Ing. Walter Gostner, Gesellschafter bei Patscheider und Partner in Mals, Verantwortlicher für den Geschäftsbereich Wasserbau.

Gefahrenzonen, Flussraumgestaltung und Wasserwirtschaft

Publiziert in 19 / 2009 - Erschienen am 20. Mai 2009
„Der Vinschger“: Herr Ing. ­Gostner, im Hinblick auf Hochwasser und Murgänge: Wo ist es im oberen Vinschgau am gefährlichsten? Walter Gostner: Mein Büro halte ich nicht gefährdet, obwohl die Puni draußen vorbeifließt. Allerdings kann jeder, der mit offenen Augen durch den Vinschgau fährt, sehen, dass die Landschaft im Vinschgau von Murkegeln geprägt ist, die wellenförmig den gesamten Talboden gestalten. 70 % des Talbodens sind von Mur- und Schwemmkegeln besetzt. Insofern ist anzunehmen, dass die Gefährdung fast überall gegeben ist. Sicher ist Mals durch die Puni gefährdet und damit zusammenhängend auch ­Glurns. Der Tschenglser Bach ist ein sehr aktives Gewässer und für seine Gefährlichkeit international bekannt. 1971 und 1999 waren massive Murgänge zu verzeichnen, die den Bau besonderer Schutzverbauungen zur Folge hatten. Nun ist das Gebiet bis zu einem 300-jährigen Hochwasser geschützt. Dies ist jedoch nur ein statistisch berechneter Wert, ein Restrisiko bleibt immer. Aber auch Teile von Laas sind in einer erheblichen Gefahrenzone. Darum sollten die Menschen von sich aus eine Risikokultur entwickeln und Selbstschutz betreiben. Schluderns ist diesbezüglich eine musterhafte Gemeinde und Vorreiter bei den Gefahrenzonenplänen und dem Setzen von Schutzmaßnahmen. Schluderns wird dadurch einen 300-jährigen Hochwasserschutz erreichen. Bei verschiedenen Politikern ist allerdings eine gewisse Verzögerungstaktik festzustellen bei der Umsetzung der Gefahrenzonenpläne, die bis 2011 abgeschlossen sein müssen. Welche Maßnahmen sind vorrangig zu setzen? Walter Gostner: Zuerst sind die Gefahrenzonenpläne schleunigst auszuarbeiten. Dies wird durch die Vorarbeiten, die von „Patscheider und Partner“ bereits geleistet wurden, sehr erleichtert. Es sind dann aktive und passive Schutzmaßnahmen umzusetzen: Die aktiven Maßnahmen verringern die Gefahr, die passiven verringern die möglichen Schäden. Dazu gehört, dass die Gefahrenzonenpläne Bestandteil des Raumordnungsplanes werden müssen, was politisch vielleicht nicht immer leicht umzusetzen ist. Vielerorts wird auch der Objektschutz erweitert werden müssen. Es müssen sicher Maßnahmen zur Wasserrückhaltung, beispielsweise oberhalb von Laas, durchgeführt werden. Dabei ist die Zusammenarbeit aller Betroffenen notwendig. Wichtig dabei ist auch eine effiziente Notfallplanung zum Schutz von Menschenleben; dies ist vorrangig eine Aufgabe des Zivilschutzes. Welchen positiven Beitrag kann die Wasserwirtschaft im Hinblick auf den Hochwasserschutz leisten? Walter Gostner: Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Umweltschutz können alle Nutzen aus dem „Etschdialog“ ziehen, wenn optimal zusammengearbeitet wird und jeder auch die Situation aus der Sicht des anderen sehen lernt. Man kann sicher sagen, dass der Reschensee auch ein verminderndes Element gegen die Hochwassergefahr darstellt. Ohne den Reschensee würde Laas wahrscheinlich alle zehn Jahre einmal überflutet. Man könnte auch daran denken, das Schludernser Ausgleichsbecken auszubauen und wasserwirtschaftlich zu nutzen. Das würde einerseits der Stromgewinnung, andererseits dem Hochwasserschutz dienen. Wie gesagt braucht es dazu eine offene Diskussion ohne interessensgebundene Scheuklappen zwischen allen Beteiligten: Weder Landwirtschaft noch Stromwirtschaft noch Ökologie dürfen dabei ausgeschlossen werden. Sie müssen sich allerdings auch aktiv in die Diskussion einbringen. Interview: Friedrich Haring
Friedrich Haring
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