SVP Latsch - Zwischen Selbstkritik und Aufbruchsstimmung
Publiziert in 3 / 2009 - Erschienen am 28. Januar 2009
Latsch – Es war nicht „Zu Mantua in Banden“, es wurde etwas überraschend für die 45 Anwesenden „Wohl ist die Welt so groß und weit“. Das Absingen des „Bozner Bergsteigerliedes“ aus dem Jahre 1926 bildete den Abschluss des „ersten gemeinsamen Parteitages“ der Ortsgruppe Latsch in der Südtiroler Volkspartei. Änderte man in der 2. Strophe die Textzeile „Das ist mein schönes Heimatland mit seinem schweren Leid“ in „Das ist meine schöne Partei mit ihrem schweren Leid“, hatte man den Schwerpunkt des Abends auf den Punkt gebracht. Ortsobmann Helmut Fischer und sein zum Teil verjüngter Ausschuss sahen vor allem im Verhalten der SVP-Mandatare und im Umgang derselben mit den Bürgern die Ursachen des „Beinahe-Mehrheitsverlustes“ im Oktober 2008. Dem SVP-Ortsausschuss Latsch ging es am 16. Jänner 2009 vor allem darum, aus den Ergebnissen der Landtagswahlen 2008 zu lernen, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken, die Fehler zu benennen, die das „schwere Leid“ hervorgerufen haben, und in konkreten Schritten eine Erneuerung anzugehen. Obmann Fischer zählte einen ganzen Katalog an Versäumnissen und Fehlern auf wie mangelnden Zusammenhalt, Eigennutz, fehlende Bürgernähe, Bequemlichkeit, Arroganz, Versäumnisse, sich brennenden Fragen zu stellen, Unentschlossenheit, Postenschacher. Er ging in seinen Ausführungen auch auf die Beziehung Landesregierung-Partei ein. Lorbeeren rechne sich die Landesregierung selbst an, Misserfolge fallen auf die Partei zurück. Auf der Habenseite stellten die Latscher „Analytiker“ gerade mal zwei Punkte fest. Den Erfolg von Landesrat Richard Theiner vor Augen fanden sie Einsatz und Bürgernähe belohnt und die „Lage der Nation“ sehr gut gegenüber anderen Regionen. Als Rezept verschrieb er der Partei in Bozen unter anderem mehr Freiraum für Querdenker und weniger für Doppelverdiener, Streitigkeiten intern auszutragen und vor allem den Führungsstil zu ändern.
Als konkrete Versuche seiner Gruppe versprach Fischer mehr Sachpolitik auch auf Ortsebene. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen SVP und Gemeinderat müssten verbessert werden und ein gewisses Eigenprofil der SVP-Mandatare sollte erkennbar sein. Nach den Tätigkeitsberichten der SVP-Jugend durch Michael Mantinger und Michael Theiner, des Arbeitnehmervertreters Hans Mitterer, der Frauenvertreterin Helene Schuler und des Wirtschaftsvertreters Hermann Raffeiner Kerschbaumer nützte Bürgermeister Karl Weiss die Gelegenheit zu einem umfassenden Rückblick auf die erfolgreichen Verwaltungsjahre unter seiner Regie. In einer eindringlichen Schlussrede versuchte Landesrat Richard Theiner zu mehr Offenheit, Selbstvertrauen und entsprechender Entschlossenheit aufzurütteln. „Die Leute sind nicht gegen die SVP, nur gegen die Art und Weise, wie von oben her bestimmt wurde. Eine Krise ist immer eine Wahl, den Weg nach unten oder den nach oben zu gehen“, gab sich der Landesrat einsichtig und kämpferisch. Viel zu viel sei verzögert und vor sich her geschoben worden. Das Thema Toponomastik sei anzupacken, um glaubwürdig zu bleiben. Der Wert „Identität“ oder „Heimat“ müsse hinterfragt werden. „Die Partei muss sich mit Blick nach vorn der Wurzeln erinnern“, zeigte sich Theiner überzeugt. In der sich anschließenden Diskussion kamen die „Zugänglichkeit“ der Landesräte zur Sprache, die leer stehende Bausubstanz im Ortskern und die wirtschaftliche Bedeutung des Skicenters Tarscher Alm. Obmann Helmut Fischer berichtete von der SVP-Klausur im Bildungshaus Schloss Goldrain. (s)

Günther Schöpf