Zahlreiche Interessierte waren ins CulturForum gekommen.
BM Mauro Dalla Barba: „Lasst uns die Zukunft gemeinsam gestalten.“

Diskussionsbedarf in Latsch 

Nicht alle sind vom Gemeindeentwicklungsprogramm begeistert. BM Dalla Barba: „Wir arbeiten für die Allgemeinheit, nicht für Stände“. 

Publiziert in 20 / 2024 - Erschienen am 5. November 2024

Latsch -  Schon in seinen einleitenden Worten bei der Bürgerversammlung zur Präsentation des Gemeindeentwicklungsprogramms hatte Bürgermeister Mauro Dalla Barba klar Stellung bezogen: „Wir als Gemeinde dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass wir nicht für einzelne Stände da sind, sondern für die Allgemeinheit“. Es sei verständlich, dass es verschiedene Interessen gebe, Lobbys, Verbände etc., es gelte aber das Bestmögliche für alle zu erreichen. Er hatte damit seine Antwort auf spätere Kritik aus dem Publikum vorweggenommen. „Wo bleibt die Entwicklung der Landwirtschaft? Uns wird immer nur etwas genommen“, hieß es. Der Grund: Das Siedlungsentwicklungskonzept in der Industriezone. Dass es in Latsch Entwicklungsmöglichkeiten für Industrie und Handwerk brauche, hatten Margit Aufhauser-Pinz und Philipp Gasser vom österreichischen Raumplanungs-Unternehmen Kommunaldialog ausführlich erklärt. Von einem Landwirt in den Raum geworfen wurde jedoch, ob diese Entwicklung in der Latscher Industriezone stattfinden müsse, der Gewerbezone Plima. Dort nämlich sind potenziell bebaubare Flächen vorgesehen. Hier sei jedoch auch die Lage für die bereits vorhandenen Obstanlagen ideal, hieß es aus dem Publikum: „Uns in Latsch werden immer nur Flächen genommen, geht mal in die Fraktionen“. Dalla Barba entgegnete, dass man in Latsch wirklich nicht von einer Benachteiligung des Bauernstandes sprechen könne: „Ich sehe hier keine Einschränkungen für die Landwirtschaft.“ Es handle sich lediglich um 1,5 Hektar für die nächsten 10 Jahre. Zudem erinnerte er daran, dass ohne Einverständnis der betroffenen Grundeigentümer ohnehin nichts möglich sei. Beim Siedlungsentwicklungskonzept handle es sich stets um Vorschläge, Enteignungen seien nicht vorgesehen. Außerdem müsse der Beschluss zur Ausweisweisung von Flächen dann auch noch durch den Gemeinderat. Man habe sich bei der Ziehung der Siedlungsgrenzen weiters an zahlreiche Bestimmungen und Vorgaben seitens des Landes halten müssen. 

Auch das Handwerk hadert 

Um bei Interessensgemeinschaften zu bleiben: Auch das Handwerk sparte nicht mit Kritik. „1,5 Hektar sind noch zu wenig“, so lvh-Ortsobmann Andreas Nagl. Laut Umfragen genieße das Handwerk in Latsch einen guten Ruf, werde als wertvoll angesehen. Aber für kleine Handwerksbetriebe sei es schwierig, sich zu entwickeln, warf Nagl in den Raum. Bereits mit der Umwidmung der Flächen des früheren Ortler-Obstmagazins sind rund 10.000 Quadratmeter Gewerbeflächen verloren gegangen, erinnerte Nagl. Beim früheren Ortler-Areal entsteht derzeit ein neues großes Wohngebiet. Generell sei es ein Ziel, dass die Latscher Bevölkerung moderat wachse. „5.500 Einwohner/innen in allen vier Talortschaften“, gab Aufhauser-Pinz vor. Derzeit sind es rund 5.260. „Man möchte in jeder Ortschaft Erweiterungsspielraum haben“, erklärte Philipp Gasser. Es gelte somit auch, auf die Fraktionen zu schauen. Dabei sollen nicht nur reine Wohnsiedlungen entstehen, sondern stets Mischgebiete. Die Dörfer sollen sich kompakt entwickeln. Auch die Entwicklung der Ortskerne, insbesondere in Latsch, spiele eine große Rolle. Das Dorfzentrum müsse aufgewertet werden, Leerstände sollten genutzt werden. Dass in Weilern, wie Tiss und Tschanderle in Goldrain, keine neuen bebaubaren Flächen vorgesehen seien, sei schade, so der Goldrainer Gemeinderat Robert Zagler. BM Dalla Barba erklärte, dass es aufgrund von Landesgesetzen nicht gelungen sei, diese mitreinzunehmen. 

„Weniger Auto, mehr Begegnung“

Vorgestellt wurde auch das Mobilitäts- und Erreichbarkeitsprogramm. In Sachen Mobilität werde „interkommunal“ mit den Gemeinden, Kastelbell-Tschars, Schlanders und Martell zusammengearbeitet, um einen „Umweltverbund Mittelvinschgau“ zu realisieren. Im Dorfkern solle auf Fußgänger gesetzt werden. „Aber eine Fußgängerzone ist nicht das Ziel“, unterstrich Gasser. Latsch eigne sich auch hervorragend als Fahrradgemeinde. Generell solle „weniger Auto, mehr Begegnung“ ein Ziel sein. Als weiterer Themenschwerpunkt wurde das Landschaftsprogramm vorgestellt. Eine bedeutende Rolle spielen die Renaturierung von Gewässern, die Entsiegelung öffentlicher Flächen etc. Auch das von der Firma Kohl und Partner erarbeitete Tourismusentwicklungsprogramm wurde vorgestellt. Latsch solle eine nachhaltige „Ganzjahres-Aktiv-Region“ werden. Genuss und Kultur könnten wunderbar verbunden werden. Konkret sei Latsch ideal für Biken, Wandern und hochalpine Touren. Als „Pforte zum Martelltal und Stilfser Joch“ sei die Lage optimal. Die Bettenzahl müsse gehalten bzw. moderat gesteigert werden. Bestehende Beherbergungsbetriebe sollen grundsätzlich bevorzugt werden. Noch heuer solle im Gemeinderat das Beschlussverfahren für das Gemeindeentwicklungsprogramm eingeleitet werden, danach wird dieses vom Land überprüft und geht zurück an den Gemeinderat. Bis etwa zum Frühjahr solle alles abgeschlossen sein, um das Planungsinstrument fertig an den neuen Gemeinderat zu übergeben, so Dalla Barba. Das Gemeindeentwicklungsprogramm, in dem die Bürgerbeteiligung eine große Rolle spielte und spielt, ist dann zehn Jahre gültig. „Lasst uns zusammen die Zukunft gestalten“, appellierte der Bürgermeister abschließend. 

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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