SVP stimmt sich auf die Wahl ein
Volkspartei demonstriert vor heißem Wahlkampf Einigkeit.
SCHLANDERS - Als gegen Ende der Veranstaltung der ehemalige Landesrat Richard Theiner im Publikum das Wort ergriff, hallte nochmals Applaus durch die Räume der BASIS in der ehemaligen Drusus-Kaserne in Schlanders, wo am 29. August eine offene Diskussionsrunde der SVP zum Thema „Die Zukunft des ländlichen Raums“ stattfand. Theiner appellierte an den Zusammenhalt, forderte dazu auf, die Kandidatinnen und Kandidaten zu unterstützten und warnte vor etwaigen Mehrparteienkoalitionen. Es war eine durchaus emotionale Wahlkampfveranstaltung im bisher doch eher ruhigen Vorwahlkampf und es wurde klar: Es dürfte noch ein heißer Wahlkampf werden. Ein großer Teil der ranghohen SVP-Funktionärinnen und Funktionäre im Vinschgau, aktive Mitglieder, aber auch einzelne weitere Interessierte, hatten sich im voll besetzten Veranstaltungsraum der BASIS eingefunden.
Von Zuversicht war die Rede, von Selbstvertrauen, welches man an den Tag legen müsse und auch könne. Bezirkspräsident Dieter Pinggera zählte etwa das Erreichte der vergangenen Legislaturperiode auf. Einiges habe sich getan, auch im Vinschgau. Die Zusammenarbeit mit der Landesregierung sei gut. Was das Krankenhaus in Schlanders betreffe, sei „endlich Ruhe eingekehrt“. Die Regierung habe sich klar zur Peripherie bekannt. Auch viele Projekte seien auf den Weg gebracht, vorangetrieben und abgeschlossen worden. Freilich gebe es noch gar einiges zu tun, insbesondere was die Verkehrsproblematik betrifft.
Auf das Thema Verkehr ging auch der Landtagskandidat David Frank in seinem Impulsreferat ein. Eine effiziente Mobilität, eine gute Anbindung, national und international, trage zur Aufwertung des ländlichen Raums bei. Damit könne man das Land für junge Menschen attraktiver machen, Abwanderung minimieren und Fachkräfte zurückholen. Als Agronom wolle sich Frank zudem für eine innovative zukunftsfähige Landwirtschaft einsetzen, als Musiker für ein buntes vielfältiges Kulturleben. „Wenn es um die Zukunft des ländlichen Raums geht, dann müssen wir die Jungen miteinbeziehen“, so Frank. Er habe sich deshalb bewusst das Wahlkampfthema „Zukunftsmusik“ auf die Fahnen geschrieben, „weil wir heute und jetzt entscheiden, ob die Zukunft eine gute wird“.
Vereine unterstützen, Bürokratie abbauen
Landtagskandidatin Verena Tröger hob ebenfalls das Thema Verkehr hervor: „Das brennt uns Vinschgern unter den Nägeln“. Es gelte, dringend Lösungen zu finden. In ihrem Impulsreferat konzentrierte sie sich diesmal aber vor allem auf zwei Bereiche: Bildung bzw. Betreuung für Kinder sowie den Kulturbereich. Schule müsse sich weiterentwickeln, die Wissensvermittlung aber stets an erster Stelle stehen. Für die langen Sommermonate gelte es Betreuungsmöglichkeiten zu finden. Es brauche neue Modelle. Dies dürfe man aber nicht auf die pädagogischen Fachkräfte abwälzen, „wir müssen neue Partner ins Boot holen“, so die Laaser Bürgermeisterin. Auch im Bereich Ehrenamt gebe es einiges zu tun. Südtirol sei ein Land der Vereine, aufgrund der ausufernden Bürokratie sei es für viele aber schwierig geworden. „Niemand will mehr Verantwortung übernehmen. Wir müssen das Ehrenamt unterstützen und dort wo es möglich ist, die Bürokratie abbauen“, appellierte Tröger.
