„Mit Erfahrung in die neue Amtsperiode“
BM Gustav Tappeiner über seine Kandidatur, Projekte und künftige Herausforderungen.
Kastelbell-Tschars - Seit 2010 hat Gustav Tappeiner in Kastelbell-Tschars das Bürgermeisteramt inne. Im Mai kandidiert er für eine weitere Amtsperiode. Gegenwind für die SVP kommt diesmal von der Opposition, so schickt das Freie Bündnis Kastelbell-Tschars den Bezirkssprecher der Süd-Tiroler Freiheit, Benjamin Pixner, ins Rennen. Vor allem deshalb entschied die Volkspartei voll und ganz auf Tappeiner als bewährten und erfahrenen Kandidaten zu setzen, wie der amtierende Bürgermeister im Gespräch mit dem der Vinschger unterstreicht.
der Vinschger: Herr Tappeiner, wann haben Sie die Entscheidung getroffen, erneut für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren?
Gustav Tappeiner: Die endgültige Entscheidung, nach vielen Gesprächen und Beratungen mit den Gremien der vereinten SVP-Ortsausschüsse, habe ich im Februar getroffen, die offizielle Nominierung erfolgte kurz danach. Es war kein einfacher Entschluss, denn nach drei Amtsperioden stellt man sich natürlich die Frage, ob es Zeit für eine Veränderung ist.
Sie sind der einzige Bürgermeisterkandidat der SVP, obwohl in den vergangenen Monaten verschiedene Namen im Umlauf waren. Wie genau kam es zu dieser Konstellation?
Ich wurde von den SVP-Ortsausschüssen der Gemeinde nominiert. In den Monaten davor gab es verschiedene Diskussionen und es wurden mehrere potenzielle Namen ins Spiel gebracht. Letztlich fiel die Entscheidung auf mich, und ich nehme diesen Auftrag mit Respekt und Verantwortung an. Die Entscheidung, mit nur einem Kandidaten ins Rennen zu gehen, wurde ebenfalls von den Ortsausschüssen getroffen, vor allem eben auch, weil mit dem Freien Bündnis eine weitere Liste einen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen schickt. Wäre ich nur alleine als Bürgermeisterkandidat nominiert gewesen, hätte ich mir gewünscht, dass innerhalb der SVP zusätzliche Kandidaten antreten. Meine Aufgabe sehe ich nun darin, die offenen Projekte abzuschließen und eine geordnete Übergabe an die nächste Generation vorzubereiten.
Noch zu Beginn der Verwaltungsperiode sah es – aufgrund der Mandatsbegrenzung – nach ihrer letzten aus. Mit einem neuen Staatsgesetz fiel die Mandatsbeschränkung für kleinere Gemeinden unter 5.000 Einwohner/innen. Wie haben Sie dies aufgenommen?
Ich habe mich damals für die Mandatsbeschränkung ausgesprochen. Doch in diesem speziellen Fall hat sich die Situation so ergeben, dass ich mich noch einmal zur Verfügung stelle. Es war eine Entscheidung, die auf vielfachen Wunsch aus den internen Parteigremien und aus der Bevölkerung heraus getroffen wurde.
Ihre dritte Amtsperiode neigt sich dem Ende zu. Welche Projekte und Herausforderungen haben diese Zeit besonders geprägt?
Es gab viele Herausforderungen, insbesondere zu Beginn der Periode, als die Corona-Pandemie das öffentliche Leben und die Verwaltung vor unerwartete Aufgaben stellte. Diese Herausforderung hat die Gemeinde und die gesamte Bevölkerung stark belastet. Dennoch konnten wir zahlreiche wichtige Projekte umsetzen. Ein Meilenstein war sicherlich das Jahrhundertprojekt Umfahrungstunnel, das große Auswirkungen auf die Verkehrssituation in der Gemeinde und den ganzen Vinschgau haben wird. Ein weiteres bedeutendes Projekt war der Bau des Schutzdamms in Tschars, der von großer Bedeutung für die Sicherheit und Entwicklung der Tscharser Bevölkerung ist. Diese Maßnahme wirkte sich auch positiv auf die Einstufung des Gefahrenzonenplanes für Tschars aus. Eine große Herausforderung war auch der personelle Wechsel in der Gemeindeverwaltung: Innerhalb von nur zwei Jahren wurden fast alle Verwaltungsstellen neu besetzt, was eine immense organisatorische Herausforderung darstellte. Weitere wichtige Vorhaben, die in der zu Ende gehenden Verwaltungsperiode umgesetzt werden konnten, waren die Errichtung von Lärmschutzwänden in Tschars, die Einrichtung einer Gemeinschaftspraxis der Ärzte in Kastelbell/Marein, der Beginn der Sanierungsarbeiten der Grundschule in Tschars und die Umbauarbeiten des Mehrzwecksaals in Galsaun. Die intensive Gemeindearbeit zeigt sich auch in Zahlen: Wir hatten rund 700 Ausschussbeschlüsse und etwa 50 Gemeinderatsbeschlüsse pro Jahr. Diese Zahlen verdeutlichen, wie viel bewegt wurde.
Wie würden Sie die Zusammenarbeit im Ausschuss und im Gemeinderat beschreiben? Gab es viele Diskussionen oder eher einheitliche Meinungen?
