Kinder und Eltern gleichzeitig stark machen
Publiziert in 37 / 2010 - Erschienen am 20. Oktober 2010
Mals/Graun/Prad – Bettina Bühler aus Hamburg ist Schulpsychologin, Heilpraktikerin, Kinderkrankenschwester und Ernährungsberaterin. „Der Vinschger“ hat mit ihr ein Interview geführt, da sie am 27., 28. und 29. Oktober jeweils einen Vortrag hält in Mals, Graun und Prad, und zwar auf Einladung der jeweiligen Bildungsausschüsse.
„Der Vinschger“: Frau Bühler, warum kommen Sie bald in den Vinschgau?
Bettina Bühler: Schon von klein auf bin ich gerne und regelmäßig in Südtirol gewesen. Für mich gibt es kein so schönes Fleckchen auf dieser Welt um diese Jahreszeit wie den Vinschgau. Gerade hier spürt man im Herbst, wie eng wir Menschen doch trotz allen technischen Fortschritts mit der Natur in Verbindung stehen. Der Herbst leitet in all seiner bunten Pracht die Ruhephase ein. Und genau das dürfen wir Menschen von der Natur hier lernen. Es gibt eine Zen-Weisheit die besagt: „Wenn man still sitzt und nichts tut, kommt der Frühling und das Gras wächst ganz von allein.“ Das gilt für die Natur, für die Menschen und vor allem auch für die Beziehung zu unseren Kindern. Wir sind in den letzten Jahren so extrem kritisch und perfektionistisch geworden: Mit unseren Kindern aber auch mit uns selbst. Ich freue mich auf drei spannende Vorträge in einem Land, dessen Ressource, Stärke und Vorsprung für die Gesundheit genau das ist: Die Natur mit all ihrer Kraft und Energie.
Worüber werden Sie bei den drei Vorträgen berichten?
Bettina Bühler: Als Schulpsychologin und Kinderkrankenschwester schlägt mein Herz natürlich an allererster Stelle für die seelische und körperliche Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Was macht Kinder zu selbstbewussten, glücklichen, selbständigen und konfliktfähigen Menschen. Wir alle sind das Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele. Kinder zeigen uns sehr deutlich, wie wichtig es ist, diese drei in Balance zu halten. Geht es der Seele schlecht, beauftragt sie den Körper ein Symptom zu schicken. Der Körper wird krank.Die Ernährung ist das gesunde Fundament für die Gesundheit. Auf Sand lässt sich schließlich schlecht ein Haus bauen.
Was bedeutet für Sie Kindererziehung, was Kinderkrankheiten und was die Ernährung im Allgemeinen, und im Besondern der Kinder?
Bettina Bühler: Kindererziehung: Heutzutage stellen sich Eltern oftmals selbst unter einen unglaublichen Druck. Häufig sind sie in Erziehungsfragen verunsichert. Sie wollen perfekte Eltern sein für perfekte Kinder und legen deswegen nicht selten eine Art Turboerziehung hin. Das geht aber nicht. Erziehung funktioniert nur, wenn die Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen stimmt. Kindererziehung bedeutet für mich Beziehungsarbeit, auch innerhalb der eigenen Partnerschaft. Denn der Boden auf dem unsere Kinder wachsen, sind wir, die Eltern. Kinder brauchen gute Vorbilder, Eltern, die so authentisch wie möglich sind.
Kinderkrankheiten: Viele Kinderkrankheiten sind aus Sicht der Komplementärmedizin (Ganzheitsmedizin) Teil des natürlichen Entwicklungsprozesses. Sie haben die Funktion, die körperliche, seelische und geistige Entwicklung zu fördern. Erkältungs- und Infektionskrankheiten sind Bestandteil dieses Prozesses. Dabei auftretendes Fieber ist ein gutes Zeichen dafür, dass der Körper alle seine Kräfte mobilisiert, um die Infektion aus eigener Kraft zu heilen. Um diese Selbstheilungskräfte nicht zu unterdrücken, bin ich der Meinung, dass wir Fieber nicht immer sofort mit fiebersenkenden Medikamenten und Antibiotika senken sollten. Immer wieder stelle ich in der Praxis fest, dass bei Kindern Naturheilverfahren besonders gut wirken. Das kindliche Immunsystem ist reaktionsfreudiger als das von Erwachsenen. In der Regel verfügt nämlich der kindliche Körper noch über eine sehr hohe Regulationsfähigkeit. Bereits geringe Heilreize genügen, um die Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. Deswegen kommt es oft immer auch auf die Geduld der Eltern an. Ich bin der Auffassung, dass wir Erwachsene wieder lernen sollten, unserer eigenen und der Selbstheilungskraft unserer Kinder zu vertrauen. Nur so denke ich heute, können wir endlich aus der Endlosschleife von Infekten heraus treten.
Ernährung im Allgemeinen:
Ein gesunder Geist ruht in einem gesunden Körper, das wussten bereits die Alten. Doch um nichts wird zurzeit so viel Aufhebens gemacht wie um die Ernährung. Fast an jeder Ecke wir ein neues Produkt beworben, Diäten und Nahrungsempfehlungen ändern sich im Dreivierteltakt. Mit dem Resultat, dass wir als Verbraucher immer mehr verunsichert werden. Dabei ist es so einfach: Geben wir uns und unseren Kindern wieder das zu essen, was unsere Großeltern gegessen haben und lassen wir Lebensmittel links liegen, die chemische Zusatzstoffe haben.
Wichtig für die Kinderernährung: Verbote und Strafen nützen überhaupt nichts! Derart nachdrückliche Versuche führen nur zum Gegenteil. Sie machen Kinder bockig und zum Außenseiter. Wie so oft, schadet Fanatismus auch bei der Ernährung nur!
Welche Probleme werden öfters von Eltern an Sie herangetragen?
Bettina Bühler: Immer häufiger kommen Eltern zu mir in die Praxis mit ihren Kindern und geben als Grund Hyperaktivität und Schulleistungsschwierigkeiten an. Aber auch Erwachsene, Jugendliche und Kinder mit Essstörungen finden häufig den Weg zu mir. Eltern begleite ich häufig beratend in Beziehungsfragen und in Hinblick auf Erschöpfung, „Burnout“ und Depression.
Würden Sie uns ein Erfolgserlebnis verraten?
Bettina Bühler: Die Aussage einer Mutter eines 11-jährigen Patienten, der zu mir wegen Schulleistungsschwierigkeiten und der Diagnose ADHS kam, hat mich zutiefst bewegt. Nachdem die Familie nach der ersten Sitzung bei mir war, meinte der Sohn zu seiner Mutter, dass er zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass ihn jemand verstanden hat.
Darum geht es. Um Empathie. Kinder wollen sich verstanden fühlen. Eben wie wir Erwachsene auch. Aber dafür müssen wir uns tagtäglich neu miteinander und mit uns selbst auseinander setzen. Meiner Erfahrung nach ist es besser keine Diagnose zu stellen, sondern die wirklichen Bedürfnisse oder die Sehnsucht eines Kindes zu ergründen
Das bedeutet auch, dass wir die Sprache unserer Kinder lernen dürfen. Was will mir mein Kind mitteilen mit seiner Krankheit, seinem Problem? Was steckt dahinter?
Interview:
Daniela di Pilla Stocker (dany)
Termine
• Mittwoch, 27. Oktober um 20 Uhr in Mals (Martinsheim)
• Donnerstag, 28. Oktober um 20 Uhr in Graun (Vereinssaal)
• Freitag, 29. Oktober um 20 Uhr in Prad (Bibliothek)