Nationalpark antwortet der Gemeinde Martell
Publiziert in 28 / 2009 - Erschienen am 22. Juli 2009
Martell – Ferruccio Tomasi, der Präsident des Konsortiums Nationalpark Stilfserjoch, und Josef Hofer, Präsident des Führungsausschusses, haben unlängst dem Marteller Bürgermeister Peter Gamper und dem Gemeinderat von Martell bezüglich der Forderung nach autonomer Führung und der Kritik an der Verwaltung des Nationalparks ein ausführliches Antwortschreiben zukommen lassen.
Einleitend heißt es: „Wir haben in den vergangenen Jahren in der konsortialen Verwaltung des Nationalparks Stilfserjoch sehr wohl auf die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung und der Gemeindeverwaltung Martell geachtet und deren Interessen auf der Suche nach brauchbaren Kompromissen im Widerstreit zwischen Ökonomie und Ökologie sensibel vertreten. Beispiele dafür sind die Mitfinanzierung, Errichtung und Betreuung des Nationalparkhauses culturamartell.“ Ein weiteres Beispiel für die zukunftsorientierte Entwicklung in der Gemeinde Martell sei die Genehmigung der Anlagen im Biathlonzentrum „Grogg“ in Martell.
Von 2001 bis 2008 seien beim Nationalpark aus der Gemeinde Martell 386 Ansuchen um Landschaftsermächtigungen eingegangen und nur 13 davon (gleich 3,3%) negativ begutachtet worden. Die Nationalparkverwaltung habe das große Projekt zur Verbauung der Lawine „Eberhöf“ auch landschaftlich mit Überzeugung vertreten.
Der Nationalparkplan und die Durchführungsbestimmungen seien dem Gemeinderat, der Bevölkerung und den verschiedenen Interessensgruppen sehr wohl vorgelegt worden. „Mit Beschluss Nr. 6 vom 12.02.2004 hat der Führungsausschuss die Korrekturen zum Zonierungsvorschlag im Gemeindegebiet von Martell übernommen und beispielsweise die A-Zone massiv zu Gunsten der B-Zone verkleinert“, heißt es wörtlich weiter. Der Nationalparkrat habe die Vorschläge des Südtiroler Führungsausschusses zum Nationalparkplan mit Beschluss Nr. 28 vom 30.05.2007 übernommen.
Über den Beschluss des Gemeinderates Martell Nr. 31/2009 sei der Nationalparkrat informiert worden. „Der Nationalparkrat hat seine Position bestätigt, den Nationalparkplan und das Nationalparkreglement umgehend dem Umweltministerium zu übermitteln und nicht in die jeweiligen Gemeinderäte und in die Führungsausschüsse zurückzukehren.“
Auf bezüglich der Verlegung der Tourismuszone Grogg von der Wiese orografisch rechts der Plima in den steilen und bewaldeten Schuttkegel links der Landesstraße wird Stellung genommen: „Wir weisen darauf hin, dass die mit dem Gemeinderatsbeschluss Nr. 2 vom 31.03.2009 neuerlich eingereichte Zonenfläche in Ausdehnung und Lage nicht mit dem vereinbarten Kompromiss übereinstimmt.“
Das Vorhaben Gemeinde-E-Werk mit Entnahme von 1.200 l/s Wasser oberhalb der Plima-Schlucht stehe im Widerspruch zu den Bestimmungen des staatlichen Rahmengesetzes über die geschützten Gebiete Nr. 394/1991. Dieses Gesetz verbiete im Artikel 11 die Veränderung des Wasserhaushaltes. Das Vorhaben liege außerdem im Natura-2000-Gebiet Ulten-Sulden IT 3110038. Für den Sachbereich Wassernutzung im Nationalparkgebiet sei überdies ein Spezialplan „Wasser“ als zusätzliches Steuerungsinstrument vorgesehen.
In den letzten Jahren seien sehr viele direkte und indirekte Fördermittel im Gemeindegebiet von Martell ausgeschüttet wurden. Von 2001 bis 2008 wurden 816.645,79 Euro an Geldbeträgen an Marteller Antragsteller für Maßnahmen zur Landschaftspflege ausbezahlt. Außerdem erhält der Nationalpark das Wanderwege- und Steigenetz im Martelltal und hat dazu zahlreiche Projekte der ordentlichen und außerordentlichen Instandhaltung umgesetzt. Dazu bietet er
5 Marteller Arbeitnehmern als Saisonsarbeiter einen Arbeitsplatz.
Auch auf die Themen Wildschäden und Winterfütterung des Rotwildes im schneereichen Winter 2008/2009 wird eingegangen. Zur Kritik der SVP Martell, wonach sich die Nationalparkverantwortlichen über Beschlüsse der Südtiroler Landesregierung hinwegsetzen würden, heißt es: „Uns liegt kein Beschluss der Südtiroler Landesregierung zur Wildfütterung vor.“ Zwischen November 2008 und 15. April 2009 seien im gesamten Nationalparkgebiet 611 Stück Rotwild aufgefunden worden, „wovon 34 auf das Martelltal und insgesamt 86 auf den Südtiroler Parkanteil entfallen.“ Dies auf eine Rotwildpopulation von 6.000 Stück im gesamten Nationalpark und 10.000 Stück unter Berücksichtigung auch des parkangrenzenden Gebietes.
Die Forderung des Gemeinderates nach autonomer Verwaltung des Parkgebietes Südtirol-Trentino-Lombardei sei generell: „Wir erkennen daraus nicht, ob eine Nachverhandlung der Übereinkunft von Lucca gemeint ist und das Konsortium als Führungsform angezweifelt wird. In diesem Fall sind nicht die Gremien des Nationalparks die zuständigen Organe, sondern die politischen Vertreter außerhalb der Konsortialorgane und die gesetzgebenden Organe.“
„Für unseren Teil beanspruchen wir, den Nationalpark mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der Interessen der lokalen Wohnbevölkerung aber auch seiner landschaftlichen und ökologischen Wertigkeit und im Sinne der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu führen und zu verwalten,“ schreiben Ferruccio Tomasi und Josef Hofer abschließend.