Die Siedlungsgrenzen in der Gemeinde Schlanders werden sehr eng gezogen: Das war eine der Kernaussagen bei der relativ gut besuchten Bürgerversammlung im Kulturhaus, die sowohl in Präsenz als auch über Live-Stream mitverfolgt werden konnte.
Dieter Pinggera (links) und Ulrich Weger.

Riesige Leerstände

In Schlanders werden die Siedlungsgrenzen sehr eng gezogen.

Publiziert in 20 / 2024 - Erschienen am 5. November 2024

Schlanders - Nach einer ersten Vorstellung im Rahmen einer Sondersitzung des Gemeinderates Anfang Oktober wurde der Entwurf des Gemeindeentwicklungsprogramms der Gemeinde Schlanders am 24. Oktober im Kulturhaus in Schlanders der Bevölkerung präsentiert und zur Diskussion vorgelegt. Breiten Raum nahm das Thema Siedlungsentwicklung ein. Wie der Architekt und Programm-Gesamtkoordinator Ulrich Weger ausführte, gibt es in der Gemeinde Schlanders enorme Leerstände. Dazu gehören nicht nur das Ex-Kasernenareal, sondern noch viele weitere leerstehende Gebäude, bebaubare Flächen bzw. Auffüllbereiche, auch in Gewerbezonen. „Die Gesamtkubatur der Leerstände ist viel größer als der auf 10 Jahre hochgerechnete Bedarf“, sagte Weger. Dieses „Übermaß“ an nutzbarer Kubatur und Flächen im gesamten Gemeindegebiet ist laut Bürgermeister Dieter Pinggera auch der Grund, „warum wir die Siedlungsgrenzen sehr eng ziehen können und zwar noch restriktiver als die Grenzen, wie sie die bestehende Bannzone vorgibt.“ Wie bereits bei der Vorstellung im Gemeinderat (siehe der Vinschger Nr. 18/2024) wurde auch bei der Bürgerversammlung auf besondere Themen eingegangen, wie etwa auf die Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen innerhalb der Siedlungsgrenzen, wie sie gemäß den Landesvorgaben in Zukunft nicht mehr möglich sein soll. Der Bürgermeister präzisierte erneut, dass Betroffene, die im guten Glauben waren, noch Anträge stellen können, wobei allerdings Eile gefragt sei.

„Wir werden auf
Erweiterung beharren“

Was die Erweiterung der Siedlungsgrenze im westlichsten Teil von Kortsch betrifft, so habe sich die Landesraumordnung negativ zu dieser Erweiterung geäußert, „aber der gesamte Gemeindeausschuss und auch eine große Mehrheit des Gemeinderates stehen hinter dieser Erweiterung, denn es geht nur darum, eine Gleichbehandlung zwischen den Gebäude- und Grundeigentümern in diesem Bereich zu gewährleisten.“  Zu den bebaubaren Flächen in Kortsch unterstrich Dieter Pinggera erneut, dass Kortsch mit seinen Angern und Grünflächen eine Besonderheit darstellt. Kortsch solle nicht von einem „Obermais“ zu einem „Untermais“ werden. Auch ein Gewerbegebiet in Kortsch sieht der Entwurf vor.

400 leerstehende Wohnungen

Bei der Diskussion wurde eine ganze Reihe von Themen aufs Tapet gebracht, vor allem in Bezug auf den Wohnbau. Zur Feststellung, warum auf dem Kasernenareal viele neue Wohnungen geplant sind und man zunächst nicht Leerstände im Dorf nutzt, meinte der Bürgermeister, dass der Spielraum der Gemeinde eingeschränkt sei: „Es gibt in Schlanders über 400 leerstehende Wohnungen, aber wir haben als Gemeinde keine Handhabe, dies zu ändern bzw. die Eigentümer zum Vermieten zu zwingen.“ Gearbeitet werde derzeit an einem Wohnbauprojekt mit Preisdeckelung. Es sollen rund 15 Wohnungen entstehen, Antragsteller gibt es 38. Grundsätzlich werde mit der Festlegung der Siedlungsgrenzen der Rahmen für zukünftige Bauleitplanänderungen vorgegeben. Zur nun anstehenden, mehrmonatigen Genehmigungsphase des Entwicklungsprogramms gehören u.a. zwei Beschlüsse des Gemeinderates und am Ende das „Okay“ des Landes. 

Landschaft und Mobilität

Im Gegensatz zum Bereich Siedlungsentwicklung und Siedlungsgrenzen, die nach dem Abschluss des Genehmigungsverfahrens Rechtswirksamkeit erlangen, wurden zu den Bereichen Mobilität, Landschaftsentwicklung und Tourismus Ideen, Anregungen, Visionen und Vorschläge gesammelt, die den künftigen Gemeindeverwaltungen als „Leitplanken“ dienen sollen. Die „Leitplanken“ für die Bereiche Mobilität und Landschaft wurden von Margit Aufhauser-Pinz und Alina Hager vom Unternehmen Kommunaldialog vorgestellt. Die Konzepte für Mobilität und Landschaft waren auch für die Gemeinden Latsch, Martell und Kastelbell-Tschars erarbeitet worden, die zusammen mit der Gemeinde Schlanders bei der Erstellung der Entwicklungsprogramme ein „funktionales Gebiet“ bilden. In Sachen Mobilität wird u.a. ein durchgängiges Fußgänger- und Radwegnetz vorgeschlagen, eine Verbesserung der öffentlichen Verkehrsverbindungen und die Beseitigung von Gefahrenstellen. Beim Landschaftsprogramm geht es um Renaturierungen in Siedlungsgebieten, um die Entsiegelung von Straßenräumen und Plätzen, um ökologische Korridore, Anpassungen an den Klimawandel, Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität sowie grundsätzlich um mehr Grün- und Freiräume. Zur Vorstellung des Tourismuskonzeptes kam es bei der Bürgerversammlung nicht mehr, weil keine Online-Verbindung mit Alois Kronblicher (Pohl & Partner) aufgebaut werden konnte. Für die „nachhaltige Entwicklung“ des Tourismus im Vinschgau wurde ein bezirksweites Gesamtkonzept erarbeitet, das laut Dieter Pinggera den „Überbau“ für das ganze Tal bildet. „Das ‚Unterbau’-Konzept für die Gemeinde Schlanders wird Kronbichler in einer Videopräsentation vorstellen, die wir dann auf der Homepage der Gemeinde zugänglich machen“, kündigte Pinggera zum Abschluss der rund dreistündigen Versammlung an.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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