Heinz, Schwester Nanni, Mama Hildegard und Sohn Benno Unterholzer (von rechts) mit einem Zeitzeugen, dem Fiat 514 Modell Torpedo Cabrio, Baujahr 1930. Besitzer und Re-Konstrukteur Peter Moser aus Lana hat seinen Schatz zum Jubiläum nach Schlanders gebracht.

75 Jahre Auto Unterholzer in Schlanders

Publiziert in 44 / 2008 - Erschienen am 11. Dezember 2008
Schlanders – Für den ­Unterholzer „Luttl“ wäre es vor 75 Jahren unvorstellbar gewesen, mit dem Satz zu werben: „Wir sind natürlich bemüht, die Abfälle Ihres Fahrzeuges fachgerecht zu entsorgen (usw. usw.)… unter Berücksichtigung aller gesetzlichen Auflagen und Vorschriften.“ Heute - ein Dreivierteljahrhundert nach der Gründung von „Auto Unterholzer“ - bietet Sohn und Nachfolger Heinz wie selbstverständlich eine Reihe von Dienstleistungen an, über die der junge Ludwig Unterholzer damals entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen ge­schlagen hätte. Damals, das war am 30. Oktober 1933, hat die Welt im Vinschgau ganz anders ausgesehen. Nur wenige Autos sind über die eingeschotterten Straßen gerumpelt. Mussten sie eine Werkstätte anfahren, dann war nicht die Ent-sorgung alter Bestandteile das Thema, sondern die Be-sorgung von Bestandteilen überhaupt. In seiner ersten Werkstätte bei der „Fuchs-Säge“ in Latsch führte der noch nicht 20jährige Unterholzer sicher keine 15.000 Positionen im Ersatzteillager wie sein Sohn heute. Und er konnte auch nicht versprechen, ein beliebiges Ersatzteil innerhalb von 24 bis 48 Stunden aus dem FIAT-Hauptlager in Turin in seiner Werkstatt zu haben. Nach seiner Latscher Zeit zog Ludwig Unterholzer nach ­Schlanders in die Kapuzinergasse (heute Lagerraum des Richard Wieser) und später wieder zurück an die damalige Nationalstraße, ins Troyer-Haus. Der junge Mechaniker muss sich von seinen Berufskollegen gewaltig abgehoben haben. Als 13jähriger war er schon außerhalb des Vinschgaus unterwegs, hatte in Bozen die „Scuola Industriale“ als Vorstufe zur „Scuola di tirocinio sezione meccanica“, zur eigentlichen Berufsschule, besucht und war Mitglied des „Motor-Clubs Bozen“. Dabei taten es ihm vor allem rassige Motorräder an; Unterholzer erwarb auch die Lizenz für ­Motorrad-Rennen und schaffte es sogar, Clubmeister zu werden. Um die arbeitsschwache Winterzeit zu überbrücken, machte er das Skilehrerpatent und betreute Ski-Hasen am Patscherkofel bei Innsbruck ebenso wie im High-Society-Hotel „Paradiso“ in Hintermartell. 1948/49 erfüllte sich der Traum eines Selbstständigen. An der neuen Schlanderser Umfahrungsstraße eröffnete er die eigene, geräumige Werkstatt samt einer Tankstelle. Präzise hatte der damals 34-Jährige Benzinpreise und verkaufte Menge notiert. Exakt am 22. Juli 1950 kostete der Liter Benzin 116 Lire (etwas mehr als 5 Cent), der Tagesverkauf betrug 375 Liter. Ein Jahr zuvor, 1949, hatte über Auto Unterholzer die „Zweirad-Legende Vespa“ der Firma Piaggio Einzug in den Vinschgau gehalten. Die erfolgreiche „Beziehung“ nach Pontedera in der Toscana ist heute noch lebendig und wurde 1963 nach Turin um die Fiat-Vertretung erweitert. Inzwischen hatte Ludwig Unterholzer Hildegard Gerstl aus Latsch geheiratet. Tochter Helga war 1950 zur Welt gekommen; es folgten die Söhne Heinz 1952, Robert 1954 und Karl 1957. Fast denkt man an direkte Zusammenhänge zwischen den „Rennfahrer-Neigungen“ des ältesten Sohnes Heinz und den Rennfahrer-Erfolgen Ludwigs im Jahre 1952. Damals hatte die Tageszeitung „Dolomiten“ den Versuch angekündigt, dass man beim schwierigen Bergrennen Brixen-Plose den Streckenrekord des „bekannten Rennfahrers aus Schlanders, Ludwig Unterholzer“ brechen wolle. Der Rekord wurde gebrochen, aber vom Inhaber selbst auf einer „Benelli 500“. Der „Alto Adige“ registrierte das Ereignis am 8. September 1952 mit dem Titel „Sfreccia vittorioso a Cima Plose il bolzanino Lodovico Unterholzer“ (sinngemäß: Der Bozner Ludwig Unterholzer flitzt siegreich auf die Plose) und nannte ihn den „braunen Zentauren des M.C. Bozen“.Die jüngste Tochter Nanni war noch nicht geboren, als Ludwig Unterholzer 1964 seinen letzten Umzug vorbereitete und mit Frau, Kinder und Werkstätte an den heutigen Sitz in der Karl Tinzl-Straße Nummer 1 zog. Zwei Jahre später trat Sohn Heinz die Mechaniker-Lehre im heimischen Betrieb an. 1972 bewiesen dessen erste Pokale als Rennfahrer, dass der Apfel sprichwörtlich nicht weit vom Stamm gefallen war. Seit 1980 ist Heinz Unterholzer Inhaber des Betriebes, in dem auch die jüngste Schwester mitarbeitet. Im selben Jahr begann das Computer-Zeitalter bei Auto Unterholzer. Dazu kann Heinz nur mehr den Kopf schütteln: „Das war damals kein Personalcomputer, sondern ein Monstrum mit nur 40 Megabytes Speicherplatz. Der entwickelte so viel Hitze, dass wir ihn gar nicht ins Büro stellen konnte“. Heinz senkte die Stimme, als er hinzufügte: „Außerdem hat er gekostet wie ein Ferrari.“ Neben den vielen Dienstleistungen und der Tagesarbeit in der Werkstätte bietet sich Auto Unterholzer weiterhin als Vertragswerkstätte für Fiat, Piaggio und Aprilia an. Die tägliche Ersatzteil-Versorgung vor allem im Zweirad-Bereich ist ein Magnet für Kunden quer durch die Generationen. Dass die Kontakte zu Motorsport interessierten Jugendlichen nicht abreißen, setzt sich Betriebsleiter Heinz Unterholzer immer wieder in ein Rennauto und mischt bei Gelegenheit unter den Jungen mit. Nicht zu vergessen, dass er der Initiator des Bergrennens ins Martelltal war. Als nationaler Kampfrichter und verantwortlicher Koordinator der italienischen Auto-Cross-Meisterschaft ist er heute im ganzen Staatsgebiet unterwegs. Der versierte Tüftler und Bastler ist aber auch Vorsitzender des Modelleisenbahnclubs Schlanders und derzeit Verantwortlicher beim Aufbau der größten „Eisenbahnerlebniswelt“ Italiens in Rabland. Zielstrebigkeit und Ruhe beweist Heinz Unterholzer als Sportschütze, Verantwortung und Organisationstalent als Landesschießsportleiter im Südtiroler Sportschützenverband.
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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