Die Zusammenarbeit war und ist sehr gut. Wir arbeiten sachlich und lösungsorientiert zusammen, und natürlich gibt es in einer Demokratie auch kontroverse Diskussionen. Diese gehören dazu und sind wichtig für einen offenen Diskurs. Am Ende haben Gemeinderat und Ausschuss jedoch immer Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen für die Gemeinde getroffen. Im Ausschuss steht für mich Teamarbeit im Mittelpunkt: Alle haben Autonomie in ihren Zuständigkeitsbereichen, aber sämtliche wichtigen Entscheidungen wurden gemeinsam getroffen.
Kandidieren alle bisherigen Ausschussmitglieder erneut oder stehen bereits vor den Wahlen personelle Veränderungen fest?
Referentin Monika Pichler Rechenmacher und Vizebürgermeister Manfred Prantl haben sich aus persönlichen Gründen entschieden, nicht erneut zu kandidieren. Beide haben sich über viele Jahre hinweg, intensiv in ihren zugeteilten Aufgaben engagiert und waren eine Bereicherung für die Verwaltung der Gemeinde. Die anderen beiden Ausschussmitglieder Daniel Alber und Thomas Plack stellen sich wieder zur Wahl.
Welche Themen und Projekte werden in der nächsten Verwaltungsperiode besonders wichtig sein?
Es gibt einige zentrale Themen, die die Zukunft der Gemeinde bestimmen werden. Ein großes Projekt ist das Gemeindeentwicklungsprogramm, welches die Richtung, in die sich unsere Gemeinde in den nächsten zehn Jahren entwickeln soll, vorgibt. Ein Schlüsselthema wird weiterhin die Mobilität sein: Nach der Eröffnung des Umfahrungstunnels ergeben sich viele neue Möglichkeiten; Maßnahmen werden erforderlich sein, insbesondere zur Verbesserung der innerörtlichen Fuß- und Radwege. An der Umfahrungsstraße Tschars wird seitens des Gemeinderats festgehalten, genauso wie an der Machbarkeitsstudie im Auftrag der Gemeindeverwaltung in Bezug auf eine zwischenzeitliche Lösung an der Tscharser Kreuzung sowie an Maßnahmen für Lärmschutz. Die Aufweitung mit Mittelinsel auf der Staatsstraße beim Geh- und Radweg in Tschars wurde vom Straßendienst Vinschgau ins Bauprogramm 2025 aufgenommen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich Gesundheit und Soziales; insbesondere die Umbauarbeiten des Seniorenwohnheimes in Latsch und Strukturen für ein begleitetes Wohnen. Auch der Zivilschutz wird eine wichtige Rolle spielen, etwa beim Einsatz an der Verbesserung der Situation von Gebäuden, die sich in roten Zonen befinden, oder an der Staatsstraße bei der Latschander, wo Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit notwendig sind. Ebenso sind Umbau- und Neubauarbeiten von Strukturen für die Feuerwehren nötig. Dies zeigten die Herausforderungen der Wetterereignisse und die Einsätze der Freiwilligen Feuerwehren in den vergangenen Jahren.
Apropos Mobilität: Wann wird der Umfahrungstunnel voraussichtlich in Betrieb gehen, und welche Auswirkungen erwarten Sie für Kastelbell?
Die Fertigstellung ist für Ende des laufenden Jahres geplant, die Inbetriebnahme dürfte im Frühjahr 2026 erfolgen. Der Tunnel wird die Lebensqualität in der Gemeinde verbessern, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Wir suchen gemeinsam nach Lösungen, welche die Attraktivität der Ortskerne beibehaltet bzw. erhöht.
Wie steht es um die wirtschaftliche Entwicklung in Ihrer Gemeinde? Welche Sektoren sind besonders wichtig?
Die Gemeinde ist stark von der Landwirtschaft geprägt, insbesondere vom Obstbau. Auch der Weinbau hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Mit rund 30 Hektar Rebfläche ist Kastelbell-Tschars das größte Weinbaugebiet im ganzen Vinschgau. Durch die Berglandwirtschaft haben wir Betriebe, die Milch und Fleisch liefern. Der Nebenerwerb in der Landwirtschaft im Allgemeinen nimmt an Bedeutung zu. Neben der Landwirtschaft spielen Industrie und Handwerk eine weitere Rolle. Wir haben erfolgreiche Betriebe, die gut arbeiten und viele Arbeitsplätze bieten. In der letzten Verwaltungsperiode haben wir rund ein Hektar an neuer Gewerbezone vor dem Tunnel-Ostportal in Galsaun ausgewiesen und sind dabei den Durchführungsplan, nach einem aufwendigen Ideenwettbewerb, zu erstellen. Betriebe haben bereits ihr Interesse bekundet und warten auf die Zuweisung der Baulose. Unter anderem wird es damit ermöglicht, dass eine neue Tankstelle errichtet werden kann, was durch die Umfahrung sicher nötig wird.
Wie sieht die Zukunft des Tourismus in Kastelbell-Tschars aus?
Es gibt noch viel Potenzial. Wir wollen mit dem Tourismuskonzept Rahmenbedingungen schaffen, um Bau oder Erweiterungen anzuregen. Da wir strukturschwach sind, dürfte es hierbei trotz des Bettenstopps auch Möglichkeiten geben.
Sind Sie Vollzeit-Bürgermeister?
Die Tätigkeit in der Gemeindeverwaltung wurde zuletzt aufgrund zunehmender Komplexität und des verwaltungstechnischen Aufwandes immer intensiver und nimmt einen Bürgermeister immer mehr in Anspruch bzw. macht seine Anwesenheit auf dem Gemeindeamt nötig.
