Damit unsere Familien Zuversicht haben…
Publiziert in 29 / 2008 - Erschienen am 27. August 2008
Schlanders – Die 5. Veranstaltung der Initiative „Faszination Sonnenberg“ war eine Podiumsdiskussion zum Thema „Neue Wege in der Berglandwirtschaft“.
Es mag zum einen am ungünstigen Termin inmitten der Augustferien, zum anderen am kurz vorher niedergegangenen Gewitter gelegen haben, dass nur eine Handvoll Zuhörer aus Berg und Tal in die Aula Magna der Handelsoberschule gefunden haben. Am Podium saßen Traudl Schwienbacher, Gründerin der Winterschule Ulten und Leiterin der Initiative „Lebenswertes Ulten“, Lorenza Avena, Beauftragte des Ortsmarketing Schlanders und Luis Tappeiner von der Edelkäserei Gsalhof am Sonnenberg.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Neue Wege in der Berglandwirtschaft“ sollte Ziel der Diskussion sein, so formulierte es Moderator Erich Daniel, und Denkanstöße zur eigenen Meinungsbildung geben.
Traudl Schwienbacher, eine Pionierin in Sachen Produktverarbeitung und –veredelung, brach eine Lanze für die Schaf- und Ziegenzucht und deren Vermarktung vor Ort. Wollverarbeitung und Kräuteranbau seien zwei wichtige Standbeine ihres eigenen Betriebes, des Wegleithofes und des gesamten Ultentales.
Schon als Jungbauer war Luis Tappeiner vom Gsalhof fasziniert von der Veredelung der Milch. Er probierte „feine“ Sachen wie Camembert, Feinkäse, später Quark und Jogurt. Heute beliefert er etliche Feinkostläden, Hotels und Lebensmittelgeschäfte mit seinen Biomilchprodukten.
Doch Luis Tappeiner macht sich auch Gedanken, welche Chancen die Berglandwirtschaft am Sonnenberg außerdem noch hat, „damit unsere Familien Zuversicht haben.“
Er könnte sich Berg- und Wiesenblumendekorationen in Hotels, im Krankenhaus, im Dorf vorstellen. Den öden Sparkassenplatz könnte ein Schaugarten für Bergblumen und –kräuter zieren.
Eine weitere Idee des engagierten Bergbauern wäre die Errichtung eines Zentrums für Solartechnik, denn gerade der Sonnenberg sei ideal für Versuche in dieser sauberen Technik. „Gerade wir Bergbauern sind es, die die Auswirkungen von teurem Strom und Treibstoff als erste spüren“, so Luis Tappeiner.
Die Nutzung des Waldes sei für ihn ebenfalls eine Chance, denn das Holz der Föhre sei besonders im Bauwesen ein einmaliges Material.
In vielen Dingen sprach der Gsalhofbauer Lorenza Avena aus dem Herzen. Die Zuständige für die Erarbeitung der Konzepte für die Ortsentwicklung von Schlanders unterstrich ebenfalls die Besonderheiten des Sonnenbergs und gab dem „ausbaufähigen Potential“ ihre Namen: Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (in Richtung Bio), Bio-Heilpflanzenanbau, Anbau von Beerenobst usw.
Wichtig in ihren Augen sei, dass die Höfe sich zusammentun, um auf dem Markt stark aufzutreten. Jeder Hof solle sich auf ein Produkt spezialisieren und diese dann gemeinsam vermarkten. Die Wissenschaft könnte den Sonnenberg als Schmetterlings- und Vogelparadies wiederentdecken, Beobachtungsstellen für Forscher könnten errichtet und Übernachtungsmöglichkeiten auf den Höfen angeboten werden. Für den Tourismus sollten nachhaltige Angebote entwickelt und Themenwege ausgearbeitet werden.
Die Basis für die erfolgreiche Umsetzung dieser Ideen seien eine starke Kooperation untereinander, potentielle Partner, der Kontakt mit dem Bauernbund und die volle Unterstützung von Seiten des Ortsmarketings.
Große Bedenken kamen in der anschließenden Diskussion von Seiten der wenigen anwesenden Bergbauern. „Wir haben schon vieles probiert“, sagte Hans Niedermayr, Bauer am Waldentalhof, „aber wier liegen sehr verstreut und haben durchwegs steile Höfe. Wenn ich nicht einmal mehr ein Schaf auf meinem Hof schlachten darf, dann sehe ich schwarz für die Zukunft unserer Berglandwirtschaft“. Dass heute auf den Höfen viel weniger Menschen leben und arbeiten, sei auch nicht zu vergessen, und die Jungen suchen sich lieber eine gute Arbeit im Tal.
„Wir brauchen uns notwendiger denn je auf unseren Höfen“, unterstrich Luis Tappeiner, „wir müssen nur überzeugt sein und unsere Qualität muss besser sein. Der Konkurrenzkampf darf uns nicht von unseren Zielen abbringen“.
„Man verdient nur auf die Veredelung“, bestätigte Traudl Schwienbacher abschließend, „die Rohstoffe müssen wir fast verschenken, das Geld damit machen andere“.

Ingeborg Rainalter Rechenmacher