Tamara Spechtenhauser steht auf der Tiefbaustelle ihre Frau.
Tamara mit dem Lkw-Fahrer Johannes Kuen, der ebenfalls bei der Firma Gögele GmbH beschäftigt ist.

Keine Furcht vor Pickel und Schaufel

Tamara Spechtenhauser arbeitet bei Tiefbauunternehmen. Kein „normaler“ Job für eine Frau. Grafikerin als Traumberuf.

Publiziert in 27 / 2020 - Erschienen am 6. August 2020

Rabland/Schlanders - „Was machen Sie da hinter der Abzäunung unserer Baustelle?“ Bestimmt und resolut machte eine junge Frau kürzlich den Schreiber dieser Zeilen darauf aufmerksam, dass er hinter der Baustelle nichts zu suchen hat. An Selbstbewusstsein fehlt es Tamara Spechtenhauser aus Rabland nicht. Und auch nicht an Arbeitseifer, Geschick und Können. Eine „normale“ Arbeit für eine Frau ist der Sommerjob, den die 17-Jährige seit einigen Monaten verrichtet, allerdings nicht. Tamara arbeitet den Sommer über beim Partschinser Tiefbauunternehmen Gögele GmbH. Für einige Zeit half sie in Ulten mit, wo die Firma mit Stromverlegungsarbeiten betraut wurde, die derzeit noch laufen. Seit etlichen Wochen ist die Firma im Auftrag der Gemeinde Schlanders damit beschäftigt, sämtliche unter-
irdischen Infrastrukturen in der Grüblzone zu erneuern und Hand in Hand damit das Glasfasernetz zu verlegen. Tamara ist immer mitten drin. Man sieht sie mit der Schaufel oder dem Pickel, mit Brettern oder Bauteilen unter den kräftigen Armen. Sie manövriert die kleine Walze und hebt mit dem Kleinbagger Gräben aus. Sie verlegt Schaltafeln und schweißt Rohre zusammen. Sie verrichtet kurzum alle Arbeiten, wie sie auch ihre männlichen Mitarbeiter ausführen. Nur wenn es darum geht, besonders schwere Lasten zu tragen, gehen ihr die Männer zur Hand. Diesen stellt sie übrigens ein gutes Zeugnis aus: „Sie nehmen mich alle voll erst und wir arbeiten sehr kollegial zusammen. Ob jemand Mann oder Frau ist, spielt überhaupt keine Rolle.“ Es habe nie irgendwelche Neckereien oder abwertende Bemerkungen darüber gegeben, dass die Arbeit auf einer Tiefbaustelle nicht der richtige Job für eine Frau wäre. Rein körperlich gesehen ist diese Art von Arbeit zwar eine Herausforderung, aber Tamara kann auf „Reserven“ zurückgreifen, sprich auf eine nicht unbeachtliche Körperkraft. Angeeignet hat sie sich diese u.a. bei vielen Bewerben der Jugendfeuerwehr in Rabland: „Wir hantierten oft mit Schläuchen und Kupplungen. Das lässt die Muskeln wachsen.“ Tamara, die im Herbst am „gymme“ in Meran (Gymnasien Meran) ihr Matura-Jahr beginnt, trat schon mit 12 Jahren der Jugendfeuerwehr ihres Heimatdorfes bei. Die Freude und Begeisterung für die Feuerwehr hatte ihr Vater Michl geweckt, der langjährige Gerätewart der Freiwilligen Feuerwehr Rabland. Mittlerweile ist Tamara aktives Mitglied der Rablander Wehr. Um in Zukunft mit dem großen Tanklöschfahrzeug fahren zu können, möchte sie den Lkw-Führerschein machen. Eine klare Vorstellung hat sie mittlerweile auch darüber, was sie in Zukunft unternehmen wird: „Ich war lange Zeit zwischen Architektur und Grafik hin- und hergerissen. Während der Corona-Wochen hatte ich viel Zeit zum Überlegen und jetzt weiß ich, was ich will: ich werde in Wien Grafik studieren.“ Einen kleinen „Schupser“ in diese Richtung bekam Tamara, als sie unlängst für ein Fahrradgeschäft in Rabland ein neues Logo entwerfen durfte. Ihr erstes grafisches Werk stieß sofort auf viel Zuspruch.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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