Sinnvolle Gespräche
Der „Sinn im sozialen und wirtschaftlichen Kontext“ war Thema der 33. Churburger Wirtschaftsgespräche.
Schluderns - 1985 brachte der schwache Wirtschaftsraum Vinschgau die Fachleute auf der Churburg zum Grübeln; 2018 sorgten sich teilweise dieselben Experten um den Sinn einer außer Kontrolle geratenen Wirtschaft. Dass man den Zeitgeist erfasst hatte, drückte ein Teilnehmer so aus: „Noch nie konnte ich so viel von den Wirtschaftsgesprächen für mich mitnehmen.“ Auftakt der „Gespräche“ war das traditionelle Konzert der Musikkapelle Schluderns im Innenhof - wie so oft an einem strahlenden Altweibersamstag im Oktober und wie so oft mit gräflicher Ironie des Gastgebers und mit Grußworten des Schludernser Bürgermeisters Peter Paul Trafoier. Nach dem Dank an seine Frau und an die Sponsoren ehrte Johannes Graf Trapp einen besonderen Gast. „Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder hat die Wirtschaftsgespräche zwar nie finanziell unterstützt, aber in 25 Jahren als Landeshauptmann sehr viel weitergebracht", meinte er. Durnwalder ließ es sich nicht nehmen, eindringlich auf die Verdienste seiner Vorgänger zu verweisen. Erst sie hätten die Grundlagen zur Autonomie geschaffen, die er und seine Mitstreiter nutzen und sichtbar machen konnten.
Nach der Sinnsuche
Rechtsanwalt Ivo Greiter, Innsbruck, eröffnete die Referate mit 25 schriftlichen Denkanstößen unter dem provokanten Titel „Reich ist, wer weiß, dass er genug hat“. Seine Überlegungen beendete er mit dem Hinweis eines Mönchs auf Athos, dass man auf der Durchreise sei und keine Möbel brauche. Ebenfalls provokant fragte dann Pater OSM Martin M. Lintner (im Bild), ein gebürtiger Aldeiner: „Warum tu ich mir das an? - Von der Entdeckung des Sinns“. Pater Lintner erinnerte an die gleiche Wortwurzel von Sinn und Sein und empfahl, sich in die Lage eines Sterbenden zu versetzen und dabei überlegen, was man dann noch als „sinnvoll“ erachte. Sinnvoll gewirtschaftet habe man, wenn dadurch das Leben für sich und für andere lebenswerter geworden sei. Die sich anschließende Diskussion leitete der Wirtschaftswissenschaftler Klaus Schredelseker. Es folgte ein Programmpunkt, der auf der Churburg eine neue Ära einleiten könnte. Die Marketingleiterin von IPT Holding, Sylvia Obersamer, eröffnete die „1. Churburger Startup-Expo“. Dino Eicher vom Green Energy Center hatte mit seinem elektrobetriebenen „Weezl“, einem Dreirad, den Churburg-Berg erobert, um mit seinem „cleveren Fahrzeug“ ein neues „Car sharing Konzept“ vorzustellen. Martin Wagner von der Firma „Nekonata“ erklärte seine „digitale Fahrschule“, ein Fahrschul-Simulationssystem zum „Senken der Verkehrstotenquote“.
Ehrenamt und Salutogenese
Die Vortragsreihe am Nachmittag eröffnete die Münchner Soziologin Sibylle Picot mit Überlegungen zum „Ehrenamt als Sinngebung“. Ihr ging es um das Engagement „abseits der ökonomischen Markt- und politischen Machtlogik“. Dazu präsentierte sie die Ergebnisse ihrer Engagementforschung. Die am häufigsten genannte Motivation war „weil es mir Freude macht“ vor „weil ich anderen helfen möchte“. Mit dem „Sinn - das Fundament starker gesunder Menschen und Unternehmen“ setzten Rolf Friedrich und Anna Maria Pircher die Referate fort. Der Arzt und Stressmanager Friedrich war der Meinung, dass die „Salutogenese“, die Entstehung von Gesundheit, vor allem mit dem Gefühl der Stimmigkeit eintrete. Die wiederum würde erreicht, wenn man in seinen Aktivitäten einen Sinn entdecke. „Der Sinn ist der Schrittmacher unseres Seins“, zeigte sich die aus Reschen stammende Anna Maria Pircher Friedrich, Professorin am Management-Center Innsbruck, überzeugt. Wo Sinn sei, sei Leistungsbereitschaft und auch maximale Leidensbereitschaft. Pircher zitierte Papst Franziskus: „Die individuelle Traurigkeit ist das Übel dieser Welt“. Damit sei die Flucht in die Opferrolle gemeint. Wir aber bräuchten Herausforderungen und Selbstverantwortung, ohne die es keine Selbstachtung gäbe. Die 33. Wirtschaftsgespräche gingen mit zwei musisch-künstlerischen Veranstaltungen zu Ende. Marlies Nussbaumer-Eibensteiner spielte auf dem Hammerklavier aus „Noten für Pfoten“ von Werner Pirchner. In der neuen Galerie auf dem Weg zum Burgverlies wurde die Ausstellung von Johannes Maria Pittl aus Fulpmes eröffnet (siehe eigenen Bericht)