Die Kuratoren (v.l.) TOBEL, Mary Zischg und Ernst-Ludwig Kolt
Yang Liu
Noemí Palacios
Fernando Pinto
Olena Dodatko
Alessandro Canu

„Vinschgau kristallin“

Laas und Schlanders feiern den Marmor.

Publiziert in 12 / 2024 - Erschienen am 2. Juli 2024

LAAS/SCHLANDERS - Das Motto „Vinschgau verbindet“ kommt nicht von ungefähr. „Die Grundidee war es, die Differenzen rund um den Marmor beiseite zu legen und ein gemeinsames Projekt anzugehen. Es gilt zu zeigen, was durch Zusammenarbeit und das Vinschger Produkt Marmor möglich ist“, erklärt Karin Meister, Projektleiterin des Internationalen Marmorsymposiums „Vinschgau kristallin“ im Gespräch mit dem der Vinschger. Der Gedanke für ein solches Symposium reicht auf das Jahr 2017 zurück, Karin Meister war zu dieser Zeit noch als Leiterin bei Schlanders Marketing aktiv. Die Idee ein gemeinsames Symposium zu machen, hatten damals Mary Zischg und Ernst-Ludwig Kolt. Das Künstlerpaar lebt und arbeitet zusammen in Hofheim am Taunus (Hessen/Deutschland) sowie in Stilfs. „Es geht um das Miteinander“, betont die in Kastelbell aufgewachsene Künstlerin. Bereits vor der Coronapandemie hat man sich in Schlanders und Laas mit der Organisation eines gemeinsamen Symposiums beschäftigt. Vom 13. Juli bis zum 4. August 2024 steht nun in Laas und Schlanders das 1. Internationale Marmorsymposium Südtirol auf dem Programm.

„Den Stein gemeinsam feiern“

„Wir wollten ein Zeichen der Zusammenarbeit setzen und nach den Streitigkeiten zeigen, dass beide Standorte, beide Gemeinden, stolz auf den Marmor sind und dass man gemeinsam an einem Strang ziehen kann“, unterstreicht der Schlanderser Bürgermeister Dieter Pinggera. Schnell sei es gelungen, beide Eigenverwaltungen von Göflan und Laas und beide Unternehmen für dieses gemeinsame Projekt zu gewinnen. Man habe mit dem Marmor aus dem Vinschgau ein gemeinsames Produkt, wo auch Zusammenarbeit gefragt sei. „Es ist ein Zeichen, dass man den Stein zusammen aufwerten und auch vermarkten will“, so Pinggera. Mit dem internationalen Marmorsymposium wolle man „den Stein gemeinsam feiern“. Dazu bedarf es der Zusammenarbeit und des Einsatzes einer Reihe von ehrenamtlich Tätigen aus verschiedenen Vereinen und Institutionen, wie dem gemeinsamen Tourismusverein Schlanders-Laas, Marmorplus, Schlanders Marketing und vielen weiteren mehr. Auch die Laaser Bürgermeisterin Verena Tröger pflichtet bei: „Gemeinden, Eigenverwaltungen, Bruchbetreiber ziehen an einem Strang. Der Marmor soll im Mittelpunkt stehen“. Für Laas, wo sich diesmal mit den Bildhauerwerkstätten und der Finissage „das Herz“ des Symposiums befindet, sei die Organisation eine große Herausforderung. „Wir sind gespannt, wie diese Premiere wird. Wir freuen uns“, so Tröger.

