösch: Langweile, oh Gott nein! Im Gegenteil. Manchmal habe ich vergessen auf die Uhr zu schauen und die Küche blieb kalt. Frust? Ja doch, das habe ich in den letzten­ Jahren leider auch kennen gelernt: wenn man alles gibt und nichts bekommt. Ist das alles nicht auch be­lastend? Elke Lösch: Belastend würde ich nicht sagen. Eine Herausforderung Tag für Tag ist es schon, immer sekundengenau den Tag zu gestalten. Es gibt einem einerseits viel, verlangt einem andererseits aber auch viel ab. Wenn man über so viele Jahre hinweg als Ansprechpartner für alles fungiert, wird man zu einer Art Institution. Bestimmte Leute suchen dann gezielt den ausschließlichen Kontakt mit dieser Person. Für das Betriebsklima insgesamt ist das langfristig sicher nicht unbedingt nur förderlich, aber irgendwie ist es für mich immer wichtig gewesen, alle Leute,­ egal ob arm oder reich, dick oder dünn, farbig oder weiß, gleich zu bedienen…die Leute merken eben auch gleich, wo Menschlichkeit zählt. Was nehmen Sie aus all den Jahren als Moderatorin mit? Elke Lösch: Darüber werde ich einmal ein Buch schreiben müssen, das ist so viel… Die Erfahrungen und unzählig viele tiefgründige Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen. Da fallen Politiker und Prominente ebenso hinein wie der einfache Mann von der Straße oder der Obdachlose unter der Brücke. Mitnehmen tue ich schlussendlich alles, was ich erleben durfte. Leben ist für mich: Zeichnen ohne Radier­­gummi - wenn ich manchmal auch gerne vieles auslöschen möchte. Geht es Ihnen nicht ab, nicht mehr mit Ihren Zuhörern kommunizieren zu können? Elke Lösch: Jetzt treffen Sie meine emotionale Ader. Über Radio mit Menschen zu kommunizieren ist sensationell, ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Da sitzt man im Studio und ist in jedem Haus zu Gast, traumhaft! Als ich wusste, heute ist meine letzte Radio-Stunde, war ich traurig und ich verabschiedete mich nicht wie sonst jeden Tag mit: „…bis morgen, alles Liebe, machen Sie’s gut, Ihre Elke Gamper…“ Das war schon ungewohnt und ein komisches Gefühl. Doch, es fehlt mir, mal mehr mal weniger, aber ich wusste von vornherein, dass es schwer wird, nicht mehr „meine“ Musik zu spielen, nicht mehr mit „meinen“ Zuhörern zu reden. Mehr als mein halbes Leben habe ich Radio gemacht und das mit meinem ganzen Herzen. An dieser Stelle sage ich meinen Eltern auch ein riesengroßes Dankeschön, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Lebenserfahrung zu machen. Entscheidungen tun immer weh, das sagt das Wort. Ich scheide mich von etwas, das ich sehr lieb gewonnen habe, ich bin aber vollster Überzeugung, dass es im Leben Prioritäten geben muss. Man muss zuerst eine Tür schließen um eine andere öffnen zu können. Werden Sie von Ihrem Publikum vermisst? Elke Lösch: Wie es den Anschein hat ja. Jedenfalls mehr als ich gedacht habe. Es ­sprechen mich sehr, sehr viele Leute an, Bekannte und solche, die ich gar nicht persönlich kenne, die aber mich, sprich meine Stimme kennen und vermissen. Ein schönes Gefühl. Eine Bestätigung. Es kommen laufend SMS und E-mails. An der Stelle entschuldige ich mich auch, wenn ich nicht immer sofort antworte. Sind Ihnen nie Fehler passiert? Elke Lösch: Natürlich sind mir Fehler passiert. Dazu ­stehe ich. Fehler sind für mich wie Wegweiser, sie zeigen mir, künftig die richtige Richtung einzuschlagen. Gibt es eine Begegnung, die Sie besonders berührt hat? Elke Lösch: Es waren die meisten Begegnungen besondere. Nie vergessen werde ich die Begegnung mit einem aidskranken Mann aus dem Gefängnis. Er wollte, dass ich während seiner Sterbestunde bei ihm bin, konnte das aber nicht, weil ich im Studio sein musste. Das sind schon prägende Momente, einer von vielen. Was hat Ihnen besonders ­gefallen als Radiomoderatorin? Elke Lösch: Jeden Tag mit einem Lächeln zur Arbeit zu gehen und zu wissen, ­heute werde ich wieder tausende Zuhörer da draußen unterhalten und vielleicht glücklich machen. Es ist kaum zu glauben, wie wenig es braucht, jemandem eine kleine Freude zu machen, zum Beispiel einen Musikwunsch erfüllen. Ob ein Dankeschön per Postkarte,­ ein Stück Käse oder Speck, die Vinschger haben echt viel Herzlichkeit. Wem gehören die jetzigen Stimmen bei Tele Radio Vinschgau? Elke Lösch: Nach wie vor: ­Daniela Lösch und Natalie Bernhart sowie den Neuzugängen Petra Aster und Natalie Thaler. An der Rezeption ist Karin Kuntner. Mein Bruder Harald und Vater Rudi Lösch schmeißen die Technik und die nimmer endende Bürokratie.­ Ich traue mich zu sagen: Tele Radio Vinschgau ist in besten Händen. Danke den Zuhörern, die ich mehr als 2 Jahrzehnte begleiten durfte. Danke meinen Eltern und besonders meiner Familie. Danke einem lieben Freund. „Mit Worten kann man sich verständigen. Mit dem Herzen kann man sich verstehen“ (Claire Elsesser). Interview: Sepp Laner
Josef Laner
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