Eines der beeindruckenden Bilder von Thomas Biasotto.
Thomas Biasotto
Magdalena Messner
Lia Mazzari
Georg Kaser
Felix Keller

Es war einmal … das „Ewige Eis“

Georg Kaser: „Die Gletscher sind weltweit todkrank.“ 

Publiziert in 6 / 2025 - Erschienen am 25. März 2025

Bozen/Vinschgau - „Nicht nur am heutigen ersten Welt-Gletscher-Tag, sondern das ganze Jahr über wollen wir als Museum im Rahmen des heurigen Internationalen Jahres der Erhaltung der Gletscher Verantwortung übernehmen.“ Das sagte Magdalena Messner, die Direktorin der Messner Mountain Museen (MMM), als sie am 21. März im MMM Firmian auf Schloss Sigmundskron bei Bozen viele Gäste aus nah und fern zur Eröffnung einer besonderen Ausstellung und zu einem Symposium begrüßen konnte. Mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen macht das MMM Firmian heuer auf die Bedeutung, die Bedrohung und den Zauber der Gletscher aufmerksam. Mehr als nur „zauberhaft“ sind die großformatigen, beeindruckenden Fotos des Schweizer Fotografen Thomas Biasotto. In der Ausstellung „Himalaya“, die am 21. März im MMM Firmian eröffnet wurde und bis zum 9. November zugänglich bleibt, zeigt der Fotograf, Künstler, Alpinist und Autor mit Appenzeller Wurzeln einzigartige Aufnahmen von Bergen und Gletschern im Himalaya. Biasotto ist ein gefragter Fotograf. Seine qualitativ und künstlerisch hochwertigen Fine Art Prints sind weit über die Schweiz hinaus bekannt. „Ich habe eine Vorliebe für das Handwerk, ich mag es, etwas mit den Händen zu erschaffen“, sagte Biasotto. Beim Symposium im Felsentheater – im Hintergrund konnte das Publikum das neueste Kunstwerk der MMM-Sammlung, das Bild „Am Gletscher“ des Künstlers Ondrej Drescher, betrachten - wartete der Gletscher- und Klimawissenschaftler Georg Kaser (Karthaus/Wien) mit sehr ernüchternden Fakten und Daten auf. Die Gletscher seien weltweit todkrank. In den Alpen hätten die Gletscher in den 23 Jahren 40 Prozent an Masse verloren „und ein Viertel davon in den Jahren 2022 und 2023.“ Die Ursache der Rekordverluste sieht Kaser in der Erderwärmung, verursacht vom Menschen: „Das Einzige, was wir zum Schutz der Gletscher tun können, ist die Eindämmung der CO2-Emissionen, und zwar ab morgen.“ Das größte Problem weltweit sieht er im Anstieg des Meeresspiegels „und die größte Herausforderung hier bei uns ist die zurückweichende Winterschneedecke.“ Illusionen gibt sich Kaser keinen hin: „In 20 bis 30 Jahren wird von den Gletschern in Südtirol nicht mehr viel übrigbleiben.“ Er rief die Gesellschaft zum Mut zur Veränderung auf: „Wir müssen unseren Lebensstil ändern, wir brauchen eine Transformation.“ Dass sie vorausschauend handle, „dürfen wir uns von der Politik nicht erwarten.“ Es sei zuerst die Gesellschaft gefordert, die dann Druck auf die Politik ausüben sollte. Im Lichte der Ausführungen von Kaser wirkten manche Vorschläge und Initiativen, wie sie der Glaziologe Felix Keller aus der Schweiz vortrug, irgendwie „hilflos“. Keller informierte über die Schaffung von Eis-Stupas, sprich von künstlich geschaffenen Eiskegeln zur Speicherung von Schmelzwasser. Die Idee stammt aus dem indischen Ladakh. Auch über das Vorhaben, Gletscher mit Hilfe von „Schneiseilen“ – nicht Schneekanonen am Boden, sondern viele Düsen an Seilen – zu beschneien, um die Schmelze so zu verlangsamen, berichtete Keller. Moderiert hat das Symposium Chris Lübkeman, TED-Speaker und Zukunftsforscher aus der Schweiz.

2 Gletscher sind verschwunden

In einem Bericht anlässlich des Welttages der Gletscher hat die Agentur für Bevölkerungsschutz u.a. mitgeteilt, dass sich die Fläche der Südtiroler Gletscher im Jahr 2023 auf 72 Quadratkilometer reduziert hat. 2017 hatte sie noch 85,9 und 20 Jahre zuvor 122 Quadratkilometer betragen. Der Rückgang der Gletscherflächen hat seit 2003 rasant zugenommen. Der Gletscherschwund ist im ganzen Land signifikant, aber im Osten stärker ausgeprägt, „wo die Gletscher im Durchschnitt dünner und weniger strukturiert sind als im Westen. Die einzige Ausnahme bildet die Texelgruppe, wo sehr kleine Gletscher schneller auf den Klimawandel reagieren.“ Offiziell verschwunden sind der Rotsteinferner in der Rieserfernergruppe und der Blaulackferner im Zieltal. Die durchschnittliche Masseabnahme der Südtiroler Gletscher seit dem letzten Inventar (2017) beträgt minus 8,7 Meter, das sind etwa minus 1,4 Meter pro Jahr. Der Obere Ortler Ferner, der höchstgelegene Gletscher Südtirols, hat in nur 7 Jahren einen Masseverlust von nicht weniger als 5,1 Meter erfahren. 

Wie klingt der Suldner Gletscher?

An einem besonderen Projekt arbeitet derzeit die Künstlerin Lia Mazzari aus Meran, Doktorandin an der „Royal Holloway University of London“. Sie wird am Suldner Gletscher einige Mikrofone installieren. Diese werden dann live die Geräusche und Rhythmen des Gletschers direkt in die Ausstellungsräume des MMM Ortles sowie ins MMM Firmian übertragen. Hautnah erleben kann man diese „faszinierende und zugleich fragile Klangwelt des Eises“ ab der Sommersaison. Nach geeigneten Standorten am Suldner Gletscher hat sich Lia bereits am 19. März zusammen mit Robert Eberhöfer umgesehen. 

Josef Laner
Josef Laner

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