Im Bild (v.l.): Manuel Holzknecht, Leiter der Athesia-Filiale Schlanders, Roger Pycha, Richard Santifaller und Raimund Rechenmacher.

„Du hast keine Schuld“

„Depression – viel mehr als Traurigkeit“. Buchvorstellung mit Roger Pycha und einem Betroffenen.

Publiziert in 6 / 2023 - Erschienen am 28. März 2023

Schlanders - Schuld und Scham sind Gefühle, die Menschen mit Depression nur zu gut kennen. „Man schämt sich dafür, dass man keine Energie mehr hat und das Leben nicht mehr bewältigen kann,“ sagte Richard Santifaller aus Brixen am 14. März in der Bibliothek in Schlanders. Der erste Schritt aus der Depression sei das Erkennen und das Verstehen der Krankheit. Er hat als Betroffener lange nicht verstanden, dass er eine Depression hat. Erst nach Jahren wurde ihm bewusst: „Das bin nicht ich, das ist meine Krankheit.“ Wie sehr Richard Santifaller unter der Depression gelitten hat und wie es ihm gelungen ist, sie zu überwinden, ist im Buch „Depression – viel mehr als Traurigkeit“ nachzulesen, das der Psychiater Roger Pycha geschrieben hat und das der Autor vor zahlreichem Publikum in der Bibliothek vorstellte. Im 322 Seiten umfassenden Buch zeigt Pycha auf einfache und verständliche Art auf, wie man Depressionen erkennt und versteht, wie man sie richtig behandelt und was man selbst tun kann. Die Erfahrungen von Betroffenen, wie jene von Richard Santifaller und von weiteren depressiven Menschen, die der langjährige Psychiater behandelt hat, geben der Depression sozusagen konkrete Gesichter. „Die Depression wird gerade zur großen Weltkrankheit“, sagte Roger Pycha. Weltweit leiden geschätzte 350 Millionen Menschen unter einer Depression. Frauen sind Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Lange Zeit Tabu

Es sei in den vergangenen Jahren zwar gelungen, die Depression einigermaßen aus der Tabu-Zone herauszuholen, aber es gebe immer noch viele Betroffene, die aus Schamgefühl, Verdrängung oder Unwissenheit keinen Arzt aufsuchen. Das Ziel des Buches, das im Athesia-Verlag erschienen ist, sei es, Betroffene, Gefährdete, Mitmenschen von Betroffenen, aber auch einfach nur psychologisch Interessierte über die Krankheit aufzuklären und auch über Heilungsmöglichkeiten zu informieren. Eine Grundsäule der Behandlung sieht Pycha in den Medikamenten, sprich in den Psychopharmaka. „Wenn es einem dreckig geht, sind Medikamente sehr hilfreich, denn ohne solche bekommst du die Depression während akuter Phasen nicht in den Griff“, sagte Santifaller. Aber auch selbst kann und soll man viel tun, um gegen die Krankheit anzukämpfen. In der Akzeptanz und im Loslassen sieht er die Voraussetzungen dafür, sich wieder in das Leben einzulassen und Freude am Tun zu finden: „Tut das, was euch Spaß macht, steigert eure Sinne, macht alles zu einem Ritual.“ Roger Pycha wartet im Buch mit einer Vielzahl von konkreten Tipps und Hinweisen auf. „Fünf- bis sechsmal pro Woche eine halbe Stunde rasches Gehen“ kann ebenso helfen, wie der unmittelbare Kontakt mit der Natur, Entspannung, eine geregelte Tagesstruktur und vieles mehr. Der Bibliotheksleiter Raimund Rechenmacher sprach von einem „wissenschaftlich fundierten Buch mit positiven Botschaften, die Betroffenen, Angehörigen und allen Interessierten Mut machen.“ Er habe das Buch gelesen und werde es ein zweites Mal lesen.

Depression - was tun?

Auch zweisprachige Info-Broschüren zum Thema „Depression –
was tun?“ mit wertvollen Tipps und Kontaktadressen hatte Pycha mitgebracht. Die Depression ist laut Pycha, seines Zeichens auch wissenschaftlicher Leiter der Europäischen Allianz gegen Depression in Südtirol, keine „Einbildung“, sondern eine häufige, manchmal lebensbedrohliche Erkrankung, die heute sehr gut behandelt werden kann.

Josef Laner
Josef Laner

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