Sepp Noggler ging auf die Themen Wasser und Energie ein. Noggler, der vom Bauernbund unterstützt wird, betonte: „Speziell für uns im Vinschgau ist eine eigenständige Stromverteilung wichtig“. Die Konzessionen für acht große Wasserkraftwerke in Südtirol müssen im nächsten Jahr neu vergeben werden, davon mit Langtaufers (Graun) und Schnals zwei im Vinschgau. Noggler sei es in den vergangenen Jahren gelungen, bei allen acht eine mindestens 5-prozentige Beteiligung der Ufergemeinden im Gesetz festzuschreiben. Alle übrigen Großkonzessionen folgen später. Derzeit seien Verhandlungen für eine höhere Direktbeteiligung an den Konzessionen für den Reschensee und dem Zufrittsee im Martelltal im Gange, heute haben die Ufergemeinden eine direkte Beteiligung von 8 Prozent am Reschensee bzw. 25 Prozent in Martell. In Sachen Wasser wies Noggler auf die besondere Situation im Vinschgau mit den vielen Trockenzonen hin. Dies müsse bei den Wasserkonzessionen berücksichtigt werden. Kritik gab es hierbei auch für Umweltlandesrat Giuliano Vettorato.
Politik ist keine „Hetz“
„Danke, dass ihr euch der Wahl stellt“, lobte Parteiobmann Philipp Achammer Tröger, Frank und Noggler. Die 35 Kandidatinnen und Kandidaten der SVP werden sich in den nächsten Wochen „auch einiges anhören müssen“. Es sei nicht immer leicht. Aber: Es gelte, den Menschen, „Sicherheit zu geben“. Durch ehrliche politische Arbeit. Landesrat Achammer kritisierte dabei auch Populisten, die Politik als „Hetz“ betrachten, ohne wirklich viel Ahnung von der Materie zu haben. Mit solchen sei eine Zusammenarbeit in einem Landtag schwierig. „Wir machen sicher auch nicht immer alles richtig. Aber wenn es um die Wurst geht, dann wissen wir, was zu tun ist und was das Beste für unser Land ist“, so Achammer. Was den ländlichen Raum betrifft, wolle die SVP mit voller Überzeugung, die Lebensqualität erhalten bzw. ausbauen. Schulen müsse es auch im letzten Ort noch geben, genauso wie die Nahversorgung. Auch die Themen Sicherheit, das Verhältnis zwischen Lohn und Lebenskosten, die Unterstützung der sozial Schwachen, aber auch die Ausnutzung der Sozialsysteme sowie der Mangel an Arbeitskräften seien in den kommenden Jahren wichtig.
Der Appell des Landeshauptmanns
Es müsse immer alles schneller, höher, besser sein, betonte Landeshauptmann Arno Kompatscher. In Südtirol sei man Weltmeister in Sachen „Wettbewerb“: mit dem Nachbarn, in der Freizeit, im Verein. Es gehe oft nur darum, wer das schönste Urlaubsfoto im Internet postet. Eindringlich kritisierte der Spitzenkandidat die Schnelllebigkeit der Gesellschaft und warnte vor dieser: Die Psychiatrien in Südtirol seien voll, zahlreiche junge Menschen haben große psychische Probleme, die Suizide seien erschreckend hoch. Und dies liege nicht an politischen Entscheidungen. Es brauche ein Umdenken in der Gesellschaft.
Freilich gebe es viele Herausforderungen, aber es ist auch nicht alles schlecht, so der Landeshauptmann. Etwas tun müsse sich in Sachen leistbares Wohnen. „Wir wollten ein begehrtes Land sein, das haben wir mehr als erreicht“, so Kompatscher. Eine Auswirkung sei jedoch die große Nachfrage an Wohnungen und Baugrund, hier gelte es, Ansässige zu bevorzugen und auf eine strengere Konventionierung zu setzen. Kritik aus dem Publikum für das Wohnbauinstitut Wobi nahm Kompatscher auf und erklärte, dass hier derzeit nicht alles optimal laufe und man bereits Lösungen suche. Auch die Verkehrsproblematik im Vinschgau solle prioritär behandelt werden. Nicht fehlen durfte das Thema Wolf und Bär, auch hier sei man einen Schritt weitergekommen, habe bereits Ansuchen um Gutachten für Wolfsentnahmen versendet und sei dabei Lösungen zu finden.
Kompatscher appellierte an den Zusammenhalt: „Immer wenn es darauf ankam, hat man sich gefunden“. Aus dem Publikum und von anwesenden SVP-Mitgliedern erfuhr er in abschließenden Wortmeldungen viel Unterstützung.Offen blieben hingegen unter anderem Fragen zum Klimawandel, „Angst vor dem Wolf, Angst vor dem bärtigen Mann und Angst vor dem schwarzen Mann, aber elementare Themen fehlten“, erklärte etwa ein Zuhörer, der nicht namentlich genannt werden möchte, nach der Veranstaltung gegenüber dem der Vinschger.