Sechs Auserwählte

Das Kuratorenteam dieses hochkarätigen Symposiums bilden Mary Zischg, Ernst-Ludwig Kolt und der bayrische Steinbildhauer TOBEL, der quasi ausschließlich unter diesem Künstlernamen, eine Anlehnung an seinen Vornamen Tobias, bekannt ist. Zischg, Kolt und TOBEL haben selbst die Fachschule für Steinbearbeitung in Laas absolviert und bringen ihre umfangreichen Kunstkenntnisse und ihre internationalen Kontakte in die Veranstaltung mit ein. Unter den vielen Bewerbungen wurden sechs Bildhauerinnen und Bildhauer vom Kuratorenteam ausgewählt und sollen in den drei Wochen des Symposiums im öffentlichen Raum ihre Werke entstehen lassen. Mit dabei sind: Der Sarde Canu mit seinem Werk „Open the window“, die Spanierin Noemí Palacios mit „The invisible Seam“, der Deutsche Josef Pleier mit „Vinschgauer Tor“, die Ukrainerin Olena Dodatko mit „interlacement“, der Chinese Yang Liu mit „The power of connection“ und der Kolumbianer Fernando Pinto mit „The link“.  Für sie wird unweit des Bahnhofsareals in Laas eine Bildhauerwerkstatt eingerichtet. Als Werkmaterial werden freilich der Laaser und Göflaner Marmor aus dem Jennwand-Massiv verwendet. Die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler sind während ihres Aufenthaltes Botschafter ihrer Herkunftsländer. Zugleich werden sie von den im Vinschgau gesammelten Erlebnissen und Erfahrungen in ihrer Heimat berichten.

Kunst auf alternative Art verstehen

Zwei interdisziplinär arbeitende Künstlerpaare – Martin Böttcher und Corinna Zürcher sowie Johannes Kroeker und Elias Nunner, allesamt aus Deutschland, –  werden parallel zu den Bildhauern ihre Werke in der Marxkirche und in der Nikolauskirche in Laas entstehen lassen. Die sogenannten „skaters“ werden dem Publikum neben der Bildhauerei weitere Möglichkeiten bieten, Kunst auf alternative Art zu verstehen bzw. andere Wege für die Aufnahme zeitgenössischer Bildhauerei aufzeigen. „Sie werden durch ihre Werke irritieren, provozieren, vermitteln, verbinden, helfen und zugleich als ‚Übersetzer‘ für eine positive Außendarstellung des Symposiums sorgen“, unterstreichen Mary Zischg und Ernst-Ludwig Kolt. Martin Böttcher und Corinna Zürcher arbeiten an Videoprojektionen, die Kunst und Architektur zum Thema Zeit und Metamorphose verbinden. Johannes Kroeker und Elias Nunner entwickeln aus Film- und Tonaufnahmen aus den Marmorbrüchen und direkt vom Arbeitsplatz der Bildhauer in Laas eine Sound- und Videokomposition.„Die ‚skaters’ übernehmen als interaktive Künstlerinnen und Künstler das flüchtige Komplementär zum dauerhaften Stein, der in Bezug zum menschlichen Zeitempfinden die Ewigkeit darstellt“, erklären Mary Zischg und Ernst-Ludwig Kolt. Bei der Entwicklung des künstlerischen Konzepts der Veranstaltung stehe der zentrale Gedanke Pate, beide Genres, also die Bildhauerei sowie die interdisziplinäre Kunst, trotz ihrer Gegensätzlichkeiten gleichen Wert und gleiche Berechtigung zuzusprechen. „Gerade wegen ihren konträren ästhetischen Ausdrucksformen sind diese beiden diametral voneinander entfernten Kunstgattungen in der Lage, sich gegenseitig in ihrem Wirken zu potenzieren – die eine durch Unerschütterlichkeit und Konstanz, die andere durch Dynamik und Flexibilität“, unterstreicht das Künstler-Ehepaar.

Viel Programm

Während des Symposiums wird ein reichhaltiges Rahmenprogramm angeboten, organisiert von einheimischen Künstler/innen und Organisationen. Auf dem Programm stehen dabei etwa Marmorführungen, Ausstellungen, Konzerte, Besichtigungen, Vorträge und kulinarische Genüsse. „Schlanders und Laas sollen zu lebendigen Orten der Begegnung werden“, unterstreicht Karin Meister. Den Höhepunkt und zugleich die Finissage des Marmorsymposium Südtirol „Vinschgau kristallin“ bildet das traditionelle Kultur- und Genusshighlight „Marmor & Marillen“ am 3. und 4. August in Laas. In zwei Jahren soll dann das zweite Marmorsymposium mit der Bildhauerwerkstatt in Schlanders stattfinden. Alle Infos zum Marmorsymposium gibt es unter vinschgau-kristallin.com.

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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