Frauen, die über Frauen schreiben: Sigrid Mahlknecht Ebner (links) und die Rablanderin Katharina Weiss.

Schlüssel zum Himmel

In „Himmelschlüssel“ erzählt die Rablander Autorin Katharina Weiss die Geschichte von tapferen Frauen in harten Zeiten.

Publiziert in 41 / 2017 - Erschienen am 28. November 2017

RABLAND - Da ist die 1941 geborene Sieglinde M. aus Laas. Oder die im Jahre 1917 geborene, und leider bereits verstorbene Maria R. aus Partschins. Was die beiden Frauen miteinander verbindet, ist ein hartes Schicksal. Eine Kindheit und Jugend im Vinschgau der Nachkriegszeiten. „Im Schatten scheint die Sonne nie“: So lautet der Titel einer dieser Geschichten. Es sind Geschichten, die bewegen. Sie stammen aus der Feder der Rablander Autorin Katharina Weiss. Kürzlich veröffentlichte sie zusammen mit der Eppanerin Sigrid Mahlknecht Ebner ihr zweites Werk. Der Titel „Himmelschlüssel: Kindheit und Jugend in Südtirol“ kommt nicht von ungefähr. Es ist der Himmelschlüssel, der als Symbol der Hoffnung und des Aufbruchs gilt. So kommt in jeder der acht Geschichten ein derartiger Himmelschlüssel vor. Es sind acht Geschichten von acht Frauen. Von acht Schicksalen, mal traurig, mal freudig, aber stets Alltagsgeschichten nach wahren Begebenheiten. „Alltagsgeschichten, die es wert sind, erzählt zu werden“, betont Weiss. Bereits das vor knapp zwei Jahren erschienene Buch „Harte Jahre – starke Frauen“ wurde ein voller Erfolg und hielt sich über Monate hinweg unter den fünf meistverkauften Büchern Südtirols. Das Buch wurde mittlerweile in der dritten Auflage gedruckt. Weiss und Mahlknecht Ebner erzählen dort wahre Geschichten aus dem Leben von fünf Südtirolerinnen, beginnend von der Habsburger Monarchie um 1900 bis heute. „Als Sigrid mit der Idee zum neuen Buch an mich herantrat, war ich gleich begeistert davon“, erinnert sich Weiss. Zwei Winter lang habe sie daran gearbeitet. „Ich bin eine ‚Winterschreiberin‘. Wenn es draußen kalt ist und drinnen gemütlich warm, dann schreibe ich am liebsten“, sagt die Rablanderin lachend. Das Buch habe einiges an Recherchearbeit vorausgesetzt. 

„Zache Geschichten“ 

Für Weiss, die in Innsbruck Politikwissenschaften und Geschichte studiert hat und nun bereits seit vielen Jahren in der Südtiroler Landesverwaltung im Tourismus-Bereich tätig ist, war die Arbeit am Buch Leidenschaft und Herausforderung zugleich. „Die größte Herausforderung war sicher, den Mut zu haben, die Geschichten so zu schreiben, dass sie von den Betroffenen auch angenommen werden“, sagt Weiss. Es sind teilweise „zache Geschichten“, die aus der Feder der 49-Jährigen stammen. Authentische Geschichten über harte Schicksale. „Die Frauen von damals sind bewundernswert. Vieles, was damals alltäglich war und als normal galt, ist für uns heute quasi unvorstellbar“, sagt Weiss. Im Unterschied zum ersten Buch geht es hier vor allem um die Kindheit und Jugend der Protagonistinnen. „Frauen waren geboren, um zu dienen“, bringt es die Rablanderin auf den Punkt. Dennoch: Die Frauen haben ihr Schicksal angenommen. „Sie waren stark“, betont Weiss. Ihre persönliche Lieblingsgeschichte im Buch sei jene einer Möltnerin – einer Frau, die Flucht und Vertreibung am eigenen Leibe erlebt hatte. Und schließlich mit ihren fünf Kindern die Flucht ergriff. „Dies hat mich am meisten beeindruckt“, gesteht Weiss.

"Vieles was für Frauen damals alltäglich war und als normal galt, ist für uns heute unvorstellbar." Katharina Weiss

Die Rolle der Frau im Wandel der Zeit 

Die Frauen selbst blickten im Buch meist gerne auf ihre Kindheit und Jugend zurück. „Auch wenn diese für einige der Frauen nicht immer leicht war“, erzählt Weiss. Viele Schicksale waren geprägt von harter Arbeit, die bereits in frühester Kindheit verrichtet werden musste. Entbehrungen, Verluste, Auswanderung und Flucht prägten die Jugend. Die Geschichten reichen von der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit bis hinein in die 1970er Jahre. „Dabei werden auch die veränderten Familienbilder ersichtlich. Die Rolle der Frau im Wandel“, erklärt Weiss. Die letzte Geschichte handle von der Autorin Sigrid Mahlknecht Ebner selbst, die über ihre eigene Kindheit und Jugend berichtet.  Die Geschichten von Weiss sind in erster Linie von Tragik gekennzeichnet. „Ihre“ Protagonisten kennt die Autorin dabei meist persönlich. Um sich ein umfassendes Bild von den Frauen zu machen, sprach sie nicht nur mit den Betroffenen, sondern auch mit Menschen aus deren Umfeld. Ob sie sich in Zukunft auch Geschichten über Männer vorstellen kann? „Natürlich“, lacht die Autorin. Aktuell seien jedoch keine neuen Projekte geplant.

Michael Andres
Michael Andres

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