Rudi Maurer: „Wenn man Vorschläge und Anregungen einbringt, werden diese sehr oft ignoriert oder unter den Tisch gekehrt.“

Rudi Maurer will nicht mehr

Publiziert in 5 / 2010 - Erschienen am 10. Februar 2010
Prad – Mit viel Elan, Tatendrang und Zuversicht zog vor 5 Jahren die Liste „Für Prad“ in den Prader Gemeinderat ein. Eine Vertretung im Ausschuss wurde der Liste mit den 5 ­Räten Dominique Wallnöfer, Karl Bernhart, Udo Thoma, Wunibald Wallnöfer und Rudi Maurer von der Mehrheitspartei SVP verwehrt. Aber nicht nur das hat bei Rudi ­Maurer, der bei den Wahlen im Mai nicht mehr antritt, zu Frust und Enttäuschung geführt. „Der Vinschger“: Wann haben Sie entschieden, der aktiven Gemeindepolitik den Rücken zu kehren? Rudi Maurer: Bereits seit mehreren Monaten habe ich überlegt, ob ich weiterhin ­einen Großteil meiner Energie für die Gemeindepolitik aufwenden soll. Letzten Endes hat mir das äußerst undemokratische Verhalten der Mehrheitspartei im Zusammenhang mit der Volksabstimmung vom 25.10.2009 die Entscheidung leichter gemacht, mich aus dieser Politik zurückzuziehen. Welches sind die  wesentlichen Gründe für Ihren Rückzug? Rudi Maurer: Ich denke, dass ich meinen Wählerauftrag sehr ernst genommen habe. Leider habe ich dabei die Erfahrung gemacht, dass es auch in der Gemeindepolitik meistens nicht um das Abwägen vorgebrachter Argumente und um das Suchen nach optimalen Lösungen geht, sondern um Machterhaltung und Parteiinteressen. Irgendwann stellt man sich die Frage, ob es weiterhin Sinn macht, sich persönlich mit oberflächlichen Diskussionen und sinnlosen Auseinandersetzungen zu beschäftigen. Immer wieder wird man als Gemeinderat vor vollendete Tatsachen gestellt, weil die Entscheidungen dazu bereits vorher gefallen sind. Und wenn man Vorschläge und Anregungen einbringt, werden diese sehr oft ignoriert oder unter den Tisch gekehrt. Auch wenn es offiziell heißt, selbstdenkende kritische Stimmen sind wichtig, so schaut die ­Praxis doch ziemlich anders aus. Haben Sie Ihre Entscheidung Ihren  Ratskollegen bereits mitgeteilt? Rudi Maurer: Meine Entscheidung habe ich bereits vor mehreren Wochen den Rats­kollegen mitgeteilt. Sind auch Dominique Wallnöfer, Karl Bernhart,  Udo Thoma und Wunibald Wallnöfer frustriert bzw. was wird nun aus der Liste „Für Prad“? Rudi Maurer: Mehrere meiner Ratskollegen sind weiterhin motiviert und werden sich im Mai der Wahl stellen. Die Aktivisten der Liste für Prad  sind nach wie vor überzeugt, dass es eine politische Vielfalt und eine Alternative zur Mehrheitspartei braucht. Bei so  manchen Ratssitzungen wurde bis nach Mitternacht diskutiert und debattiert. Hat es sich zumindest gelohnt? Rudi Maurer: Prad ist bekannt für die langen Gemeinderatssitzungen. Jeder kann sich denken, was bei wichtigen Entscheidungen nach Mitternacht noch herauskommt. Die uneinsichtige Haltung unserer Gemeindeverwaltung verhindert jedoch eine Verbesserung dieser unguten Situation. Trotzdem konnten wichtige Entscheidungen mitgetragen und einige sogar geändert und verbessert werden. Der Einsatz hat sich schon alleine deswegen gelohnt, weil im Gemeinderat seit den letzten Wahlen 2005 wieder offener diskutiert wird. Das ist eine sehr positive Entwicklung, die man organisatorisch unterstützen sollte. Insgesamt hätte sicher viel mehr umgesetzt werden können und einige interessante Ideen blieben leider auf der Strecke. Ich denke, dass gar einige Referenten für ihre bezahlte Arbeit mehr leisten könnten, auch einige Gemeinderäte könnten ihren Wählerauftrag ernster nehmen. Wie war bzw. ist das Verhältnis Ihrer  Liste zur „Regierungspartei“ und zu den anderen Ratsfraktionen, sprich Bürgerliste Prad und Chiesa con Campanile? Rudi Maurer: Persönlich bin  ich der Meinung, dass die Zusammenarbeit bei vielen Sachthemen mit den Ratsfraktionen der Bürgerliste Prad Union für Südtirol und Chiesa con Campanile recht gut war. Dadurch konnten einige Entscheidungen auch durch die weitere Unterstützung einzelner Gemeinderäte der Regierungspartei gutgeheißen werden. Als eher reserviert und geprägt von einem verkrampften politischen Konkurrenzdenken würde ich das Verhältnis mit der Regierungspartei beschreiben, die zwischendurch auch Angst hatte, eine Zacke aus ihrer Krone zu verlieren. Schon zu Beginn der Verwaltungsperiode hat es nach ersten Gesprächen von dieser Seite geheißen, „wir brauchen euch nicht, wir sind selber stark  genug“. Das sagt einiges. Eine laufende Zusammenarbeit an einem gemeinsamen Ziel war eher die Seltenheit. Die Arroganz der Macht war immer wieder spürbar.   Bei den Landtagswahlen 2008 traten Sie als Kandidat der BürgerListeCiviche an. Sie bekamen im Vinschgau 427 Stimmen, 90 davon in Ihrer Heimatgemeinde. Hat auch dieses Abschneiden dazu beigetragen, der Politik den Rücken zu ­kehren? Rudi Maurer: Obwohl man Landtags- und  Gemeindewahlen nicht auf dieselbe Ebene stellen kann, hat mich das Abschneiden bei den Landtagswahlen sehr enttäuscht. ­Sicher spielt dieses Ergebnis auch eine Rolle bei meiner jetzigen Entscheidung, es war aber nicht ausschlaggebend dafür. Wie stark werden Ihrer Meinung nach die Freiheitlichen und anderen Rechtsparteien bei den nächsten Gemeinderatswahlen werden? Rudi Maurer: Das ist schwer abzuschätzen. Ich vermute jedoch eine Erhöhung der Mandate für diese Parteien. Ausschlaggebend wird sein, ob  sich gute Kandidaten zur Verfügung stellen werden. Werden Sie sich trotzdem weiterhin für die  Gemeindepolitik interessieren? Rudi Maurer: Nicht nur Politiker haben die Pflicht, sich für die Belange einer Dorfgemeinschaft zu interessieren. Deshalb werde ich als Bürger und Steuerzahler weiterhin die Entwicklungen und die Volksvertreter beobachten und - falls notwendig - meine Meinung äußern. Dafür brauche ich nicht Mitglied einer Partei oder politisch aktiv zu sein. Interview: Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.

Close