Zum Auftakt ein intensiver Theatergenuss
Schlanders - Ein ebenso kurzweiliges wie faszinierendes Stück zwischen beklemmender Dramatik und auflockernder Komik bildete den Auftakt der Theaterreihe des Südtiroler Kulturinstituts im Kulturhaus von Schlanders. Die Bühne Cipolla aus Bremen brachte die Novelle „Mario und der Zauberer“ des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann als Figurentheater für Erwachsene auf die Bühne. Wie unter Hypnose verfolgt das Publikum die hervorragende Spielkunst von Sebastian Kautz und die stimmungsvolle Musik von Gero John auf dem Cello. Originelle Puppen und ausdrucksstarke Masken lassen auf der Bühne Welten entstehen, die eine unwiderstehliche Faszination auf das Publikum ausüben. Die Erzählung „Mario und der Zauberer“ von Thomas Mann handelt vom Sommerurlaub einer deutschen Familie im von Mussolini regierten Italien, wo sich der Besuch einer Zaubervorstellung des mysteriösen Unterhaltungskünstlers Cipolla zum Schreckensereignis entwickelt. Cipolla ist kein fröhlicher Gaukler, sondern ein machtgieriger, finsterer Kerl, der das Publikum seiner Schaubude durch Scharfzüngigkeit, verblüffende Hypnosefähigkeiten und eine seltsam faszinierende Aura in seinen Bann schlägt und zu makabren Experimenten verführt. Er ist die Puppe, mit dessen Charakter der großartige Erzähler Sebastian Kautz beinahe verschmilz. Mit deutlicher Spielfreude interagiert Kautz mit den Puppen, wechselt immer wieder zwischen der Erzählung, die er direkt ans Publikum richtet und der Position des Puppenspielers, so dass Schauspiel, Puppentheater und Maskenspiel geschickt ineinanderfließen. In Interaktion treten auch der mitspielende Musiker John und das Publikum. Angesiedelt im faschistischen Italien der 1930er Jahre, in einer von Misstrauen und Intoleranz allem Fremden gegenüber geprägten Atmosphäre, ist die Novelle „Mario und der Zauberer“ eine Parabel auf die Manipulierbarkeit des Menschen, auf dessen Widerstand und Unterwerfung. Mario, ein stupider Kellner, widersetzt sich Cipolla nach einer Demütigung und erschießt ihn. Ein einfacher Bursche tut das Unglaubliche, wo hingegen das höhere Volk alles still verfolgte und sich nicht widersetzte. Die Zuschauer erlebten ein atmosphärisch dichtes Gesamtkunstwerk als intensiven Theatergenuss. Im Anschluss durfte das interessierte Publikum die verschiedenen Puppen aus der Nähe betrachten.